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Die Ludwig-Verschwörung

Die Ludwig-Verschwörung

Titel: Die Ludwig-Verschwörung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Pötzsch
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stiernackiger Choleriker, der Untergebene gerne mit Maulschellen traktierte. Zehn Prozent Provision hatte er aus den Welfenfonds-Millionen kassiert, Geld, mit dem Bismarck den bayerischen König nach dem Siebziger-Krieg bestochen hatte, um einen Hohenzollern auf den Thron des deutschen Kaisers zu hieven. Seit Jahren schon intrigierte Holnstein gegen seinen eigenen König.
    »Was ist mit Dr.   Gudden?«, warf ich ein. »Wenn man ihn überzeugen könnte, dass dieses Gutachten nur dazu dient, einen Staatstreich vorzubereiten, ließe er vielleicht mit sich reden.«
    »Ich kenne Bernhard von Gudden«, erwiderte Dr.   Loewenfeld und rieb sich müde die Schläfen. »Ein hochintelligenter, ehrgeiziger Mann, und vor allem eines: eitel. Das Gutachten gegen den König ist die Krönung seiner Laufbahn. Damit macht er in ganz Europa von sich reden. Das lässt er sich nicht nehmen.«
    »Ich finde, Marot hat recht«, wandte sich Hermann Kaulbach an die anderen. »Wir sollten Dr.   Gudden kontaktieren. Einen Versuch wäre es immerhin wert. Vielleicht ist er ja bestechlich.«
    »Ach, und mit was sollen wir ihn bestechen?« Graf Dürckheim schnaubte ärgerlich und zündete sich eine zweite Zigarre an. »Der König ist nicht mehr liquide! Trotzdem baut er weiter und weiter. Noch heute Nacht will er nach Herrenchiemsee weiterreisen, um die Arbeiten am Schloss zu überwachen. Das alles ist ein Alptraum ohne Ende! Begreifen Sie doch endlich!«
    »Meine Herren, ich bitte Sie! Contenance!« Der alte Dr.   Loewenfeld hatte sich von seinem Sessel erhoben. Den Gehstock umklammernd musterte er jeden Einzelnen von uns nun aufs Schärfste. Noch einmal sprühte aus seinen Augen jene Autorität, für die ich ihn immer bewundert hatte.
    »Es hat keinen Sinn, wenn wir uns gegenseitig anschreien«, murmelte er schließlich. »Damit können wir unseren König auch nicht retten. Ich schlage deshalb Folgendes vor: Kaulbach und ich versuchen einen Kontakt mit Dr.   von Gudden herzustellen. Vielleicht ist noch nicht alles verloren. Währenddessen sollten Sie, Graf Dürckheim, und auch Stallmeister Hornig weiterhin dem König ins Gewissen reden, wieder an die Öffentlichkeit zu gehen.«
    »Das können Sie vergessen«, knurrte Dürckheim. »Seine Majestät gab mir gerade den Auftrag, nach England zu reisen und den Herzog von Westminster um zehn Millionen Mark anzubetteln. Ich werde Ludwig mit den Intriganten und Speichelleckern also alleinlassen müssen.«
    »Und Sie?«, fragte Dr.   Loewenfeld den Stallmeister hoffnungsvoll.
    Richard Hornig zögerte, bevor er antwortete. »Ich muss Sie enttäuschen. Der König hat mich vor kurzem aus dem Dienst entlassen. Ich bin hier, weil ich ihn liebe – auch wenn diese Liebe nicht mehr erwidert wird.«
    »Guter Gott, Hornig!«, rief Dürckheim. »Was um Himmels willen ist denn passiert?«
    »Nun, ich habe einen Auftrag erhalten, den ich partout nicht ausführen wollte.«
    »Befehlsverweigerung?« Der Offizier runzelte die Stirn. »Um was für einen Auftrag handelte es sich denn?«
    »Ich … ich sollte einen Bankraub in Frankfurt vorbereiten.«
    Bleierne Stille trat ein.
    »Bitte kneifen Sie mich, damit ich aufwache«, meldete sich schließlich Kaulbach zu Wort. »Sie sollten für den bayerischen König eine Bank ausrauben?«
    Der Stallmeister nickte. »So lautete der Befehl Seiner Majestät. Wenn er anderweitig nicht mehr an Geld kommt, will er auf diese Weise weiterbauen.«
    »Ein König als Bankräuber!« Dr.   Loewenfeld seufzte tief. »Vielleicht ist Ludwig doch wahnsinnig, und die Minister haben recht.«
    »Er hat seine Launen, aber er ist nicht verrückt«, sagte ich mit fester Stimme. »Lassen Sie mich den König überzeugen, dass er nach München kommt. Er hat bereits angedeutet, dass er mich mit nach Herrenchiemsee nimmt. Ich werde dort alles tun, um ihn umzustimmen.«
    Kurz spürte ich, wie alle Blicke im Raum auf mich gerichtet waren. Es war so still, dass man die Dienstmädchen draußen im Garten lachen hören konnte.
    »Also gut.« Dr.   Loewenfeld klopfte mit seinem Stock auf den Boden. Es klang, als pochte das Schicksal an die Tür. »Dann ist es entschieden. Marot geht mit dem König nach Herrenchiemsee, Kaulbach und ich reden mit Gudden. Von unserem heutigen Gespräch darf kein Wort nach außen dringen. Schwören Sie bei Gott und dem König.«
    Wir alle hoben die Hand zum Schwur. Der königliche Leibarzt sah uns alle ernst an, bevor er schließlich weitersprach: »Eines muss Ihnen allen klar

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