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Die Ludwig-Verschwörung

Die Ludwig-Verschwörung

Titel: Die Ludwig-Verschwörung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Pötzsch
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suchen«, keuchte Sara. Der Rauch schnürte ihre Kehle mehr und mehr zu. »Dort ging es in den anderen Raum mit der Marmorfigur. Wenn wir dann rechts und immer geradeaus gehen, müssten wir eigentlich …«
    Sie verstummte abrupt, als sie nur wenige Meter entfernt leise Schritte hörte. Ein regelmäßiges Zischen ertönte, wie von einem Blasebalg.
    »O Gott, da ist jemand!« Wie erstarrt blieb Sara stehen und klammerte sich an Steven. Sie warteten schweigend eine Weile, bis die Schritte und das Zischen nicht mehr zu hören waren. Der Antiquar gab ihr ein Zeichen, weiter still zu sein, dann zog er sie in die hintere rechte Ecke des vernebelten Raums. Sein Gesichtsausdruck wirkte angespannt, aber konzentriert. Sara atmete erleichtert auf, offenbar hatte Steven sein merkwürdiges Trauma von vorhin überwunden.
    Plötzlich ertönte ein schabendes Geräusch, diesmal von der anderen Seite der Kammer. Noch immer hielt Sara das Kästchen in den Händen, sie presste es an ihre Brust wie einen schützenden Talisman. Ihr Herz klopfte wie wild, jeden Augenblick erwartete sie das Ploppen des Schalldämpfers zu hören, gefolgt von einem unerträglichen Schmerz. Der Rauch um sie herum war immer noch so dicht, dass sie nicht mehr als einen Schritt weit sehen konnte. Mühsam kämpfte sie gegen ihren Hustenreiz an, denn jedes noch so kleine Geräusch konnte sie jetzt verraten.
    Gerade wollte Sara mit Steven an der Wand entlangschleichen in der Hoffnung, irgendwann auf einen der zwei Durchgänge zu treffen, als sich vor ihnen eine Gestalt aus dem Nebel schälte.
    Die Gestalt sah aus wie ein Riese aus dem Märchen, und dieser Riese war sehr, sehr böse.
    Der Fremde war über zwei Meter groß. Er trug Jeans, einen schwarzen Ledermantel und einen engsitzenden Rollkragenpullover, unter dem sich harte Muskelpakete abzeichneten. In der einen Hand hielt er eine längliche schallgedämpfte Pistole, in der anderen eine unterarmlange Taschenlampe. Das Grauenhafteste aber war sein Kopf, der von einer schwarzen Gasmaske bedeckt war, was ihm das Aussehen einer monströsen Fliege gab.
    »Hallo Sara«, sagte Lancelot. Seine Stimme klang durch die Maske seltsam gedämpft und zischend. »Du warst nicht sehr nett zu Papa. Aber jetzt hast du alle Zeit der Welt, es wiedergutzumachen.«

    Mit aller Macht kämpfte Steven gegen die aufsteigende Ohnmacht an. Teile seiner Kindheit nahmen vor seinen Augen wieder Gestalt an.
    Als er den Riesen durch den Nebel auf sich zuschreiten sah, glaubte er zunächst, den Feuerwehrmann mit der Gasmaske zu erblicken, der ihn damals aus dem mit Efeu überwucherten Teehaus getragen hatte. Die Schreie seiner Eltern waren verstummt, und Steven hatte die Tür der Pagode ein kleines Stück weit geöffnet, um einen Blick auf das Feuer zu werfen, das die ganze Straße wie mit hundert Scheinwerfern erhellte. Überall im weitläufigen Garten standen noch immer die Festgäste in Smoking und Ballkleid und starrten auf die brennende Villa. Manche von ihnen weinten, andere hielten sich Taschentücher vor den Mund, um sich vor der fliegenden Asche zu schützen.
    Alles meine Schuld, Mum und Dad werden sehr böse sein …
    Sein Wimmern hatte Steven schließlich verraten. Der hünenhafte Feuerwehrmann hatte ihn in dem abseits gelegenen Teehaus entdeckt, wie ein Kätzchen hochgehoben und durch den Rauch nach draußen getragen.
    Doch als er die schwarze Pistole in den Händen des Riesen sah, wusste Steven, dass vor ihm nicht das Gute, sondern das abgrundtief Böse stand. Das hier musste der Mann sein, der Sara in Linderhof aufgelauert hatte, und der Antiquar konnte nun verstehen, warum Sara vom schlimmsten Alptraum ihres Lebens gesprochen hatte.
    Du bist auch mein Alptraum, auch wenn du gar nicht weißt, warum …
    Neben ihm schrie Sara, während der große Fremde in aller Seelenruhe die Waffe auf den Antiquar richtete.
    »Guten Abend, Herr Lukas«, brummte er. Der Rauch begann sich ein wenig zu verziehen, und der Mann klappte die Gasmaske nach oben. Im Gesicht trug er eine Narbe und eine schwarze Augenklappe. »Ich habe mit Ihrer Freundin noch eine Rechnung offen«, fuhr er nun mit tiefer sonorer Stimme fort. »Ich schlage vor, Sie schlafen jetzt eine Weile, und dann machen wir zwei und das Buch eine kleine Reise.« Er lächelte und fuhr sich mit der Pistolenmündung über die von Schweiß feuchten Lippen. »Sara muss leider hier bleiben, Sara war sehr, sehr böse. Und nun gute Nacht, Herr Lukas.«
    Ohne Vorankündigung holte der Hüne mit

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