Die Ludwig-Verschwörung
beschaffen.«
»Und wenn er gar nichts mit den Guglmännern zu tun hat?«, warf Steven nachdenklich ein. »Denken Sie an die zwei Typen im Keller meines Antiquariats. Wir wissen immer noch nicht, wer das war. Und Sie haben selbst gesagt, dass Sie den Guglmännern solche Verbrechen nicht recht zutrauen. Was ist, wenn es nur vordergründig um den Tod Ludwigs II. geht? Warum sonst dieser ganze Verschlüsselungswahnsinn? Mittlerweile habe ich das Gefühl, dass etwas viel Größeres auf dem Spiel steht.«
»Und was sollte das sein?«
Sie schwiegen beide, während der Mini mit leisem Brummen weiter durch die sternklare Nacht rollte.
»Wenden wir uns lieber erfreulicheren Dingen zu«, sagte Sara schließlich. »Zum Beispiel Ihrer Idee mit dem Schlüsselwort.« Mit ein paar schnellen Klicks öffnete sie auf ihrem Macbook das zuvor heruntergeladene Dechiffrierungsprogramm. »MARIA also«, murmelte sie. »Warum nicht? Es könnte tatsächlich klappen.«
»Es wird klappen, ganz sicher«, erwiderte Steven und versuchte, sich gleichzeitig auf die dunkle Straße vor ihm zu konzentrieren. »Alles deutet darauf hin, dass MARIA das Lösungswort ist. Gesetzt den Fall, dass meine Vermutung mit dem Vigenère-Code zutrifft.«
»Und wenn nicht?«
»Dann werfe ich das Buch aus dem Fenster und gehe zur Polizei. Ich bin mit meinen Nerven am Ende. Das hier ist der letzte Versuch. Großer Coup hin oder her.«
Sara lachte leise. »Ich fürchte, für eine Umkehr ist es mittlerweile zu spät, Herr Lukas. Diese Männer machen nicht den Eindruck, als würden sie so leicht aufgeben. Wir haben schon zu viel rausgefunden. Selbst wenn die Polizei Ihnen glauben würde – für diese Unbekannten sind wir lästige Mitwisser. Denken Sie daran, was sie mit meinem Onkel gemacht haben.«
»Wollen Sie damit andeuten, dass ich nur die Wahl zwischen lebenslänglicher Flucht und einem schmerzhaften Foltertod habe?«, fragte Steven matt.
»Nicht, wenn wir schneller sind als unsere Verfolger. Wenn wir das Geheimnis lösen, finden wir vielleicht heraus, wer dahintersteckt. Erst dann sollten wir zur Polizei gehen.« Sara versuchte ein Lächeln. »Und jetzt lassen Sie uns gleich mal schauen, was die liebe Maria so für schmutzige kleine Geheimnisse hat.«
Sie nahm einen letzten tiefen Zug von ihrer Mentholzigarette, warf den Stummel aus dem Fenster und tippte Buchstabe für Buchstabe das Lösungswort in ihren Laptop.
»Das erste verschlüsselte Wort war QRCSOQNZO«, murmelte sie gedankenverloren.
»Das wissen wir doch längst!«, stöhnte Steven. »Jetzt machen Sie es doch nicht so spannend!«
»Eile mit Weile«, sagte Sara gleichmütig. »Mein Macbook hat zwar vier Prozessoren mit jeweils 2,6 Gigaherz, aber tippen muss ich schon noch selbst. Das braucht eben …«
Sie hielt inne und starrte auf das Wort auf dem Monitor.
»Was ist?« Stevens Stimme überschlug sich fast. »Hab ich recht gehabt? Ist MARIA das Lösungswort? Reden Sie doch schon!«
Sara nickte, während ihr Blick weiter auf den Bildschirm gerichtet war. »Bingo, Herr Lukas«, flüsterte sie. »Es sieht ganz so aus, als wären wir bei Jeopardy wieder eine Runde weiter. Was allerdings nicht heißt, dass wir jetzt schlauer wären.«
»Was meinen Sie damit?«, fragte Steven verblüfft.
»Sehen Sie selbst.«
Der Antiquar warf während des Fahrens einen kurzen Blick auf den Monitor. Im nächsten Moment hätte er den Mini fast eine Böschung hinuntergesteuert. Gerade noch rechtzeitig riss er das Lenkrad herum.
Eingabe
QRCSOQNZO
Ausgabe
ERLKOENIG
»ERLKOENIG?« Steven schüttelte verblüfft den Kopf. »Verdammt, was soll das heißen? Erlkönig?«
»Eine Ballade von Goethe über einen Vater mit seinem kranken Kind«, antwortete Sara, der der Laptop von den Knien gerutscht war. Mit schmerzverzerrtem Gesicht rieb sie sich ihren Ellbogen. »Und achten Sie gefälligst auf die Straße!«
»Ich weiß, was der Erlkönig ist, Frau Lengfeld. Aber was, um Himmels willen, soll uns der Titel eines Gedichts sagen?«
Sara zuckte mit den Schultern »Sie sind der Antiquar. Mein Steckenpferd sind Bilder, nicht die Interpretation langweiliger Schulgedichte.« Sie griff nach ihrem Laptop im dunklen Fußraum, wo der Bildschirm weiter vor sich hin flimmerte. »Gott sei Dank ist das Teil hier stoßfest.«
»Probieren Sie mal die anderen Wörter aus.«
Sara tippte die nächsten verschlüsselten Wörter in den Computer ein und lehnte sich schließlich zurück. »Na wunderbar«, murmelte sie.
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