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Die Ludwig-Verschwörung

Die Ludwig-Verschwörung

Titel: Die Ludwig-Verschwörung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Pötzsch
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Ausgangssperre verhängt worden, im Park patrouillierten zu jeder Tages- und Nachtzeit die Gendarmen.
    Über kleine Zettel, die ein eingeweihter treuer Lakai an die Unterseite von Tellern und Servierplatten geklebt hatte, hatten wir den König von den Fluchtplänen in Kenntnis gesetzt. Ludwig sollte Gudden zu einem Spaziergang am See überreden. Bei einem vereinbarten Pfiff würde er den Arzt schließlich abschütteln und einige Meter ins tiefe Wasser waten, wo wir ihn im Boot schließlich aufnehmen konnten. Kein schlechter Plan, nur ließ sich der König den ganzen Pfingstsamstag über nicht blicken. Und auch am Pfingstsonntag warteten wir zunächst vergebens.
    »Dieser Gudden macht sich vor Angst in die Hose«, knurrte Hornig, während der Regen von seinem Hut ins Boot tropfte. Gemeinsam mit Kaulbach, Loewenfeld und mir saß der Stallmeister im kleinsten der drei Boote. Es ging bereits auf Mittag zu, und noch immer war nichts passiert, außer dass die Schauer vorübergehend in ein leichtes Nieseln übergegangen waren. Ein Sturm peitschte die Oberfläche des Sees zu kleinen Wellen auf.
    »Unsere Informanten haben uns berichtet, dass der Irrenarzt ziemlich nervös ist«, fuhr Hornig fort. »Dr.   von Gudden hat sich offenbar lange mit Seiner Majestät unterhalten und festgestellt, dass Ludwig nicht so verrückt ist, wie er dachte. Jetzt sieht er seine Felle davonschwimmen.«
    »Solange sie Ludwig in Berg einsperren, wird keiner je erfahren, dass er nicht wahnsinnig ist«, warf der Maler Kaulbach ein. »Vermutlich werden die Minister eine Mauer um das Schloss bauen und es zum teuersten Gefängnis Bayerns machen.«
    »Oder sie werden ihn töten.«
    Es war Dr.   Schleiß von Loewenfeld, der gesprochen hatte. Von einem Augenblick auf den anderen herrschte völlige Stille auf dem Boot. Nur das stete Prasseln des Regens war zu hören.
    »Ihn … töten?«, fragte ich zögernd. »Den König töten?«
    »Bedenken Sie doch, meine Herren.« Der alte Arzt blickte traurig in die Runde. »Das Ganze ist nichts weiter als ein misslungener Staatsstreich. Man hat den König für verrückt erklärt und muss nun feststellen, dass er das gar nicht ist. Wenn wir ihn nicht befreien, wird Ludwig vermutlich vom Schloss aus ein Gegengutachten anfordern, er wird sich an Bismarck wenden, wird den Thron zurückfordern. Und Lutz und die anderen Minister …«
    »… werden des Hochverrats angeklagt. Verflucht, Sie haben recht!« Hornig spuckte ins trübe Wasser. »Dieser Saubande ist wirklich zuzutrauen, dass sie ihren eigenen König umbringen und es als Selbstmord eines Geisteskranken tarnen.«
    »Wenn wir ihn nicht vorher retten. Sehen Sie selbst.« Hermann Kaulbach deutete auf das Ufer, wo einige Gestalten zwischen den Bäumen auftauchten. Ich hielt den Atem an.
    Es waren Gudden und der König, allerdings unter Bewachung.
    Dass der Irrenarzt nicht von Ludwigs Seite weichen würde, damit hatten wir gerechnet. Doch Dr.   Bernhard von Gudden war bereits über sechzig und von kleiner, zierlicher Statur. Es wäre dem König mit seinen über 1,90 Metern Körpergröße ein Leichtes gewesen, ihn zu überwältigen und zu fliehen. Das galt jedoch nicht für den kräftigen Pfleger und den bewaffneten Gendarmen, die sich beide im Hintergrund hielten, aber hinter den Büschen des Parks durchaus zu sehen waren.
    »Kruzitürken!«, zischte Richard Hornig. »Solange diese Irrenwärter und gekauften Polizisten so nahe beim König sind, können wir die Flucht nicht wagen. Denen ist zuzutrauen, dass sie auf Seine Majestät anlegen.«
    »Wer weiß, ob sich eine solche Gelegenheit zur Flucht noch einmal ergibt«, wendete ich ein. Mich plagte ein leichter Schüttelfrost, doch ich versuchte, mir nichts weiter anmerken zu lassen. Dennoch klang meine Stimme matt und zittrig. »Vielleicht ist das ja Ludwigs letzter Spaziergang für sehr lange Zeit.«
    »Das müssen wir riskieren.« Dr.   Loewenfeld legte das Fernglas weg, durch das er soeben noch das Ufer beobachtet hatte. »Der Polizist sieht zu uns hinüber. Vermutlich schöpft er Verdacht. Wir sollten auf alle Fälle die beiden anderen Boote wegschicken. Drei dieser Kähne sind zu auffällig.«
    »Sie haben recht.« Richard Hornig gab den anderen Booten ein Zeichen abzudrehen. »Unser Kahn muss reichen. Und jetzt wollen wir beten, dass Seine Majestät noch einmal unter günstigeren Vorzeichen im Park erscheint. Außerdem sollten wir ein paar Vorsichtsmaßnahmen treffen.«
    In kurzen Worten erklärte er uns

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