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Die Ludwig-Verschwörung

Die Ludwig-Verschwörung

Titel: Die Ludwig-Verschwörung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Pötzsch
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»Wenn Ihre Minister so dumm sind und nicht einmal ein Attentat vernünftig planen können, ist das nicht meine Schuld!« Der Schweiß stand von Strelitz auf der Stirn. Es hatte den Anschein, als würde sich der König noch nach seinem Tod gegen diese entwürdigende Prozedur wehren. Von meinem Versteck aus beobachtete ich, wie Ludwigs Kopf wie der einer Puppe hin und her pendelte. Ich stand unter einem solchen Schock, dass ich zu keinerlei Regung fähig war. Der König war tot, gemeuchelt vor meinen Augen! Wider besseren Wissens hoffte ich, dass dies alles nur ein schrecklicher Alptraum war, aus dem ich jeden Moment erwachen würde.
    »Überhaupt ist das alles hier eine Farce!«, schimpfte von Strelitz nun weiter, während er den neuen Mantel und einen Leibrock in hohem Bogen ins Wasser warf. »Als ich von Lutz den Auftrag erhielt, belastendes Material gegen den König zu sammeln, ging ich davon aus, dass Ihre Seite wenigstens ein paar handfeste Beweise hätte. Aber da war nichts außer dem Genöle einiger beleidigter Lakaien!« Er lachte höhnisch. »Zu allem Überfluss läuft mir dann in Herrenchiemsee auch noch dieser kleine Spitzel über den Weg und lässt beinahe meine Tarnung auffliegen. Que Merde !«
    Ich zuckte hinter meinem Gebüsch zusammen. Jetzt endlich wurde mir klar, warum von Strelitz auf der Insel im Chiemsee gewesen war. Er hatte Beweise für Ludwigs Wahnsinn gesammelt, und ich war ihm dabei in die Quere gekommen! Doch was hatte Maria gemeint, als sie kurz vor Strelitz’ Erscheinen im Wald Er bringt mich um gemurmelt hatte? Gab es noch etwas, das ich nicht wusste?
    »Sie … Sie brauchen sich nun wirklich nicht beschweren!« Gudden hatte mittlerweile zu seiner alten akademischen Arroganz zurückgefunden. Trotzdem stolzierte er nervös um sich blickend am Ufer auf und ab, während von Strelitz die Leiche des Königs zum See schleifte. »Wie viel hat Ihnen Holnstein für diesen Auftrag gegeben?«, zeterte der Irrenarzt. »Wie viel dafür, dass Sie die Seite wechseln und von nun an für die bayerische Regierung arbeiten? Dreißigtausend Reichsmark? Fünfzigtausend?« Er stampfte zornig mit dem Fuß auf. »Hätten Sie Ihre Arbeit richtig gemacht, hätten Sie Beweise gesammelt oder meinethalben gefälscht, dann hätten wir nicht zu diesem letzten Mittel greifen müssen! Wahrscheinlich gab es für den Mord noch mal einen satten Aufschlag auf Ihr Spitzelhonorar. Ist es nicht so?«
    »Er war immerhin ein König, vergessen Sie das nicht«, ächzte von Strelitz und schob Ludwigs Leiche ins hüfttiefe Wasser. »Königsmörder werden immer gut bezahlt. Das war schon zu Judas’ Zeiten so. Und jetzt helfen Sie mir endlich!« Ungeduldig winkte er Gudden zu sich. »Nun zieren Sie sich nicht! Sie dürfen ruhig nass werden. Schließlich sollen Sie ja später allen erzählen, Sie hätten Ludwig noch retten wollen, als er den Freitod im See wählte.«
    Dr.   von Gudden seufzte und tappte in das für Juni viel zu kalte Wasser. Nach wenigen Schritten hatte er den Agenten erreicht. Neben ihnen dümpelte der Leichnam Ludwigs mit dem Rücken nach oben wie eine Boje auf und ab.
    Noch immer verharrte ich, gelähmt vor Schrecken, hinter dem Gebüsch. Eigentlich hätte ich auf den Uferweg hinauslaufen und laut um Hilfe schreien müssen. Doch mittlerweile war ich mir nicht mehr sicher, wer noch alles in dieses Komplott verwickelt war. Ich beschloss, mein Versteck zu verlassen und zurück zu der Landzunge zu schleichen, hinter der noch immer das Boot wartete. Doch kaum war ich auf den Uferweg hinausgetreten, der an dieser Stelle von hohem Schilf gesäumt war, hörte ich erneut die Stimme des Irrenarztes. Zwischen den Pflanzen hindurch konnte ich die beiden Gestalten gut erkennen, sie standen jetzt etwa fünf Meter vom Ufer entfernt im See.
    »Überhaupt glaube ich kaum, dass man uns den Selbstmord abnehmen wird«, jammerte Dr.   Gudden. »Es wird immer Zweifel geben! Dafür hat sich der König in den letzten zwei Tagen einfach zu vernünftig verhalten. Er hat sogar davon gesprochen, dass man ihn umbringen wird!«
    »Sie haben recht«, erwiderte Carl von Strelitz ruhig. »Die Zweifel werden bleiben. Es sei denn, der König hätte kurz vor seinem Tod etwas getan, was ihn in den Augen aller zum Wahnsinnigen macht.«
    Der Irrenarzt blickte von Strelitz ratlos an. Mit seinem nassen Mantel, der ihn im knietiefen Wasser wie ein Trauerflor umwaberte, sah er aus wie ein zu groß geratenes, aufgeregtes Blässhuhn. »Ich … ich

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