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Die Ludwig-Verschwörung

Die Ludwig-Verschwörung

Titel: Die Ludwig-Verschwörung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Pötzsch
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Geräusch von Schüssen zu ihnen herunter.
    »Na los, geh schon weiter!«, befahl Luise und schubste ihren Cousin nach vorne. »Wer weiß, wie lange meine treuen Paladine da oben noch durchhalten.«
    Steven taumelte den morastigen Weg entlang, der direkt unterhalb des Hotels an einem quaderförmigen hölzernen Anbau endete. Eine schmale Stiege führte in einen kleinen Raum aus hellen, nach Harz duftenden Fichtenbohlen. An der Wand hingen einige alte Stiche, die die frühere Burg Falkenstein zeigten; in einem gläsernen Kasten befand sich ein Modell der Ruine, Informationstafeln klärten über deren wechselhafte Geschichte auf.
    »Das Falkenstein-Museum«, erklärte Luise, während sie in den Taschen ihres Kostüms kramte. »Der vorherige Besitzer des Hotels hat es noch für seine Gäste bauen lassen. Ich selbst habe allerdings eine andere Verwendung dafür.«
    Sie zog einen kleinen Schlüssel hervor und steckte ihn in ein Schlüsselloch, das an der Seite des Schaukastens angebracht war. Ein leises Summen ertönte, dann fuhr der Kasten zur Seite und gab den Blick frei auf eine Treppe, die nach unten führte. Sie stiegen hinab und standen vor einem Aufzug, dessen Türen lautlos zur Seite glitten.
    »Willkommen im Hades.«
    Luise deutete eine leichte Verbeugung an, bevor sie hinter Steven in den Fahrstuhl stieg. »Eigentlich ist das hier nur mein Fluchttunnel. Ich hätte dir wirklich zu gerne meine Hotelsuite gezeigt. Aber so wie es aussieht, haben wir dafür leider keine Zeit mehr.«
    Sie tippte eine mehrstellige Zahlenkombination in eine Tastatur, dann schlossen sich die Türen, und der Aufzug rauschte surrend nach unten.
    Als sich die Türen wieder öffneten, stand Steven im Mittelalter.
    Ein langer, mit dunklem Holz furnierter Gang erstreckte sich vor ihm, der wie die Räume in Neuschwanstein mit lebensgroßen Wandgemälden aus der germanischen Sagenwelt geschmückt war. Kronleuchter besteckt mit weißen Kerzen hingen von der Decke und verbreiteten ein düsteres Licht, von irgendwoher ertönten die leisen Klänge einer Wagner-Ouvertüre. Erst auf den zweiten Blick bemerkte Steven, dass statt der Dochte kleine Halogenbirnchen brannten und die Musik aus winzigen Lautsprechern kam, die überall im Gang montiert waren. Bei näherem Hinsehen machte der Gang einen eher provisorischen Eindruck; unter den dicken Teppichen fehlten teilweise die Bohlen, die Decke war noch nicht vollständig verputzt.
    Wie bei Ludwig, dachte Steven. Eine halbfertige Geisterbahn, zusammengeschustert aus den verschiedensten Epochen.
    »Ich habe Neuschwanstein zu weiten Teilen neu errichtet«, verkündete Luise, während sie den dunklen Gang entlangschritten. »In ein, zwei Jahren wäre ich fertig geworden. Nur die Wandgemälde sind neu. Ich finde, sie sind noch besser gelungen als die alten. Findest du nicht?«
    »Sie sind jedenfalls genauso düster«, sagte Steven bitter.
    Der Gang zweigte plötzlich nach links ab, und sie spazierten nun durch trüb erleuchtete Räume immer tiefer in den Berg hinein. Luise schien den gesamten Falkenstein wie einen Schweizer Käse ausgehöhlt zu haben. Die Zimmer waren direkt in den Fels hineingeschlagen und hatten teilweise die Form von Kavernen. Statt Fenstern gab es Landschaftsgemälde, die einem den Blick auf eine mittelalterliche Idylle vorgaukelten. Hinter dünnem staubigen Glas sah Steven Burgen auf schroffen Felsspitzen, Türme und tiefe grüne Wälder.
    Mit der Zeit erkannte er in den zahllosen, labyrinthartig verbundenen Zimmern tatsächlich die gesamte Einrichtung aus Neuschwansteinwieder. Sie passierten die schlichten Dienerkammern mit ihren rustikalen Holzbetten, dann das prunkvolle Speisezimmer, in dem sich ebenso wie im Original ein Esstisch mit einem Tafelaufsatz aus Marmor und vergoldeter Bronze befand. Sie wandelten durch das Ankleide-, das Schlaf- und das Wohnzimmer mit seinen Säulen und byzantinischen Torbögen; sogar Ludwigs Bett mit den kostbaren Schnitzereien stand hier, genauso wie Steven es von gestern Nacht noch in Erinnerung hatte. Hinter einem Durchgang sah er die rotblauen Lichter einer Grotte funkeln, die sich auf der Oberfläche eines unterirdischen Sees spiegelten.
    Sie hat wirklich alles abtransportieren lassen für ihren eigenen Traum vom Märchenschloss. Wie lange muss sie das geplant haben?
    »Was du hier siehst, ist die Arbeit vieler Jahre«, sagte Luise stolz, als hätte sie seine Gedanken gelesen. »Als mein Mann starb, konnte ich mich voll und ganz meinem Hobby widmen.

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