Die Lüge im Bett
und alt. Aber einen straffen, schönen Körper kannst du dir nicht kaufen. Höchstens einen fremden, aber das sei mal dahingestellt. Vielleicht ist der Strand ja die kleine Rache der Armen an den Reichen.«
»Hört, hört, Nina philosophiert. Habe ich etwa was verpaßt?« Unbemerkt ist Nic hereingekommen.
Tom schaut ihn herausfordernd an: »Das verstehst du doch nicht!«
»Was verstehe ich nicht?«
»Dazu hätte er dabeisein müssen«, stimmt Leo Tom zu.
»Ich verstehe nur Bahnhof. Aber wenn irgendwas Bedeutsames passiert ist, habt ihr doch sicherlich gedreht - nehme ich zumindest an. Dann kann ich es mir anschauen und komme vielleicht aufs gleiche Niveau.«
»Aber nur vielleicht«, spöttelt Tom weiter.
Aber Nina ist mit ihren Gedanken schon wieder ganz woanders, in Nics Zimmer nämlich und in seinem Bad. Aber das ist ja ein altes Lied, und deshalb steigert sie sich gar nicht erst hinein. Was spielt es schon für eine Rolle, ob er sie begehrt oder nicht. Eigentlich gäbe es ja wirklich Wichtigeres auf dieser Welt ...
Sie sichten das gesamte Material des Tages. Das Band mit dem Interview vom Vormittag legen sie nach einer kleinen Kostprobe schnell auf die Seite. Die Szenen am Strand sind gelungen. Selbst Tom wäre klasse einzubauen, als typischer Deutscher, der sich käseweiß, aber selbstbewußt, mit kleinen Speckröllchen in der Hüftgegend, in die pralle Sonne legt und auf ein kleines Abenteuer wartet.
»Seid ihr bescheuert?« schreit Tom und springt hoch.
Aber alle schütteln sich aus vor Lachen. Nic legt dabei kurz den Arm um Ninas Schulter. Wie gerne hätte sie sich gleich an ihn gekuschelt. Aber er zieht sich sofort wieder in sein Schneckenhaus zurück. Wie kann sie ihn nur knacken, seinen Panzer, überlegt sie krampfhaft. Sie spürt zwar eine Annäherung, aber die ist zaghafter als ein verdammter Frühlingshauch!
Überraschend fragt Nic am Schluß, ob sie miteinander essen gehen wollen, und zu dritt nehmen sie ein Taxi, die eingespielte Crew. Nina triumphiert, denn jetzt sitzt sie in der Mitte, und Nic beginnt offenbar, sie als Frau wahrzunehmen!
Scheinbar endlos lange fahren sie am Strand entlang, hinaus aus der Stadt. Nina hat die Adresse aus ihrem Brasilienführer, ohne zu ahnen, daß es so weit sein würde. Allzu verlockend wurden da Küche und Lage des Restaurants beschrieben, als daß sie länger überlegt hätte.
»Ich kriege allmählich Hunger!« klagt Leo nach kurzer Zeit, »wann sind wir denn endlich da?«
Nic schaut skeptisch aus dem Fenster: »Der fährt wie ein Berserker. Hoffentlich erleben wir das Essen überhaupt noch. Hast du reserviert?«
Nina nickt. Klar, sie ist Redakteurin, Journalistin, Autorin, Moderatorin, Aufnahmeleiterin und Freizeitgestalterin in einem. Natürlich hat sie reserviert. Mal bloß keine Panik!
Das Restaurant liegt wirklich sehr schön, eingebettet in dunkle Felsen, direkt am Meer. Bis auf vier besetzte Tische ist der große Raum leer. Ein fünfter am Fenster ist eingedeckt, der Kellner führt sie hin. Sie setzen sich und bestellen jeder ein kühles Bier gegen den Durst. Nina studiert die Speisekarte, legt sie beiseite und schaut hinaus. Die Gischt sprüht gegen die großen Scheiben, perlt in Millionen winziger Tropfen hinunter, um schließlich im dichten Moos, das sich überall in den Ritzen und Fugen festgesetzt hat, zu verschwinden.
»Ich war noch überhaupt nicht im Wasser«, sagt Nina plötzlich.
»Das ist ein Fehler. Es ist herrlich!« Nic zwinkert ihr zu. Salz auf der Haut, denkt sie. Köstlich! Wie gern würde sie mit ihrer Zungenspitze sanft über seinen Rücken gleiten, die Sonne schmecken, das Salz, die Wärme seiner Haut. Der Ober steht am Tisch und fragt nach ihren Wünschen. »Seafood«, bestellt Nina in der Hoffnung, verstanden zu werden. Er empfiehlt ihnen auf englisch die verschiedensten Meerestiere, und ebenso erleichtert wie hungrig bestellen die drei fast alles, was der Kellner ihnen vorschlägt.
»Haben wir überhaupt genug Geld dabei?« flüstert Leo, kaum daß der Kellner vom Tisch weg ist.
Nina klopft vielsagend auf ihren Brustbeutel. »Ich kann uns auslösen. So low kann das Budget doch gar nicht sein!« Leo grinst, und Nic schaut sie verständnislos an.
Unvermittelt fragt Leo: »Wie hältst du es eigentlich mit diesem Typen da aus, der dich zum Flughafen gebracht hat? Diesem personifizierten Möchtegern Sven Soundso? Diesem Aufschneider vom Sender?«
Nina ist perplex. Das hier! Und gerade jetzt! Sie hätte sich ja gerne
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