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Die Ludwig-Verschwörung

Die Ludwig-Verschwörung

Titel: Die Ludwig-Verschwörung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Pötzsch
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Schießscharten der Ruine in Position. Kurz darauf ertönte das Knattern der Uzis, das von gelegentlichen gezielten Schüssen der Polizei unterbrochen wurde. Durch eine moosbewachsene Fensteröffnung hindurch beobachtete Steven mindestens vier maskierte Männer, die mit schusssicheren Westen und Scharfschützen-Gewehren von Baum zu Baum sprinteten und immer wieder Deckung suchten. Kurz bevor sie den Gipfel erreicht hatten, kauerten sie sich schließlich hinter ein paar Felsbrocken und warteten die weiteren Ereignisse ab.
    »Ich weiß nicht, wer denen einen Tipp gegeben hat«, knurrte Luise. »Aber glaub nicht, dass das deine Lage in irgendeiner Weise ändert.« Ihre Stimme war jetzt ganz nah an Stevens Ohr, er roch ihr teures Parfum. Mittlerweile hatte die Konzernchefin einen kleinen schwarzen Blackberry herausgeholt und tippte hektisch eine Nummer ein.
    »Du siehst, Steven Lukas, ich bin auf alles vorbereitet«, erklärte sie mit selbstsicherem Lächeln. »Eigentlich sollte der Hubschrauber ja nur die neue Antenne hinauf zum Neuschwansteiner Turm bringen. Aber jetzt werde ich mich eben auf wahrhaft majestätische Weise von diesem Ort entfernen müssen.« Sie hielt das Handy ans Ohr und wartete ungeduldig darauf, dass jemand abnahm.
    Doch so lange sie auch wartete, niemand meldete sich.
    »Verflucht!«, schrie Luise schließlich und warf den Blackberry auf den Burghof, wo das Display in kleine Splitter zerschellte. »Das Dreckschwein von Pilot hat sich abgesetzt! Dafür werde ich ihn …«
    »Aufs Blut auspeitschen und die Augen ausstechen?«, schlug Steven vor und versuchte, die kalte Mündung des Derringers an seiner Schläfe zu vergessen. »Strafversetzen nach Papua-Neuguinea? Komm schon, Luise! Mach es nicht schlimmer, als es ohnehin schon ist. Selbst wenn du von hier fliehen solltest – du hast es selbst gehört: die Polizei weiß, wer du bist.«
    »Aufgeben?« Luise lachte, während die Uzis ihrer Paladine zu einer neuen Lärmorgie ansetzten. Steinsplitter spritzten von dem Felsen auf, hinter dem die Polizisten in Deckung gegangen waren. »Niemals! Ich habe genug Geld auf meinen Konten in Übersee. Mehr, als Ludwig sich je erträumen konnte! Ich werde seinen Traum verwirklichen und auf eine kleine unbekannte Insel ziehen. Weg von dieser kranken Zivilisation, die Romantikern wie uns keinen Raum mehr lässt. Ich werde …«
    Ein Schrei ertönte, und Steven sah Tristan nach hinten wegtaumeln. In seinem linken Arm klaffte eine blutige Wunde, offenbar hatte einer der Scharfschützen hinter den Felsen ihn durch die Schießscharte hindurch getroffen.
    »Der Kampf der Burgunder in König Etzels Halle!«, sang Luise mit wiegendem Kopf. »Du erinnerst dich an die Nibelungensage? Von meiner Hand allein, liegen Hundert wohl erschlagen … Die Helden fallen einer nach dem anderen, und der Boden des Saals ist nass von Blut.«
    »Du bist komplett wahnsinnig!«, schrie Steven. »Gib endlich auf! Noch ist es nicht zu spät!«
    »Hätte Ludwig aufgegeben? Was meinst du?« Luise wirkte plötzlich unsicher, sie nagte an ihrer Unterlippe, die Tusche rann ihr über das schlammverschmierte Gesicht und gab ihr das Aussehen eines blutleeren Vampirs.
    Dann fasste sie Steven am Arm.
    »Nein. Ich glaube, Ludwig hätte nicht aufgegeben«, sagte Luise leise. »Im Gegenteil.«
    Sie zog ihn hinter die Burg und auf den Abgrund zu. Erst jetzt sah der Antiquar mit Entsetzen, dass funkelnde neue Eisensprossen die vom Regen nasse Steilwand hinunterführten.
    »Folge mir, Vetter«, verkündete Luise Manstein mit ernster, majestätischer Miene. Sie wirkte plötzlich seltsam gefasst. »Es wird Zeit, dass du die Hallen unseres Urururgroßvaters betrittst.«

44
    H intereinander kletterten sie die Leiter hinab, während über ihnen weiterhin die Kugeln prasselten.
    Mit klopfendem Herzen blickte Steven in die Tiefe, während er sich Sprosse für Sprosse nach unten hangelte. Bis zum grasigen, mit kleinen Büschen bewachsenen Boden mochten es gut und gerne vierzig Meter sein. An Flucht war nicht zu denken, denn Luise befand sich direkt über ihm. Sie hatte sich den Nylonsack mit dem Kästchen über die Schulter gehängt. Immer wieder hielt die Konzernchefin inne und trieb Steven mit der Pistole zur Eile an.
    Endlich spürte er Boden unter den Füßen, kurz darauf stand Luise neben ihm. Ein schmaler Pfad schlängelte sich an der Felswand entlang zum Hotel, von dem tobenden Chaos über ihnen war nichts mehr zu sehen. Nur vereinzelt drang noch das

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