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Die Ludwig-Verschwörung

Die Ludwig-Verschwörung

Titel: Die Ludwig-Verschwörung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Pötzsch
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leistet mir auf meiner Linde Gesellschaft. Dort oben habe ich das schönste Gemach der Welt.«
    Die Holzleiter quietschte bedrohlich, als Seine Majestät und ich an ihr emporkletterten. Krampfhaft klammerte ich mich an den Sprossen fest und versuchte nicht nach unten zu sehen. Wie so oft musste ich über die Spinnereien Ludwigs den Kopf schütteln. Ein König in einem Baumhaus! Vermutlich zerrissen sich die Lakaien jetzt schon die Mäuler über diese jüngste Marotte.
    Doch endlich oben angekommen erwartete mich ein Ausblick, der mir beinahe die Tränen in die Augen trieb.
    Um uns herum standen die Alpen wie mächtige Felsriesen, die an ihren Füßen das weiche Grün der Wälder trugen. Der Park mit seinem Schloss, den Pavillons, dem Venustempel und der Kapelle lag unter uns gleich der Spielzeuglandschaft eines göttlichen Kindes. Im Osten stieg just in diesem Moment die Sonne hinter den Bergen auf und tauchte die Szenerie in ein warmes, beinahe unwirkliches Licht. In dem schattigen Dach über unseren Köpfen raschelten leise die Lindenblätter im Wind.
    »Greift zu, Marot. Nach diesem Ritt müsst Ihr Hunger haben.« Der König hatte sich bereits auf seinen Stuhl gesetzt und nahm sich vom duftenden, besonders weichen Kalbsbraten. Doch ich konnte noch immer nicht den Blick von der prächtigen Landschaft wenden. Wie auf ein geheimes Zeichen hin schoss aus der Mitte des Brunnenbeckens unter uns plötzlich eine gewaltige Wasserfontäne empor, und eine kühle Gischt wehte zu mir herüber.
    »Hier draußen in den Bergen, weit weg von der Stadt, bin ich der König, der ich sein will«, sagte Ludwig und wischte sich mit der Serviette über die fleischigen Lippen. »Ein Naturgesetz, so wie die Sonne und der Mond. Versteht Ihr jetzt, warum ich nicht nach München zurückkann?«
    »Majestät, die Zeiten haben sich geändert«, mahnte ich. »Ihr seid kein Artus auf Camelot, sondern der bayerische König. Gesetze müssen unterschrieben werden …«
    »Sollen die Minister doch mit ihren Formularen hierher nach Linderhof pilgern!«, unterbrach mich Ludwig und deutete auf die Landschaft um uns herum. »Was ist echt und was falsch, Theodor? Das schmutzige München, die Intrigen, das Geschwätz oder diese Märchenwelt? Hier lieben die Leute ihren König noch, hier bin ich keine Marionette.«
    »Ihr müsst keine Marionette sein, wenn Ihr …«, begann ich. Doch auf einmal stockten mir die Worte. Unter uns im Park näherte sich lachend ein Knabe, an seiner Seite eine junge Frau in schlichtem Mieder und einem Leinenrock mit Schürze, wie ihn die einfachen Weiber dieser Gegend oft an Feiertagen tragen. Ihr schwarzes Haar hing offen, es flatterte hinter ihr im Wind. Das Gesicht des Mädchens war ein einziges Strahlen, ihre ganze Erscheinung schien meine düstere Stimmung vertreiben zu wollen, so wie die Sonne die Nebelschwaden eines kalten feuchten Morgens. Mit fröhlicher lauter Stimme feuerte sie das Kind an ihrer Seite zum Wettlauf an.
    »Marot, was ist mit Euch?«, hörte ich hinter mir die Stimme meines Königs. »Hat es Euch hier oben den Atem verschlagen?«
    Ich schüttelte benommen den Kopf und setzte mich Ludwig gegenüber. »Es ist nichts, Majestät. Vermutlich nur der lange Ritt.« Verstohlen sah ich nach unten und versuchte einen weiteren Blick auf das unbekannte Mädchen zu erhaschen, doch sie war bereits aus meinem Blickfeld verschwunden. Nur noch ihr Lachen klang glockenhell zu mir herauf.
    »Hört Ihr das?«, sagte Ludwig und schaufelte sich eine weitere Portion dampfenden Kalbsbraten auf einen mit Schwänen verzierten Porzellanteller. »Dieses Gelächter ist Musik in meinen Ohren! Vielleicht nicht die Wagners, aber auf alle Fälle schöner als das Tuten der Lokomotiven und das Gebimmel dieser neumodischen Pferdebahnen in der Stadt.«
    »Die … junge Frau dort unten«, warf ich zaghaft ein und versuchte möglichst unbeteiligt zu klingen. »Ist sie eine Gouvernante?«
    Ludwig lachte und verschluckte sich beinahe an seinem Bissen. »Gouvernante? O Gott, nein! Das ist die Maria aus Oberammergau. Die Tochter eines Bauern und Holzschnitzers.« Ein Lächeln spielte um seine Lippen. »Ich hab sie gern um mich. Sie begleitet mich, hilft ein wenig in der Küche und sagt mir, was die Leute denken. Ihr seht, Marot, die Welt ist mir nicht gleichgültig.«
    »Wenn Euch die Welt nicht gleichgültig ist, Majestät, dann versprecht, dass Ihr nach München kommt!«
    Ludwig wurde schlagartig wieder ernst. »Was erlaubt Ihr Euch, Marot?«,

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