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Die Ludwig-Verschwörung

Die Ludwig-Verschwörung

Titel: Die Ludwig-Verschwörung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Pötzsch
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diesem Abenteuer doch etwas Längeres werden.« Er starrte sie nachdenklich an. »Vielleicht ist es an der Zeit, dass auch du mir deine Geheimnisse verrätst, Frau Unbekannt. Ich habe das Gefühl, ich bin nicht der Einzige hier mit einem dunklen Loch in der Vergangenheit.«
    Sara lachte leise. »Ein andermal. Nur ein Patient pro Sitzung, in Ordnung? Morgen fahren wir erst mal nach Neuschwanstein, um diese Sache endlich zu Ende zu bringen.«
    Mit dem Finger fuhr sie seine Lippen nach, dann küsste sie ihn sanft in die Halsbeuge. »Bis dahin müssen wir zwei uns wohl notgedrungen die Zeit vertreiben.«
    Gleich darauf machte es Steven plötzlich gar nichts mehr aus, dass das Bett ächzte und quietschte.
    Als Sara nach ein paar Stunden tief und fest neben ihm schlief, lag Steven noch immer mit klopfendem Herzen und offenen Augen neben ihr und starrte an die Decke. Die Ereignisse der letzten Tage, die Nähe von Sara, die Erinnerungen an den Brand in der Kölner Villa vor über dreißig Jahren, all das ließ ihn nicht zur Ruhe kommen.
    Was ist damals passiert? Warum kommen die Bilder zurück?
    Der Regen hatte mittlerweile aufgehört. Steven wälzte sich unruhig im Bett hin und her, schließlich gab er auf und griff zum Tagebuch, das noch immer neben ihm auf dem Boden lag. Das Buch war für ihn wie eine Droge, der er sich nicht entziehen konnte, wie ein märchenhaftes Aufputschmittel. Er hatte das Gefühl, dass er erst wieder zur Ruhe kommen würde, wenn er es zu Ende gelesen hatte.
    Schon nach den ersten Zeilen war er hellwach.

26
J, JG
    I ch werde nun vom Tod des Königs berichten, und ich schwöre bei Gott, es ist alles wahr. Auch wenn die Minister, wenn die Zeitungen, wenn die ganze Welt etwas anderes behaupten, ich weiß, wie es sich zugetragen hat. Ich und eine Handvoll Mitwisser, die jedoch aus Angst schweigen oder bereits tot sind. Man hat uns bedroht, einige sind mit Geld bestochen oder anderweitig gefügig gemacht worden. Aber ich kann nicht schweigen, und deshalb erzähle ich nun die wahre Geschichte.
    Nach dem schrecklichen Vorfall auf Herrenchiemsee verlor ich den König für lange Zeit aus den Augen. Er wollte mich nicht mehr in seiner Nähe haben, und so beschränkten sich meine Begegnungen auf die wenigen Male, die ich mit Dr.   Loewenfeld bei ihm Visite machte. Ansonsten versah ich lustlos meinen Dienst in der Chirurgischen Klinik in München und wälzte in meiner kleinen Dachkammer in der Maxvorstadt wissenschaftliche Literatur, während in meinem Kopf doch ständig nur ein einziger Name erklang.
    Maria.
    Meine Liebe zu ihr wuchs und wuchs in den folgenden Monaten, und so reiste ich so oft wie möglich nach Linderhof, wo sie unweit des Schlosses auf einem kleinen Bauernhof ihren Dienst versah und dem König weiterhin Gesellschaft leistete. Ludwig hatte Maria schneller verziehen als mir, und so hielt sie sich meist irgendwo in seiner Nähe auf. Noch wagte ich es nicht, den beiden gemeinsam unter die Augen zu treten. Aber immer wenn Seine Majestät für einige Tage nach NEUSCHWANSTEIN und Hohenschwangau aufbrach, blieb Maria allein in Linderhof zurück. Dann schlug meine Stunde.
    Ich beschenkte sie mit kleinen Kostbarkeiten und Konfekt, ich ritt mit ihr durch die Ammergauer Wälder. Einmal kamen wir in ein Gewitter und mussten in einer Scheune übernachten, doch wir blieben keusch, denn ich spürte, dass Maria sich noch immer wehrte, mir ihre Liebe einzugestehen. Ich war mir sicher, dass diese Weigerung auf irgendeine Art mit ihrem Sohn Leopold zusammenhing, dass sie dem Vater des Kindes noch immer ergeben war, auch wenn er die beiden verlassen hatte. Doch wenn ich sie darauf ansprach, schwieg sie störrisch, und so gab ich schließlich auf, in der Hoffnung, dass die Zeit auch diese tiefe Wunde heilen würde.
    An einem kalten Abend im Winter, als der König einmal mehr mit seinem Märchenschlitten rastlos durch die Wälder streifte, fand ich sie unter der Linde, wo wir beide uns das erste Mal getroffen hatten. Die Zweige ächzten unter der Last des Schnees. Marias Gesicht war verheult, dicke Tränen liefen ihr über die Wangen.
    »Was ist mit dir?«, fragte ich besorgt und strich ihr über die Haare, in denen ein paar Schneeflocken glitzerten. »Ist es wegen dem Leopold? Hat der Bub wieder etwas ausgefressen?«
    Sie schüttelte den Kopf und putzte sich lautstark die Nase. »Ich mach mir Sorgen um den König«, sagte sie leise. »Er wird von Tag zu Tag … sonderbarer. Es ist, als würde er immer mehr in

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