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Die Ludwig-Verschwörung

Die Ludwig-Verschwörung

Titel: Die Ludwig-Verschwörung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Pötzsch
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einmal Großwesir? Durch den Rauch hindurch betrachtete ich Ludwigs ausladende Gestalt und versuchte mir in Erinnerung zu rufen, wie schön er einst gewesen war.
    Schon lange war der König nicht mehr der gut gebaute Recke, dem in den ersten Jahren seiner Regentschaft die Frauen noch zu Füßen gelegen hatten. Zwar war er mit seinen fast zwei Metern immer noch ein Riese, doch mittlerweile mochte er weit über zweieinhalb Zentner wiegen. Sein Gesicht war bleich und aufgedunsen, die Augen trüb, der Mund eingefallen und fast ohne Zähne. Bis zu mir herüber konnte ich seinen schlechten Atem riechen. Die bunte türkische Tracht, die er auf dem Schachen trug, täuschte nicht darüber hinweg, dass Ludwig sich mehr und mehr gehen ließ. Nur sein Haar war noch genauso schwarz und voll wie am Tag seiner Thronbesteigung vor über zwanzig Jahren.
    Was uns alle jedoch am meisten ängstigte, waren seine teils wahnhaften, teils verträumten Zustände, die von Jahr zu Jahr häufiger wurden. Er war ein Mondkönig, der die Nacht zum Tage machte und in seiner eigenen Märchenwelt lebte. Selbst wir Getreuen drangen immer seltener zu ihm hindurch.
    Neben mir rutschte Graf Dürckheim unruhig auf seinem Kissen hin und her. Ebenso wie wir anderen trug der sonst so schneidige Adjutant mit dem ordentlich gezwirbelten Schnurrbart einen schlabbrigen Seidenkaftan. Dürckheim verabscheute diese Maskeraden, aber er wusste, dass er in solchen Momenten bei seinem König mehr erreichen konnte als bei allen offiziellen Sitzungen.
    »Euer Majestät, wir müssen reden«, begann er ernst. »Ich bin gestern noch einmal die Posten Eurer Zivilliste durchgegangen. Eure Schulden betragen mittlerweile fast 14 Millionen Mark, und ich glaube, dass der Bau Eurer Schlösser …«
    »Dürckheim, wie oft muss ich Ihm noch sagen, dass ich an meinem Geburtstag nichts über diesen leidigen Finanzkram hören möchte«, fuhr ihn der König an und klappte den türkischen Gedichtband zu, in dem er gerade noch lesen wollte. »Es reicht schon, wenn Er mich in München damit quält. Wir werden die Schlösser weiterbauen, gar keine Frage. Sie sind der Ausdruck meines Seins – ohne sie bin ich kein König mehr.« Seine Lippen wurden plötzlich schmal wie zwei Striche. »Mein Vater, mein Großvater, alle haben sie bauen dürfen«, zischte er. »Nur bei mir stellen sich die Herren Minister so an! Bei meiner Ehre, Dürckheim, wenn mir diese Herren nicht mehr Geld zubilligen, jag ich Hohenschwangau eigenhändig in die Luft. Diese Schmach ertrag ich nicht länger! Das Geld muss her, egal wie, verstanden? Ob Er verstanden hat?«
    Die letzten Worte hatte Ludwig beinahe geschrien. Wir alle blickten betreten zu Boden. Die Geldsorgen des Königs hatten in den letzten Jahren immer mehr zugenommen. Der Bau der neuen Burg von Hohenschwangau, vom Volk auch Neuschwanstein genannt, die Schlösser Herrenchiemsee und Linderhof sowie eine Reihe weiterer Projekte verschlangen Unsummen. Der König verfügte nur über ein beschränktes Budget, die sogenannte Zivilliste, und das hatte er mehr als ausgeschöpft. Mittlerweile stand er bei etlichen Handwerkern in der Kreide, und der Ministerrat drängte ihn, das Bauen endlich einzustellen. Vergeblich – Ludwig formte Schlösser, wie kleine Buben Burgen aus Sand und Schnee erschaffen. Eines nach dem anderen, eine Märchenwelt, in die er flüchtete, um der König zu sein, den er sich vorstellte. Er war Artus, und wir waren die Ritter seiner Tafelrunde, waren tapfere Germanenkrieger – oder eben säbelrasselnde, Wasserpfeifen schmauchende Sarazenen droben im bayerischen Wettersteingebirge.
    Nach einem Moment der Stille begann Dürckheim wieder leise zu sprechen. Sein Schnurrbart zitterte, doch er versuchte gelassen zu klingen. »Euer Majestät, die Minister werden sich das nicht mehr lange gefallen lassen. Ich habe Sorge, dass ein Attentat …«
    »Ein Attentat? Von den Ministern? Dürckheim, mach Er sich nicht lächerlich!« Ludwig lachte so laut, dass sein Bauch unter der türkischen Tracht wie eine aufgeblasene Schweinsblase auf und ab hüpfte. »Diese Bande korrupter Beamter ist höchstens fähig, mir das Souper zu vergällen, aber ein Attentat? Wenn, dann doch eher von den Anarchisten!« Er wurde schlagartig wieder ernst. »Davon abgesehen, habe ich Ihn schon vor Jahren darum gebeten, mir eine Leibgarde zusammenzustellen. Treue Gralsritter, die für mich in den Tod gehen! Und? Was ist damit, hä?«
    »Wir können nicht mehr vielen trauen«,

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