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Die Ludwig-Verschwörung

Die Ludwig-Verschwörung

Titel: Die Ludwig-Verschwörung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Pötzsch
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zerknautschter Medizinball. »Es ist wohl an der Zeit, dass ihr mir ins Allerheiligste folgt. Und nehmt das hier um Himmels willen mit!« Er deutete auf das Kästchen mit dem Tagebuch. »Es darf auf keinen Fall in die falschen Hände geraten.«
    Ohne ein weiteres Wort schlappte er auf die hintere Tür zu.
    »Sie, äh … renovieren?«
    Enttäuscht sah sich Steven in dem angrenzenden Raum um. Er hatte eine Bibliothek erwartet, ein Arbeitszimmer, zumindest einen Schreibtisch mit Unterlagen. Aber was er hier vorfand, war eine Mischung aus Wohnraum und provisorischer Werkzeugkammer. Auf einem zerschlissenen Sessel stapelten sich Zeitungen, ein alter Volksempfänger aus Bakelit stand auf einem sonst leeren Bücherregal an der hinteren Wand. An der linken Seite reihten sich alte Obstkisten, aus denen verschiedene Bohrer, Schraubenzieher und ein Vorschlaghammer herausragten.
    »Entschuldigt, aber ich muss mal wieder ausbauen«, murmelte Onkel Lu. »Und seit meine Frau, Gott hab sie selig, nicht mehr lebt, lässt die Ordnung ein wenig zu wünschen übrig. Man vereinsamt eben zunehmend.«
    Steven nickte mitfühlend, wobei seine Anteilnahme eher der verstorbenen Gattin galt, die es mit diesem Kauz so lange ausgehalten hatte. Außerdem wunderte er sich, wo Zöller in dem kleinen verwinkelten Häuschen noch etwas ausbauen wollte. Ratlos sah der Antiquar Sara an, die nur mit den Schultern zuckte.
    »Was soll das hier?«, flüsterte Steven ihr zu. »Der Mann ist ein Messie! Wie soll der uns weiterhelfen?«
    »Klappe!«, zischte Sara. »Schauen Sie mal lieber da rüber.«
    Steven wandte sich wieder Onkel Lu zu, der mittlerweile vor dem leeren Bücherregal stand und es schnaufend zur Seite zog. Dahinter war eine Öffnung mit einer Treppe zu sehen, die nach unten führte.
    »Passt auf, die Stufen sind verflucht steil«, brummte Zöller, während er voraustappte. Verwundert folgten ihm Sara und Steven durch den schmalen Durchgang und gelangten schließlich in einen dunklen Keller. Als Zöller das Licht anknipste, hielt der Antiquar unwillkürlich den Atem an.
    Der Raum war mindestens so groß wie das gesamte Erdgeschoss über ihnen. Überall an den Seiten ragten bis zur Decke Regale aus feinstem gemaserten Kirschholz, die bis obenhin mit Büchern, Folianten und Aktenordern vollgestellt waren. In der Mitte des Kellers stand ein alter Mahagonitisch, darauf ein nagelneuer Computer, ein Laserdrucker und ein dazugehöriger Scanner. An Drahtseilen befestigte Halogenlampen tauchten die Szenerie in ein mattes Licht.
    »Meine Wunderkammer«, murmelte Onkel Lu. »Hier befindet sich alles, was die Welt über König Ludwig gesammelt hat.« Er deutete auf die gegenüberliegende Wand. »Hinter einem der Regale ist noch ein weiterer Raum, den ich zurzeit ausbaue. Der Strom der Gerüchte und Informationen über den Märchenkönig reißt nie ab.«
    Mit offenem Mund starrte Steven auf das gewaltige Archiv. Er kannte einige große Privatsammlungen, doch das hier überstieg seine Vorstellungskraft.
    »Wie … wie viele Bücher stehen denn hier?«, fragte er mit leiser Stimme.
    »Exakt 3157 Exemplare«, erwiderte Onkel Lu stolz. »Einige davon in Japanisch und sogar Finnisch. Außerdem ungezählte eingescannte Akten, Zeitungsartikel und zahlreiche andere Informationen auf meiner Festplatte. Es ist wirklich erstaunlich, was für ein Echo ein einzelner Mann weltweit erzeugen kann. Aber das Wertvollste befindet sich hier.«
    Zöller schritt auf ein gerahmtes Ölgemälde des Königs zu, das zwischen zwei Regalen aufgehängt war. Als er es abnahm, kam dahinter ein Safe zum Vorschein. Mühsam stellte der Alte die Kombination ein und holte schließlich ein Bündel hervor, das er andächtig auf den Schreibtisch legte.
    Erst auf den zweiten Blick erkannte Steven einen zerrissenen hellen Sommermantel. Auf Höhe des Rückens befanden sich zwei murmelgroße, schwarz umrandete Löcher. Flecken geronnenen Blutes waren überall auf dem Kleidungsstück zu sehen.
    »Der Mantel des Königs«, flüsterte Albert Zöller. »Das war der Mantel, den er in der Mordnacht getragen hat.«
    Sara bohrte ihren Zeigefinger in eines der ausgefransten schwarzen Löcher. »Die stammen wohl wirklich von Einschüssen«, murmelte sie. Sie wandte sich an Albert Zöller. »Aber woher wollen Sie wissen, dass das hier wirklich der Mantel ist, den der König in seiner Todesstunde trug? Er könnte jedem x-Beliebigen gehört haben.«
    Onkel Lu schüttelte heftig den Kopf. »Der Mantel stammt aus

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