Die Ludwig-Verschwörung
Lichtgestalt, die schon viel zu lange in den Schmutz gezogen wird. Wir können es nicht dulden, dass sein Ansehen durch irgendwelche Memoiren eines niederen Lakaien weiter geschmälert wird. Deshalb muss ich leider darauf bestehen, dieses Tagebuch einsehen zu dürfen, bevor es an die Öffentlichkeit gerät.«
»Aber wie kommen Sie darauf, dass Theodor Marot dem König etwas Böses wollte?«, warf Steven ein. »Ich habe das Tagebuch in weiten Teilen gelesen. Marot war Ludwig bis zum Ende treu ergeben!«
»Offenbar zu treu.« Der Nautonier nahm seinen Kneifer ab und begann ihn nervös zu putzen. »Es gibt Gerüchte, dass Marot, nun, äh … homosexuell war und dem König Avancen gemacht hat. Nicht dass Ludwig darauf eingegangen wäre, Gott bewahre! Aber gewisse Liebesschwüre Marots könnten dennoch ein schlechtes Licht auf den König …«
»Was für ein Unsinn!«, unterbrach ihn Steven schroff. Er spürte, wie Zorn in ihm aufwallte. »Nicht Theodor Marot war homosexuell, Ludwig war es! Und das wissen Sie genau! Was Sie hier betreiben wollen, ist schlicht Geschichtsfälschung! Akzeptieren Sie doch einfach, dass Ihr großer König schwul war. Was ist denn schon dabei!«
»Ich kann mich nur wiederholen«, sagte Herr Huber, während seine beiden Helfer drohend auf Sara und Steven zumarschierten. »Die Ehre des Königs muss verteidigt werden, und zwar mit allen Mitteln. Ich möchte Sie deshalb bitten, mir umgehend das Buch auszuhändigen.« Plötzlich hielt er wieder die schwarze Pistole in der Hand. »Zwingen Sie mich nicht, Gewalt anzuwenden. Der König war ein Pazifist, und ich bin es eigentlich auch. Bis zu einem gewissen Grad jedenfalls.«
Nun standen die beiden Seneschalle neben Sara und Steven. Während sich der eine drohend vor der Kunstdetektivin aufbaute, griff der andere blitzschnell nach Stevens Rucksack.
»He, Sie können doch nicht …«, begann Steven, doch der Guglmann hatte ihm den Beutel bereits entrissen und seinem Vorsitzenden zugeworfen. Herr Huber nestelte hektisch an dem Reißverschluss, schließlich öffnete er ihn mit einem leisen Zippen. Triumphierend zog er das hölzerne Schatzkästchen hervor.
»Endlich!«, flüsterte er mit bewegter Stimme. »Ein Traum wird Wirklichkeit! Nach über hundert Jahren werden wir nun bald erfahren, wer …«
Ein leises Ploppen war zu hören, und die Stimme des Nautoniers erstarb mitten im Satz. Verwundert blickte er auf ein kleines rotes Loch in Brusthöhe seines Mantels, aus dem ein dünner Strom Blut floss.
»Ooooh«, sagte Herr Huber, dann sackte er zwischen seinen beiden laut schreienden Seneschallen zusammen, während sich seine zitternden Hände noch immer um das Kästchen krallten.
Nur einen Augenblick später ging das Licht aus, und im Museum war es mit einem Mal dunkel wie im Innern eines Grabes.
Vom Boden her begann dichter Nebel zu wallen.
24
L ancelot war sauer, mächtig sauer.
Er hatte bereits im Irak gedient und in einigen afrikanischen Staaten, deren Namen er längst wieder vergessen hatte. Aber dieser Job hier in Bayern entwickelte sich mehr und mehr zu echter Schwerstarbeit mit unabwägbaren Risiken und einem komplett durchgeknallten Auftraggeber. Ein Auge hatte er schon eingebüßt, und Lancelot hatte nicht vor, noch weitere Körperteile zu verlieren, geschweige denn seinen Verstand oder sein Leben.
Denk an die Karibik, denk an die Mädels!
Gleich nachdem er am Nachmittag die Zentralen in München und New York wegen dieses verfluchten Antiquars kontaktiert hatte, hatte er die Fährte wieder aufgenommen. Doch sowohl das kleine Miststück wie auch Steven Lukas waren auf Herrenchiemsee zunächst wie vom Erdboden verschluckt gewesen. Als Lancelot schließlich am Abend im Schloss noch Licht gesehen hatte, war er hineingeschlichen und hatte zu seiner großen Freude die beiden Gesuchten im ersten Stock entdeckt. Ein alter fetter Sack begleitete sie, doch der würde kein größeres Problem darstellen.
Leider tauchte dann jedoch ein bewaffneter Nachtwächter bei den dreien auf, und Lancelot zog es vor, den Zugriff zunächst zu verschieben. Stattdessen folgte er dem Flittchen und dem Antiquar ins Museum, wo er vom Nachbarraum aus ihr Gespräch belauschen konnte. Nun wusste er, dass das Flittchen Sara hieß, und er kannte immerhin das zweite Lösungswort – ein Vorteil, den er bei Seiner Allerverrücktesten Majestät in klingende Münze umsetzen konnte. Außerdem hatte er im Kassenschalter den Stromverteilerkasten für das Museum
Weitere Kostenlose Bücher