Die Ludwig-Verschwörung
behandeln lässt. Außerdem ist es dafür ohnehin wahrscheinlich schon zu spät.«
»Aber Herr Zöller«, beruhigte Steven. »Ihr Zustand ist nicht so gravierend, dass …«
»Schnauze.« Albert Zöller machte eine unwirsche Handbewegung. »Ich spüre selber, wie es um mich steht. Also macht mir nichts vor. Viel wichtiger ist, dass Sie endlich begreifen, Steven.«
»Begreifen?« Steven blinzelte den Alten ungläubig an. »Ich fürchte, ich verstehe nicht ganz.«
»Kapieren Sie denn nicht, warum diese Manstein vorhin auf mich geschossen hat?« Zöller keuchte vor Schmerzen. »Weil ich kurz davor war, Ihnen die Wahrheit zu sagen!«
»Welche Wahrheit denn?«
»Die Wahrheit über dieses verfluchte Tagebuch! Der Grund, warum Frau Manstein wie eine Furie dahinter her ist, warum sie über Leichen geht. Warum Paul genau Ihnen das Tagebuch überlassen hat!« Der Alte atmete noch einmal tief durch, während Steven und Sara ihn erwartungsvoll anstarrten.
»Reden Sie schon«, flüsterte Steven. »Ich will endlich wissen, was dieser ganze Wahnsinn mit mir zu tun hat.«
»Vor gut zwei Monaten kam mein alter Freund Paul Liebermann zu mir«, begann Zöller schnaufend. »Er sagte, er hätte via Internet den Nachlass eines alten Trödlers ersteigert. Einen Haufen wertloser Bücher, darunter aber auch ein seltsames Kästchen, in dem sich neben einigen alten Fotografien und einer dunklen Haarsträhne das Tagebuch eines gewissen Theodor Marot befand. Paul wusste, dass dieser Marot der Assistent des königlichen Leibarztes Max Schleiß von Loewenfeld gewesen war. Es gab immer wieder Spekulationen, in dem Tagebuch würde die Wahrheit über Ludwigs Tod stehen.«
»Herr Zöller, das wissen wir doch bereits alles«, sagte Sara sanft. »Sie sollten sich jetzt wirklich schonen.«
»Lassen Sie mich gefälligst ausreden, Sie neunmalkluges Ding!« Kurz blitzte in Zöllers Augen der alte Zorn auf, dann musste er wieder husten. Erst nach einer Weile konnte er weitersprechen.
»Luise Manstein hat von dieser Auktion Wind bekommen, als das Buch schon an Paul verkauft worden war«, flüsterte er. »Sie wollte es für sich haben und legte meinem Freund eine Ahnentafel vor, aus der hervorging …«Er holte tief Luft und hustete Blut. »Aus der hervorging, dass ihre Familie von einem gewissen Leopold aus Oberammergau abstammt, dessen Mutter Maria eine Dienstmagd Ludwigs II. war.«
Eine ganze Weile herrschte Schweigen, schließlich pfiff Sara leise durch die Zähne.
»Die irre Luise ist also tatsächlich eine Nachfahrin von Ludwig II.?« Sie sah Zöller ungläubig an. »Ist das wahr? Deshalb ist sie hinter dem Tagebuch her?«
»Ich hatte so was bereits geahnt«, warf Steven müde ein. »Aus dem gleichen Grund hat sich Frau Manstein wohl auch Ludwigs Neuschwansteiner Möbel unter den Nagel gerissen. Sie hält sich für seinen legitimen Nachkommen. Alles, was ihr noch als Beweis fehlt, ist diese eidesstattliche Erklärung.«
Zöller nickte und hielt sich den Bauch, er schien starke Schmerzen zu haben. »Luise Manstein legte Paul einen notariell beglaubigten Brief vor, in dem … in dem Theodor Marot das Tagebuch nach seinem Tod dieser Maria hinterließ. Marot fiel 1916 als renommierter Militärarzt in Frankreich. Ab diesem Zeitpunkt gehörte das Buch also ganz offiziell dieser Oberammergauer Magd und ihren Nachkommen.«
»Aber Professor Liebermann hat Luise Manstein das Buch trotzdem nicht gegeben?«, fragte Steven zögerlich.
»Bei Gott, nein!« Albert Zöller lachte, es war ein rasselndes Lachen. Als er sich danach über den Mund wischte, schimmerte erneut helles Blut auf dem Handrücken »Paul hat schnell gemerkt, dass diese Frau nicht ganz normal ist. Sie wurde immer aufdringlicher, stellte ihm mit ihren Schlägern nach. Trotzdem stand ihrer Familie das Tagebuch eigentlich zu. Da erinnerte Paul sich an die Ahnentafel, die Luise Manstein ihm gezeigt hatte. Er bat, den Stammbaum noch einmal einsehen zu dürfen, und fertigte heimlich eine Kopie davon an.« Zöller machte eine kurze Pause, um wieder zu Atem zu kommen. Jeder Satz fiel ihm nun schwer.
»Mit deren Hilfe gelang … gelang es ihm, einen zweiten Zweig der Familie aufzuspüren«, fuhr er schließlich ächzend fort. »Mein Freund Paul hoffte nämlich, dass es noch einen weiteren Nachfahren gab, jemanden, dem er dieses wertvolle Buch mit gutem Gewissen anvertrauen konnte. Und siehe da, er fand diesen Nachfahren. Auch dieser trug zunächst wie alle Mitglieder der Familie den
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