Die Lüge im Bett
Jungmädchenlachen.
»Ich kenne ihn doch noch gar nicht«, wundert sich ihre Mutter.
»Mußt du auch nicht, aber Nikki, Nic und Nina. Das klingt doch wie vorbestellt!«
Nina verabschiedet Nic, wie vor einer Woche, unten am Tor. Aber heute ist sie selig, unbeschreiblich glücklich, weiß vor lauter Energie nicht, wohin.
Sie fährt nach Hause, beginnt schon mal alle Sachen für München zusammenzusuchen. Und plötzlich kann sie auch dem Umzugsgedanken sehr viel mehr abgewinnen. Wohin, ist ihr dabei erst mal völlig egal. Nur weg von Sven! Viel ist es sowieso nicht, was ihr in Svens Wohnung gehört. Ihre eigenen Möbel hat sie untergestellt, denn Sven war schon komplett eingerichtet, und außerdem, wenn sie ehrlich ist, waren ihre Sachen sowieso kaum der Rede wert. Nina holt ihre Koffer und vier Umzugskartons aus dem Keller und beginnt noch in derselben Nacht zu packen. Morgens um vier legt sie sich zufrieden ins Bett.
Bis auf einige Kleider und ihr Beauty-case ist sie startbereit. München, ich komme, jubiliert sie und massiert ihre Bauchdecke. Ein bißchen könnte nach den vielen Sitz- und Naschstunden im Schneideraum wieder runter. Nina verordnet sich strenge Diät und schläft glücklich ein.
Am nächsten Morgen steht unvermutet Sven in der Schlafzimmertür. »Klasse, du hast gepackt. Darf man fragen, wo es hingeht?«
Nina reibt sich die Augen. »Nach München«, sagt sie automatisch, hätte sich aber, kaum daß es heraus ist, am liebsten die Zunge abgebissen.
»Soso, die neue Liebe wohnt also in München. Kann ich raten?« Er lehnt lässig im Türrahmen. Der braunen Gesichtsfarbe nach zu schließen, war er entweder in den Alpen Ski fahren oder in der Karibik segeln.
»Ich rate ja auch nicht, in welcher Etage deine neue Liebe arbeitet«, kontert sie und überlegt, ob sie Nadine in der letzten Zeit im Sender gesehen hat. Zu dumm, daran hat sie überhaupt nicht gedacht! Es wäre so leicht gewesen herauszufinden, ob Nadine zufällig auch gerade im Urlaub war!
»Ich weiß zwar nicht, was das jetzt wieder heißen soll, aber wie immer wirst du schon recht haben, meine Kleine!« Damit dreht Sven sich um und geht hinaus.
Nina greift nach ihrem Bademantel und geht um die Kartons herum ins Bad. Dort stehen neben ihrer Zahnbürste noch zwei weitere. Wo kommen die jetzt auf einmal her?
Nina putzt sich gewissenhaft ihre Zähne und studiert dabei die Borsten vor ihrer Nase. Sind sie neu? Hat sie Sven nur hingestellt, um sie zu ärgern? Oder werden sie tatsächlich benutzt? Und wenn ja, dann beide von Sven? Putzen sich Frauen vielleicht erkennbar anders die Zähne? Ließe sich da ein Unterschied feststellen?
Sie geht ins Schlafzimmer zurück. In der Zwischenzeit hat Sven ihr Bett abgezogen und drei weitere Koffer zu ihren gestellt. Augenscheinlich Einzugskoffer. Knallig rot und in verschiedenen Größen. »Interessant«, Ninas bewundernder Ton ist ein wenig spöttisch.
Sven kommt eben mit einem roten Beauty-case herein. Er reagiert nicht auf ihren Zynismus. »Ich hoffe, du hast ein großes Auto unten stehen«, sagt er und betrachtet demonstrativ ihr Gepäck. »Obwohl, ein Mini dürfte für deine . Reichtümer ja allemal ausreichen!«
Nina nimmt sich ihre Kleider, um sich im Bad anzuziehen.
»By the way«, hält Sven sie auf, »du hast doch eine Privathaftpflichtversicherung. Melde der doch mal deinen Schaden im Badezimmer. Ich sehe es nicht ein, daß ich für deine Schusseligkeit auch noch löhnen soll!«
»Schusseligkeit ist kein angemessenes Wort«, sagt Nina trocken und schließt die Tür hinter sich. Das wird ihn, den Sprachfanatiker mit schwäbischem Akzent, besonders treffen. Aber es beantwortet nicht ihre dringende Frage, wohin sie ihre Umzugskartons bringen kann und wie sie sie transportieren soll.
Wen er mitgebracht hat, verschweigt Sven. Aber die Situation ist auch so mehr als ärgerlich für Nina, denn so schnell wollte sie überhaupt nicht ausziehen. Sie wollte für den Fall X startbereit sein, aber hatte eigentlich an einen Zeitpunkt irgendwann nach Weihnachten gedacht. Jetzt aber kann sie noch nicht einmal mehr fragen, ob sie die Kisten so lange bei Sven stehen lassen könnte. Das wäre ein Zugeständnis an ihn, und diesen Triumph will sie Sven nicht gönnen.
»Der Wagen kommt gleich«, ruft sie ihm zu, schnappt ihre warme Daunenjacke und will aus der Tür huschen.
»Deinen Schlüssel kannst du dann in den Briefkasten werfen«, ruft er ihr nach.
So leicht ist das also, denkt Nina, während sie
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