Die Lüge im Bett
allem schuld!
Und überhaupt, hat er in Brasilien nicht erzählt, daß er Single sei? Alleine lebe?
Gabriel wird eine Eintagsfliege sein - reif für die Ablösung! Sie ist nicht sechs Stunden gefahren, um sich einen Gabriel vor die Nase setzen zu lassen. Sie wird kämpfen. Um ihren Stolz. Und um Nic und ihre gemeinsame Zukunft. Mit den Waffen der Frau. Wäre doch gelacht. Wozu hat sie den Body und den ganzen Fummel dabei! Sechs Wochen gibt sie Gabriel, um seine Sachen zu packen!
Nina steht auf, atmet einmal tief durch und geht Gabriel mit wackligen Knien hinterher.
Die Küche ist schwarzweiß gefliest, und auch die Möbel sind schwarzweiß.
Nic hebt sich in seinem schwarzen Pullover kaum davon ab. Mit ausgebreiteten Armen kommt er auf sie zu: »Nina, ich freue mich so, daß du da bist!«
»Ich mich auch«, sagt Nina und läßt sich in ihn hineinsinken. Sie spürt ihn. Mein Gott, sie spürt ihn, nur getrennt durch einen Pullover, einen dünnen Kleiderstoff und einen schwarzen Body. Fast Haut an Haut. Fast! Er hält sie von sich, schaut sie lachend an und drückt ihr rechts und links einen dicken Kuß auf. Es trifft beide Male die Mundwinkel, denn Nina denkt mit.
»Komm, ich zeig dir die Wohnung!« Er legt ihr den Arm um die Schultern und führt sie herum. Er tut so, als sei alles in bester Ordnung. Aber da spiel ich doch allemal mit. Der soll mich kennenlernen. Ein riesiges Wohnzimmer mit Erker und durch zwei Flügeltüren getrenntem Eßzimmer, das, großbürgerlich in der Anlage, durch die skurrilen Möbel und Accessoires jedoch wie eine Bühne für ein futuristisches Stück wirkt.
»Du hast eine tolle Wohnung«, sagt Nina und überlegt sich zugleich, wann er ihr je so lange den Arm um ihre Schulter gelegt hat. Nic, denkt sie. Das ist das erste Mal. Warum jetzt? Warum ausgerechnet jetzt, direkt vor Gabriels Augen?
»Ein paar meiner Freunde sind schon da, sie schauen sich einen neuen Film von mir an.«
»Oh, den würde ich auch gern sehen!«
Nic geht mit ihr über die Diele zu dem einzigen Raum, dessen Tür geschlossen ist. »Das ist mein Arbeitszimmer«, flüstert er und öffnet. Sieben Männer zählt Nina. Ganz hinten nimmt Nina Platz. Hier kann sie sich still auf einen Stuhl setzen und in aller Ruhe Nics Gäste begutachten.
Zwanzig Minuten später ist der Film zu Ende. Nina ist sich nicht so sicher, was sie davon halten soll. Er ist mit schneller Kamera gedreht, aus ungewöhnlichen Perspektiven, mit wilden Schnitten - aber eine Handlung konnte sie nicht ausmachen. War nun dieses schwindsüchtige, ausgemergelte Mädchen mit den großen Rauschgiftaugen die Hauptperson oder doch eher diese Gestalt, bei der sie bis zum Schluß nicht erkennen konnte, ob es ein Männlein oder ein Weiblein ist? Und all diese baufälligen Fabrikhallen, schmuddeligen U-Bahn-Schächte und verkommenen Matratzenlager, soll das etwa eine schlechte Persiflage auf echte Straßenkinder sein? Sie stellt fest, daß sie die Zeichen der Zeit vor lauter Liebestaumel offensichtlich verschlafen hat, und beschließt, sich bei der Bewertung zurückzuhalten.
Die anderen sind völlig begeistert, drücken Nic einen Kuß auf und sagen große Filmpreise voraus. Für die nahe Zukunft. Nina überlegt gerade, wie sie am elegantesten aus der Nummer herauskommen könnte, da klingelt es. Gabriel geht an die Wohnungstür, und Nic nutzt die Gelegenheit, Nina mit allen bekannt zu machen. Nina schüttelt eine Hand nach der anderen. Sie sehen alle gut bis sehr gut aus. Die meisten schwarz gekleidet, topmodisch, und wie sie bis jetzt erkennen kann, mit geschliffenen Umgangsformen und ihr gegenüber sehr zuvorkommend. Dann bittet Nic zum Aperitif ins Eßzimmer, und langsam setzen sich alle in Bewegung. Nina geht als letzte. Komisches Gefühl, denkt sie, daß ihr während des ganzen Abends wahrscheinlich niemand auf den Busen starren wird, und sie fühlt sich mit ihrer Weiblichkeit wie ein vom Aussterben bedrohtes exotisches Tier.
Sie will sich eben an den langen gedeckten Tisch setzen, als Gabriel ihr von der Tür zaghaft zuwinkt. Was er wohl will? Mit ihr über Nic reden? Sie wird die Fronten gleich klären! Nina steht entschlossen auf, geht zu ihm hinüber. An ihm vorbei sieht sie zwei keuchende Männer abgedeckte Silbertabletts hereintragen. Aha, Nina versteht. Noch ist das Duell im Morgengrauen nicht gefragt. Hier geht es ganz profan um ihre hausfrauliche Eignung.
Trotz ihrer Talentlosigkeit in der Küche ist sie froh, eine Aufgabe zu haben. Fachmännisch
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