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Die Ludwig-Verschwörung

Die Ludwig-Verschwörung

Titel: Die Ludwig-Verschwörung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Pötzsch
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Noch können Sie sich für die richtige Seite entscheiden.« Er deutete nach hinten, wo Dr.   Loewenfeld im hüfttiefen Wasser neben der Leiche Ludwigs stand. »Der König ist tot, und das, glauben Sie mir, ist das Beste, was Ihrem Land passieren konnte. Ein Träumer und Spinner, das war er! Soll so einer Bayern ins 20. Jahrhundert führen?« Er lachte und strich sich das nasse Haar zu einem schwarzen Scheitel. »Glauben Sie mir, es erwarten uns Herausforderungen, die von Träumern nicht bewältigt werden können. Bayern braucht einen starken König, keinen Phantasten. Schon in wenigen Jahren wird kein Hahn mehr nach Ludwig krähen. Also seien Sie vernünftig und …«
    »Fahren Sie zur Hölle, von Strelitz.«
    Ich drückte ab, und wieder ertönte der dumpfe, angenehm leise Knall der Windbüchse. Carl von Strelitz taumelte zwei Schritte zurück, doch er stand noch. Ein letztes Mal starrte er mich hasserfüllt an, dann wanderte sein Blick staunend nach unten, wo sich sein weißes Hemd explosionsartig rot färbte.
    »Verdammter … Narr!«, ächzte er. Endlich kippte der Agent nach hinten, er fiel klatschend ins Wasser, die Arme weit von sich gestreckt. Schlieren von Blut verteilten sich um ihn herum wie lange rote Fäden.
    Wie in Trance stand ich am Ufer, die Waffe entglitt meinen Händen und fiel auf den kiesigen Uferweg. Erst das Husten von Richard Hornig brachte mich zurück in die Gegenwart. Er war mittlerweile wieder aus dem Wasser aufgetaucht. Noch immer rang er mühsam nach Luft. »Himmelherrgott, Marot! Sie …Sie haben mir das Leben gerettet!«, ächzte er. Er war blass wie eine Wasserleiche, schien aber sonst in guter Verfassung. Nun packte er von Strelitz’ Leiche, musterte sie abfällig und warf sie dann wie ein faules Stück Holz zurück in den See. »Dieses Schwein hätte mich beinahe ersäuft. Wer in drei Teufels Namen ist das?«
    »Der Mörder des Königs«, sagte ich leise. »Wir sind zu spät gekommen.«
    Ein Moment der absoluten Stille trat ein, in dem nur das Krächzen einer einzelnen Krähe zu hören war. Um Ludwigs Leiche hatte sich eine rote Wolke gebildet, die sich langsam im trüben Wasser auflöste. Wie Tang wehten seine vollen schwarzen Haare in der sanften Dünung des Sees.
    Wie betäubt standen wir am Ufer und starrten auf unseren toten König, auf Dr.   Gudden und den preußischen Agenten, die alle drei mit dem Gesicht nach unten im See trieben. In Hornigs Augen glitzerten Tränen, die sich mit den Regentropfen vermischten, keiner von uns sprach ein Wort. Es war, als hätte die Welt, die wir bisher gekannt hatten, aufgehört sich zu drehen.
    Erst als wir von fern Rufe hörten und das Flackern von Fackeln durch die Bäume hindurch sahen, rannten wir ohne ein weiteres Wort hinaus in die Nacht.
    Nur eine Stunde später saßen wir zu fünft brütend im Rauchersalon des Barons Beck-Peccoz, der mit seinem Wagen am Tor des Schlossparks vergeblich auf den König gewartet hatte. Als er vom Tod Ludwigs erfahren hatte, war er zunächst wie gelähmt gewesen. Schließlich brachte er uns mit der Droschke auf sein Gut Eurasburg, das ganz in der Nähe des Berger Schlösschens lag. Mit glasigen Augen starrten wir nun in die glimmenden Scheite des Kamins, während der stürmische Regen unablässig gegen die Fenster trommelte.
    »Wenn es noch Spuren gegeben hat, die vom wahren Tod des Königs künden, dann sind sie spätestens jetzt entfernt«, murmelte Richard Hornig. »Sie werden die Leiche dieses preußischen Agenten beseitigen und das Ganze als Selbstmord eines irren Königs tarnen. Keiner wird je die Wahrheit erfahren.«
    Wir anderen nickten und schwiegen. Es war, als hätte uns nach all dem hektischen Treiben eine Trägheit übermannt, die es uns unmöglich machte, über das Geschehene zu sprechen. Der König war tot, und es gab nichts, was ihn zurückholen konnte.
    Plötzlich erhob sich der Maler Kaulbach. Mit zitternden Fingern drückte er die Zigarette im Aschenbecher aus und sah uns einer nach dem anderem an. »Es war ein Fehler, dass wir wie die Hasen geflohen sind!«, rief er wütend in die Runde. »Wir müssen zur Starnberger Polizei gehen. Sofort! Dieses Verbrechen darf nicht ungesühnt bleiben!«
    »Zur Polizei? Seien Sie nicht kindisch, Kaulbach.« Doktor Schleiß von Loewenfeld schüttelte müde den Kopf, bevor er weitersprach. »Verstehen Sie doch! Diese Sache ist von ganz oben eingefädelt! Wollen Sie sich wirklich gegen den zukünftigen Prinzregenten, sämtliche Minister und den

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