Die Lüge im Bett
hat mich heute abend eingeladen, er will mich groß ausführen!« schwindelt sie.
Ihre Mutter schaut auf: »Ach so? Ich dachte schon ... dann ist ja gut! Ich wünsche euch viel Spaß!«
DIE EINLADUNG
Das Wochenende war der reinste Horror. Am Sonntagabend war sie fast soweit, daß sie zu ihren Eltern gefahren wäre. Ein bißchen Gesellschaft hätte ihr vielleicht wirklich gutgetan. Aber sie ist während der Schulzeit regelmäßig vor solchen Abenden mit Bowle und Steak oder Punsch und Fondue geflohen. Warum sollte sie sich das jetzt freiwillig antun?
Dann vielleicht doch lieber allein ins Kino. Aber die Schlange vor der Kasse ist lang. Bis Nina an der Reihe ist, gibt es nur noch Karten für Filme, von denen sie noch nie gehört hat. Nina löst trotzdem eine Karte und setzt sich mit viel Popcorn und einer großen, kalorienreichen Cola in einen fast leeren Saal. Sie hat ein wunderbar schnulziges Liebesdrama erwischt und kann ungestört zwei Stunden lang Rotz und Wasser heulen.
Der Montagmorgen ist ein Lichtblick. Nina hat Sven das ganze Wochenende über nicht gesehen, sie springt früh aus dem Bett, duscht sich, cremt sich sorgfältig ein, zieht ihre zweitbeste Unterwäsche aus der Kommode, genießt es, daß ihr heute kein ungebetener Mann zwischen die Beine greifen kann, trällert vor sich hin, schlüpft in enge Jeans und legt sich das schicke schwarze Jackett zurecht, das ihr Sven noch zum letzten Geburtstag geschenkt hat. Sie schminkt und kämmt sich sorgfältig und tritt schließlich, wie bei der Begutachtung eines Kunstwerks, vor dem Spiegel einen Schritt zurück und betrachtet sich ausgiebig. Doch, sie kann sich sehen lassen! Es sollte doch für Nic nicht so schwierig sein, sich heute in sie zu verlieben!
Bei der kleinen Morgenbesprechung wird Sven von Elke vertreten, und Nina bekommt prompt einen Auftrag. Es gibt da nur zwei Probleme - sie kann niemanden fragen, warum Sven nicht da ist, und sie will eigentlich keinen Auftrag, weil sie dann nicht bei Nic sein kann. Sie hat sich so auf diesen Tag gefreut!
Sie läuft schnell in die Schneideräume. Nic und Birgit sitzen schon da, schauen sich konzentriert und schweigend die ersten Einstellungen an. Mit klopfendem Herzen setzt Nina sich dazu. Beim letzten Bild nickt Nic zufrieden, steht auf und begrüßt Nina herzlich.
»Toll siehst du heute aus«, sagt er anerkennend. »Hattest wohl ein himmlisches Wochenende?«
»Nun«, Nina will nicht als Mauerblümchen dastehen, »schlecht war's nicht. Ganz und gar nicht!«
»Kein Wunder, wenn man so aussieht!« Hinter seinem Rücken zaubert er ein kleines Päckchen hervor. »Ich habe dir einen kleinen Gruß aus London mitgebracht! Ich dachte, du magst es!«
»Oh!« Nina ist völlig überrascht, löst sorgsam die kleine rote Schleife von dem dunkelgrünen Papier. »Harrods« steht in kleiner Schrift darauf. Vorsichtig zieht Nina am Papier, der Tesafilm löst sich, ein gelblich gefülltes Glas fällt fast heraus. Nina greift schnell danach und dreht es um, damit sie das Etikett lesen kann. Es ist Ingwermarmelade. »Nein!«
»Magst du das nicht?« fragt Nic enttäuscht.
»Doch, sogar sehr!« lacht Nina begeistert und fällt ihm um den Hals.
Endlich hat sie einen Grund dazu, denn in diesem Fall hat sie in ihrem gestrigen Tagtraum natürlich sich selbst im Himmelbett gesehen. Die blonde Nadine an seiner Seite war nur eine Täuschung. Wer steht im Zeitalter der Blondinenwitze schon auf blonde Frauen! Schwarz ist Favorit! Sie hätte ihn abküssen mögen, hier und auf der Stelle, aber sie beherrscht sich und beläßt es bei einer herzlichen Umarmung. Er lacht fröhlich und setzt sich dann wieder.
Nina rückt ihren Stuhl zurecht, da fällt ihr Blick auf ein zweites Glas. Es steht vor Birgits Platz und ist ebenfalls gelb. Das darf nicht wahr sein! Er hat es mit Mengenrabatt gekauft! Oder bietet ein Himmelbett drei Personen Platz?
»Ich muß heute leider drehen«, sagt sie schnell, um ihre Enttäuschung zu verbergen.
»Da ist doch wunderbar für dich«, Nic dreht sich nach ihr um, »ich habe mich schon gefragt, wie du dir hier als Freie dein Geld verdienst!«
Das frage ich mich manchmal auch, denkt Nina. »Ich finde es nur schade - weil wir doch gerade heute Tanja Tavares schneiden. Ich wäre gern dabei gewesen!«
»Keine Sorge, sie kommt zu ihrem Recht!« Nic zwinkert kurz und verschwörerisch, dann wendet er sich wieder Birgit zu, die Nina bedauernd zunickt. Ob sie etwas ahnt? Wahrscheinlich schon. Ein Blinder,
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