Die Luecke im Gesetz
damaligen Zeitpunkt beide arbeitslos gewesen und hätten dieses Verhalten des Vermieters als großes Entgegenkommen betrachtet. Zwar hätte ihnen der Vermieter gesagt, dass sie sofort ausziehen müssten, wenn er die Wohnung bräuchte, da sie aber damals extrem in Not waren, kam ihnen diese Auflage gar nicht so nachteilig vor.
Nun aber war es so weit, der Vermieter hatte ihnen gesagt, dass er die Wohnung bräuchte und sie sofort ausziehen müssten. Manuela S. und ihr Freund glaubten, dass sie kaum eine Chance hatten. Sie erklärten mir, dass sie keinen Mietvertrag hätten und der Vermieter sie deshalb jederzeit rauswerfen könne. Sie wollten ja auch aus der Wohnung ausziehen, aber es ging ihnen darum, dass ich für sie einen Aufschub von einer Woche erreichte, damit es ihnen möglich sei, eine Ersatzwohnung zu finden.
Ich fragte sie, ob s ie denn mit der Wohnung zufrieden seien und ob sie überhaupt ausziehen wollten? Die Wohnung würde eigentlich ihren Bedürfnissen entsprechen, es sei ein ruhiges Haus, und es würden nur sechs Parteien im Haus wohnen, erhielt ich zur Antwort.
Ich setzte mich mit dem Vermieter in Verbindung und teilte ihm mit, dass ich nun in dieser Angelegenheit mandatiert sei. Das Erste, was ich von ihm hörte, war, dass meine Mandanten ein »undankbares Pack« seien und ich schon sehen würde, was ich von derlei Mandanten hätte.
Nun erlebt man es als Anwalt häufiger, dass die Gegenseite einem erklären will, dass der eigene Mandant nicht nur lügt, sondern zu der Sorte Mensch gehört, für die es sich nicht lohnt, irgendeinen Einsatz zu bringen. Offen gesagt hat mich eine jahrzehntelange Erfahrung gelehrt, dass dies in den allerwenigsten Fällen so ist.
Aber zurück zu diesem Fall. Als ich den Vermieter nun fragte, warum er denn wolle, dass meine Mandanten ausziehen, antwortete er mir, dass er die Wohnung für andere Zwecke benötige. Er hätte Freunde, und diese sollten nun in die Wohnung einziehen, er hätte es ihnen versprochen. Zudem hätten meine Mandanten keinen Mietvertrag, weshalb sie völlig rechtlos dastünden.
Als ich versuchte, dem Vermieter zu erklären, dass zwischen ihm und meinen Mandanten ein Vertrag zustande gekommen sei, auch wenn es keinen schriftlichen Vertrag gebe, legte er den Hörer einfach auf. Es war weder möglich, mit ihm eine Verständigung zu erreichen, noch war es möglich, mit ihm ein vernünftiges Wort zu wechseln. Er war tatsächlich der Auffassung, dass er ohne jegliche Einschränkungen die Wohnung an wen auch immer und zu welchen Konditionen auch immer vermieten könne.
Wir zogen vor Gericht. Dort haben wir feststellen lassen, dass meine Mandanten einen gültigen Mietvertrag besaßen. Wenn sich nämlich Vermieter und Mieter darüber einig werden, dass der eine die Wohnung bewohnen soll und dafür ein gewisses Entgelt bezahlt, ist ein Mietvertrag zustande gekommen, ob es nun einen schriftlichen Mietvertrag gibt oder nicht. Die mündliche Vereinbarung reicht völlig aus.
So konnten meine Mandanten noch zweieinhalb Jahre in der Wohnung wohnen bleiben. Sie zogen erst aus, als sie eine größere Wohnung brauchten und diese auch bezahlen konnten.
Merke: Ein rechtsgültiger Mietvertrag kann auch mündlich geschlossen werden!
2. Der Eigenbedarf
Stellen Sie sich vor, Sie haben einen Mieter im eigenen Haus. Dieser Mieter verhält sich Ihnen gegenüber respektlos, er benimmt sich im Haus so, als wäre er der Eigentümer und lässt Sie dies auch spüren. Sie haben keine Lust mehr, mit diesem Mieter im eigenen Haus zu leben und wollen ihn loswerden.
Die Frage ist nur: Wie?
Genauso ist es Kai K. gegangen. Er hatte seinem Mieter gekündigt, die Frist hatte er angemessen berechnet, der Mieter zog jedoch nicht aus. Nun saß Kai K. vor mir und wollte wissen, wie er den Mieter loswerden könne. Da die Vorkommnisse nicht für einen Kündigungsgrund reichten, fragte mich Kai K., ob er dem Mieter nicht wegen Eigenbedarf kündigen könne. Ich machte ihn darauf aufmerksam, dass er an den Mieter eventuell Schadensersatz bezahlen müsse, wenn er eine unberechtigte Eigenbedarfskündigung aussprechen würde. Kai K. ängstigte das nicht. Natürlich gelte es, eine Schadensersatzforderung zu vermeiden, erklärte er, aber auf die Mieteinnahmen sei er nicht angewiesen. Er wollte die Wohnung lieber leer stehen lassen, als weiterhin mit diesem Mieter in seinem Haus wohnen zu müssen.
Als ich ihm erklärte, dass vom Gericht überprüft werde, ob er tatsächlich einen eigenen Bedarf
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