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Die Ludwig-Verschwörung

Die Ludwig-Verschwörung

Titel: Die Ludwig-Verschwörung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Pötzsch
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zuckte er zusammen. Jetzt erst fiel ihm auf, dass die Gestalt selbst für Ludwig II. ausgesprochen fett war. Der Rauch waberte zwar nach wie vor ziemlich dicht über den Fußboden, doch der Antiquar konnte unter dem Königsmantel beigefarbene Bundfaltenhosen und zwei schlammbespritzte Freizeitschuhe erkennen.
    Außerdem trug dieser Ludwig eine Brille.
    Steven sah hinüber zu Sara, die ebenso auf die Gestalt im Nebel gestarrt hatte. Sie schien im gleichen Moment wie er zu begreifen, wer der König wirklich war. Der Riese brauchte dafür ein wenig länger.
    Das war sein Fehler.
    Steven zog den kleinen Sicherungshebel am Griff der Pistole, zielte in den Rauch und drückte den Abzug. Nach dem Ploppen des Schalldämpfers wirkte der nun folgende Knall ohrenbetäubend laut. Der Rückstoß war trotz der geringen Größe der Waffe so heftig, dass sie dem Antiquar beinahe aus der Hand glitt. Einen Augenblick glaubte Steven, er habe nicht getroffen, doch dann ließ der Riese seine eigene Waffe fallen und taumelte einige Schritte zurück, bis ihn schließlich der Nebel verschluckte. Zur Sicherheit drückte Steven noch ein paar Mal ab, dann rannte er hinüber zu Sara.
    »Ist alles in Ordnung?«, rief er und griff nach dem Kästchen.
    Sie nickte schweigend. Gemeinsam liefen sie auf den Durchgang zu, wo noch immer der dicke König stand.
    »Ich hab mir den Krönungsmantel aus einer der zerstörten Glasvitrinen geklaut«, schnaufte Albert Zöller. »Das wird mir Seine Majestät nie verzeihen! Aber ich musste diesen Wahnsinnigen doch irgendwie ablenken, bevor er euch beide zu Klump schießt. Wer war das überhaupt? Gerade will ich zu euch runter ins Museum, da fällt das Licht aus, es kracht und scheppert, und zwei Männer kommen mir schreiend entgegen.«
    »Das erzählen wir Ihnen alles später!«, keuchte Steven und rannte weiter auf den Museumsausgang zu. Endlich hatten sie das weit offen stehende Schlossportal erreicht. Draußen regnete es in Strömen, die Nacht war sternenlos, nur vereinzelt zuckten grelle Blitze über den Himmel. Erst zwischen den Brunnen legten die drei Fliehenden eine kleine Atempause ein.
    »Wo … wo sollen wir jetzt hin?«, fragte Sara und drehte sich suchend um. Trotz der herbstlichen Kühle lief ihr der Schweiß übers Gesicht, der mit dem Regen kleine Bäche auf ihrer Haut bildete. »Rüber zum Kloster? Da sind wenigstens ein paar Leute.«
    »Das halt ich für keine so gute Idee.« Zöller runzelte die Stirn. »Der Sicherheitsdienst wird uns wegen Majestätsbeleidigung womöglich an die Wand stellen. Ich hab zwar die Alarmanlage ausgeschaltet, aber wenn die das hier sehen, zählen die eins und eins zusammen. Unter den Nachtwächtern sind ein paar ziemlich fanatische Ludwigfans. Ich glaub nicht, dass wir bei denen mit einem lebenslänglichen Hausverbot davonkommen.« Onkel Lu griff in seine Hosentasche und zog ein zerkratztes Handy hervor. »Ich sag euch, was wir machen. Ich ruf den Alois von der Priener Fischerei an, der soll uns unten an der Kapelle abholen. Und dann lass ich mir bis morgen was einfallen, wie wir aus diesem Schlamassel wieder rauskommen.«
    »So oder so sollten wir uns beeilen«, zischte Sara plötzlich. »Es sieht ganz so aus, als wäre dieser durchgeknallte Ritter einfach nicht totzukriegen.«
    Steven blickte hinüber zum Schloss, wo soeben eine Gestalt im Ledermantel durch das Portal taumelte. Es war tatsächlich der Riese aus dem Museum! Der Mann hielt sich das rechte Bein, doch ansonsten schien er unverletzt. Mit der Pistole in der Hand starrte er suchend in die regengepeitschte Nacht.
    »Verdammt, Steven, der ist ja noch putzmunter!«, fluchte Sara. »Wo hast du denn das Schießen gelernt? Auf dem Oktoberfest?«
    »Ich wünschte, ich hätte dort mal geschossen. Ehrlich gesagt, hatte ich noch nie eine Waffe in der Hand …«
    »Schnell weg, er hat uns gesehen!« Albert Zöller rannte schnaufend hinüber zu dem kleinen Laster, den der Gärtner dort vor ein paar Stunden mit seinen Werkzeugen geparkt hatte. Mittlerweile schien der Riese sie entdeckt zu haben. Mit erhobener Waffe humpelte er auf sie zu.
    »Was haben Sie vor?«, rief Sara Onkel Lu zu, der sich bereits breitbeinig auf den Fahrersitz des Lasters gesetzt hatte. »Wollen Sie den Wagen kurzschließen? Dafür haben wir keine Zeit!«
    »Habe ich Ihnen nicht gesagt, dass mir der Sicherheitschef alle Schlüssel von Herrenchiemsee gegeben hat?« Zöller nestelte an seiner Hose. Schließlich zog er den großen rostigen Bund

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