Die Lüge im Bett
zugetraut. Sie hat ihn richtiggehend an die Wand geredet! Und sie staunt auch über ihr Team. Alle stehen hinter ihr. Ein schönes Gefühl.
»Also, was ist jetzt Sache?« fragt Tom. »Kriegen wir diesen Senhor Oberfuzzi beim Wickel oder nicht?« Er wetzt zwei Frühstücksmesser aneinander. Nina muß lachen.
»Dürfte ich bitte so lange an den Strand?« fragt Gerd unschuldig, »Ich bin überzeugter Kriegsdienstverweigerer. Pazifist. Ihr versteht schon ...«
»Einer für alle, alle für einen«, meldet sich Herbert zu Wort.
»Wir räuchern das Nest jetzt aus. Und du machst mit, du Grünschnabel. Ein Assistent hat zu assistieren, egal bei was. Verstanden?«
Leo grinst nur. »Und jetzt erzähl mal, welche Untat du in deinem süßen Köpfchen gerade ausheckst. Allein wirst du es ja wohl nicht schaffen!«
Und dann schildert Nina ihren Plan. Tanja Tavares hat ihr eine Adresse gegeben, die noch heißer ist als Senhor Alves, die »graue Eminenz«. Es dreht sich um Senhor Ferreira, einen reichen Polizeipräsidenten a. D., der in der Stadt die Fäden zu ziehen scheint. Nina hat sich vorgenommen, eine Stellungnahme von Senhor Ferreira zu den Vorgängen zu bekommen, und möchte bei ihm mit der Recherche anfangen. Es fehlen aber auch noch Aufnahmen von der Stadt, zudem wollen sie auch noch einige Jugendliche quer durch alle sozialen Schichten interviewen, deshalb schickt Nina das Team allein los. »Für die Interviews schreibe ich euch ein paar Fragen auf, und außerdem schicke ich euch noch Suzanna«, verspricht sie großzügig und macht einen Treffpunkt mit ihnen aus. Dann geht sie an das Hoteltelefon und ruft Suzanna an. Sie soll bei Senhor Ferreira einen Termin für das deutsche Fernsehen verabreden.
Überraschend schnell nimmt Suzanna ab. »Soeben habe ich mit Bernd telefoniert«, erklärt sie. »Er ist völlig aus dem Häuschen.«
»Das kann ja nur bedeuten, daß er etwas zu verbergen hat.«
Suzanna zögert. »Es ist nicht gut für ihn, wenn ihm die Kontrolle über etwas entgleitet.«
Nina wickelt die Telefonschnur um ihren Finger. Also entgleiten sie. Es muß folglich eine Linie geben, an die er sich halten muß. »Ich verstehe«, sagt sie schließlich. Dann bittet sie Suzanna um ihre Hilfe bei Senhor Ferreira.
Suzanna muß fast lachen: »Du glaubst doch nicht, daß ihr so einfach dort hineinspazieren könnt?« Ihre Stimme wird ernst. Eindringlich warnt sie vor einer solchen Aktion.
Nina stöhnt: »Jetzt fängst du auch noch an. Ich verstehe nicht, was die ganze Aufregung soll!«
»Das kannst du auch nicht verstehen. Du bist jetzt drei Tage hier. Was kann man in so kurzer Zeit überhaupt verstehen?«
Nina schweigt einen Moment. »Probier's trotzdem«, sagt sie leise.
»Auf deine Verantwortung!«
»Natürlich auf meine Verantwortung!«
Als Nina auflegt, sagt sie zu dem Mädchen hinter der Rezeption: »Was soll mir schon passieren!«
Die nickt ihr freundlich zu: »Sim, sim!« Ja, ja.
Es ist leichter als gedacht, anscheinend hat Suzanna wirklich ausgezeichnete Verbindungen: Nina bekommt einen Interviewtermin für den gleichen Abend.
DAS ZEICHEN
Der Bus fährt pünktlich vor, alle steigen ein - bis auf Suzanna. Sie ist nicht zur verabredeten Zeit erschienen. An der Rezeption erfährt Nina, daß sie eine Nachricht hinterlassen hat: Sie habe starke Migräne und könne leider nicht mitkommen. Aber Senhor Ferreira spreche sehr gut Englisch, ein Interview werde kein Problem sein.
»Daß Frauen immer dann Migräne bekommen müssen, wenn's zur Sache geht!« beschwert sich Leo und nimmt seine Kamera zärtlich auf den Schoß. Sie fahren allein los, an der Copacabana entlang, biegen irgendwann ab. Leo wird als erster mißtrauisch. »Wo fährt der denn mit uns hin?«
Die Gegend ist nicht feudaler geworden, wie eigentlich zu erwarten gewesen wäre, sondern schmutziger, verwahrloster, bedrohlicher.
Tom will eben nach vorn gehen, um zu fragen, ob der Busfahrer die Adresse auch richtig verstanden habe, als der anhält, die Tür öffnet und hinausspringt. Fast im selben Moment stehen zehn bewaffnete, maskierte Männer im Bus. Zum ersten Mal in ihrem Leben starrt Nina in den Lauf einer Waffe.
»Scheiße!« sagt Leo. »Das Ende einer Dienstfahrt!«
Einer der Männer reißt Leo die Kamera weg. Als dieser instinktiv danach greift, schlägt der Maskierte ihm die Waffe gegen den Kopf. Leo blutet und läßt sofort los. Alles, was sich im Bus an Geräten befindet, wird eingesammelt und zum Ausgang nach vorn durchgereicht.
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