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Die Ludwig-Verschwörung

Die Ludwig-Verschwörung

Titel: Die Ludwig-Verschwörung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Pötzsch
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fürchte, ich kann Ihnen nicht ganz folgen.«
    Achtlos schob Carl von Strelitz den schwimmenden Leichnam zur Seite und watete auf Gudden zu. »Wirklich nicht? Ich hatte Sie für klüger gehalten, Doktor. Au revoir.«
    Mit diesen Worten legte der Agent seine kräftigen Finger um Guddens Hals und drückte zu. Der kleine schmächtige Arzt hatte nicht die geringste Chance. Er keuchte und japste und zerrte an den Armen des Angreifers, doch von Strelitz trat ihm einfach die Beine unter dem Bauch weg und drückte ihn wie einen jungen Hund unter Wasser. Gudden schlug zunächst wild um sich, dann fing er mit den Gliedmaßen an zu zappeln, so dass das Wasser um ihn herum in weißen Fontänen aufschäumte. Schließlich gingen die Bewegungen in ein Zucken über, bevor der Körper ganz erschlaffte.
    Von Strelitz hielt Gudden noch ein wenig unter der Oberfläche, dann gab er dem Leichnam einen sanften Stoß. Wie ein Stück Treibholz trieb er in die Richtung Seemitte.
    Genau in diesem Augenblick tauchte zwischen den sturmgepeitschten Wellen das Boot meiner Freunde auf, die offenbar mittlerweile Verdacht geschöpft hatten. Ich konnte Hornig und Kaulbach erkennen, die beide aus Leibeskräften gegen den Wind anruderten. Vorne im Bug saß mit wehendem Haar Dr.   Schleiß von Loewenfeld. Als er den preußischen Agenten und die beiden Leichen im Wasser sah, stieß er einen Schrei des Entsetzens aus.
    »Mein Gott, der König!«, rief er. »Hornig, sehen Sie doch!«
    Ohne zu zögern sprang Loewenfeld ins hüfttiefe Wasser und watete auf Ludwig zu. Richard Hornig hatte derweil das Ruder von sich geworfen, er machte einen Hechtsprung ins Wasser und durchpflügte den See wie ein Ozeandampfer. Schon nach kurzer Zeit hatte er Carl von Strelitz erreicht, der ihn mit erhobenen Fäusten erwartete.
    Die beiden Männer rangen auf Leben und Tod, immer wieder tauchte der eine den anderen unter Wasser. Hornig versetzte von Strelitz einen Kinnhaken, so dass dieser nach hinten taumelte und auf Guddens Leiche fiel. Von Strelitz rappelte sich wieder auf und warf sich mit einem gellenden Schrei auf den königlichen Stallmeister. Richard Hornig war ein muskulöser durchtrainierter Mann, doch er verfügte nicht über die Heimtücke des preußischen Agenten. Von Strelitz spreizte seine rechte Hand wie die Kralle eines Tigers und versenkte sie im Gesicht seines Gegners, gleichzeitig schlug er mit dem Knie nach vorne aus, wo er direkt zwischen Hornigs Lenden traf. Der Stallmeister krümmte sich vor Schmerzen, und Carl von Strelitz holte mit voller Wucht zu einem erneuten Schlag auf dessen Hinterkopf aus. Gurgelnd versank Hornig in den Fluten des Sees.
    »Kaulbach, tun Sie doch was!«
    Es war Dr.   Schleiß von Loewenfeld, der nach dem Maler gerufen hatte. Mit beinahe übermenschlicher Kraft zerrte Loewenfeld am Leib des Königs und versuchte, ihn an Land zu ziehen. Hermann Kaulbach saß derweil noch immer starr vor Schreck im Boot, die Hände um die Reling gekrallt, zu keiner Regung fähig. Mich selbst schien hinter dem hohen Schilf noch keiner bemerkt zu haben.
    Während von Strelitz den königlichen Stallmeister weiterhin unter Wasser hielt, sah ich mich verzweifelt um. Kurz war ich versucht, laut um Hilfe zu rufen, doch dann fiel mein Blick auf die Windbüchse, die nur wenige Schritte von mir entfernt lag. Ich rannte darauf zu, riss sie hoch und legte an.
    In meiner Zeit als Student in Straßburg hatte ich als guter Schütze gegolten, zudem war ich zweimal als Sekundant bei einem Duell zugegen gewesen. Doch diese Waffe war mir neu, ich hatte keinerlei Ahnung, ob ich sie präzise abfeuern konnte. Kalt lag der Stahl an meiner Wange, ich lud eine weitere Kugel aus dem Röhrenmagazin und visierte mein Ziel an. Von Strelitz war nur fünfzehn Schritt von mir entfernt, er schien mich gar nicht wahrzunehmen. Noch immer drückte er Richard Hornig unter die Wasseroberfläche, auf der sich weiße schäumende Blasen zeigten. Jetzt erkannte mich Dr.   Loewenfeld.
    »Marot, Sie schickt der Himmel!«, schrie er. »Drücken Sie um Gottes willen ab!«
    Durch den Schrei aufgeschreckt, ließ Carl von Strelitz kurz von seinem Opfer ab und wandte mir den Kopf zu. Sein Gesicht war eine Fratze aus Hass und Schrecken. Ein spöttischer Zug umspielte seine Lippen, er hob langsam die Hände hoch, und ein hustender, würgender Hornig tauchte vor ihm aus dem See wieder auf.
    »Machen Sie keinen Unsinn«, rief von Strelitz mir zu. »Ich habe einflussreiche Freunde, sehr einflussreiche.

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