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Die Ludwig-Verschwörung

Die Ludwig-Verschwörung

Titel: Die Ludwig-Verschwörung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Pötzsch
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Geheimnisse einweihen sollten?«, murmelte Steven, während er den Mini unter der buntbelaubten Eiche parkte. »Immerhin werde ich von der Polizei gesucht.«
    »Ich glaube nicht, dass Onkel Lu uns verraten würde. Und selbst wenn, dieses Risiko müssen wir eingehen. Zur Not hauen wir einfach wieder ab.« Sara stieg aus und ging auf das schiefe Häuschen zu. Sie drückte gegen das Gartentor, das sich quietschend öffnete. »Wenn wir diese verschlüsselten Wörter knacken wollen, dann vermutlich nur mit Hilfe von Albert Zöller. Er und mein Onkel kannten sich seit Jahrzehnten, sie haben sich immer wieder über Ludwig ausgetauscht.« Sie grinste Steven an. »Soviel ich weiß, war Zöller vor seiner Pensionierung Lokführer bei der Deutschen Bahn, aber seine Leidenschaft galt immer dem Märchenkönig. Paul meinte, dass Onkel Lu von allen Experten über die letzten Jahre des Königs mit Abstand am besten Bescheid weiß. Er hat jeden einzelnen Tag im Leben von Ludwig II. genau archiviert.«
    »Wieso eigentlich Onkel Lu?«, fragte Steven, während er Sara durch den Vorgarten mit seinen abgeernteten Kräuter- und Gemüsebeeten folgte. »Er heißt doch Albert, oder?«
    Augenzwinkernd drehte sich Sara um. »Können Sie sich das nicht selber denken?«
    Sie zog an einer rostigen Kette neben dem Eingang, woraufhin das Klingeln einer Glocke ertönte. Nach einer Weile hörten sie schwere schlurfende Schritte. Als sich die Tür endlich öffnete, trat Steven unwillkürlich einen Schritt zurück. Der Mann, der ihnen in ungebügeltem Hemd und fleckiger Hose gegenüberstand, war mindestens eins neunzig groß. Er war breit gebaut, um nicht zu sagen fett, mit fleischigen, von roten Äderchen durchzogenen Wangen und einem gewaltigen Schnauzer. Sein volles Haar war schwarzgrau meliert und so wirr, als wäre er gerade erst aufgestanden. Steven schätzte Albert Zöller auf mindestens siebzig. Sofort war dem Antiquar klar, warum Sara ihn Onkel Lu nannte.
    Wenn der Märchenkönig noch ein paar Jahrzehnte länger gelebt hätte, hätte er irgendwann genauso ausgesehen wie Zöller, schoss es ihm unwillkürlich durch den Kopf. Nun ja, vermutlich wäre er vorher an Herzverfettung und Gicht gestorben. Der Mann hier muss eine bemerkenswerte Konstitution haben.
    »Ja?«, brummte der Bär vor ihnen. Er trug eine bügellose Lesebrille, die in seinem breiten Gesicht lächerlich klein wirkte. Offenbar hatten Sara und Steven ihn trotz des frühen Morgens beim Studieren gestört. »Wenn ihr von den Zeugen Jehovas seid, dann schert euch zum Teufel. Ich bin der Antichrist.«
    Sara machte einen altmodischen Knicks. »Verzeihen Sie die frühe Störung, Herr Zöller. Ich bin die Nichte von Professor Paul Liebermann und …«
    »Liebermann?« Sofort wurde das Gesicht des knurrigen alten Mannes freundlicher. Er schaute Sara sorgenvoll an. »Mein Gott, ich hab von diesem grauenvollen Mord in der Zeitung gelesen. Der gute alte Paul. Es … es tut mir so leid.« Seine Stimme hatte einen angenehm bayerischen Klang, fast wie bei einem gemütlichen Märchenonkel.
    »Danke, Herr Zöller. Onkel Paul hat oft von Ihnen gesprochen.« Die Kunstdetektivin atmete tief durch, bevor sie weitersprach. »Um ehrlich zu sein, sind wir hier, weil wir mehr über seinen Tod herausfinden wollen. So wie es aussieht, hat der Mord etwas mit den Geheimnissen um König Ludwig II. zu tun.« Sie deutete auf Steven neben ihr. »Dieser Münchner Antiquar hier hat meinen Onkel als Letzter gesehen. Paul hat ihm etwas hinterlassen. Etwas Rätselhaftes, für das wir Ihre Hilfe brauchen.«
    »Moment mal.« Onkel Lu zog die Stirn in Falten, was ihm kurz das Aussehen eines zornigen Bisons gab. Unbeweglich musterte er Steven. Eine gefühlte Ewigkeit verstrich, bis Zöller sich endlich wieder rührte.
    »Sind Sie nicht der Bursche, den die Polizei im Zusammenhang mit dem Mord an Paul sucht?«, fragte er schließlich mit merkwürdig belegter Stimme.
    »Herr Zöller, Sie haben mein Wort, dass Herr Lukas nichts damit zu tun hat!«, warf Sara beruhigend ein. »Das ist ein großes Missverständnis. Lassen Sie uns nach drinnen gehen, und ich werde Ihnen alles Weitere erklären.«
    »Ihr Ehrenwort, hm?« Onkel Lu wog bedächtig seinen breiten Schädel, es schien, als würde er den Antiquar durch seine Lesebrille hindurch röntgen. »Also gut«, sagte er endlich. »Aber nur, weil Sie Pauls Nichte sind.«
    Abrupt drehte sich der Alte nach innen um, wobei er beinahe am Türrahmen anstieß. Sara und Steven folgten

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