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Die Lüge

Die Lüge

Titel: Die Lüge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Hammesfahr
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Schweinefilet, etwas Käse, Brot und ein paar Trauben.
    Wolfgang Blasting zündete sich eine Zigarette an und erklärte: «Er muss an dem Abend fünf Kunden besucht haben, hatte insgesamt zwanzigtausend bei sich. Die Kollegen haben nicht schlecht gestaunt.»
    «Das kann ich mir vorstellen», sagte sie.
    Er lächelte spöttisch. «Na ja, bei den Summen, mit denen du operierst, hatte ich mehr erwartet. Röhrler war ein kleiner Fisch. Aber woher wusstest du, dass er die Seiten gewechselt hatte? Hast du ihn in letzter Zeit nochmal gesehen?»
    Sie glaubte, sich verhört zu haben. Röhrler? Er konnte unmöglich den jungen Mann meinen, der ihren letzten Arbeitgeber im Januar veranlasst hatte, sie zu feuern. Wolfgang Blasting ließ den Blick nicht von ihrem Gesicht, wartete auf eine Antwort. Doch ehe er sie weiter bedrängen konnte, tauchte Lilo auf und flötete: «Hab ich dir zu viel versprochen, Liebes?»
    «Sieht so aus», sagte Wolfgang Blasting trocken. «Röhrlers gar schreckliches Ende ist ihr nicht mal ein müdes Grinsen wert.»
    Lilo lächelte sie erwartungsvoll an. «Das ist ein Hammer, was?» Sie spürte tatsächlich etwas wie ein Hämmerchen im Kopf, fühlte das Blut aus dem Hirn weichen, brauchte dringend einen Stuhl, um sich zu setzen. Röhrler! Natürlich war der Röhrler gemeint, der beim alten Herrn Schrag die Umschläge mit Schwarzgeld abgeholt hatte. Sie hatte Nadia beim ersten Waldspaziergang davon erzählt. Nadia musste Röhrler an Wolfgang Blasting verraten haben. Und daraufhin war Röhrler tödlich verunglückt!
    «Dieser elende Knilch», ereiferte sich Lilo. «Spielte sich auf als personifizierte Gerechtigkeit und war selber noch viel schlimmer.»
    «Na, das nun nicht», widersprach Wolfgang Blasting gelassen. «Röhrler war nur als Bote unterwegs. Er hat nicht versucht, die Bank auszunehmen wie sie.» Er grinste wieder sie an. «Eins hab ich nie begriffen. Warum hast du dich nicht abgesetzt, solange noch Zeit war? Hat’s dir nicht gereicht? Oder hat die Liebe zu Doc dich am heimischen Herd gehalten?»
    Sie verstand ihn kaum noch. In ihrem Kopf flüsterten mehrere Stimmen wild durcheinander. Röhrler fragte in Schrags Büro: «Was machen Sie denn hier? Das nenne ich einen Abstieg.» Michael sagte: «Wenn du wieder Scheiße baust oder mit Hardenberg baden gehst!» Zurkeulen verlangte sein Geld zurück, die kompletten zweihunderttausend. Abgesetzt, dröhnte es in ihrem Hirn. Dann wurde es plötzlich dunkel. Dass sie noch etliche einigermaßen verständliche Sätze von sich gab, merkte sie selbst nicht mehr.
    Sie lag in einem fremden Zimmer auf einem Diwan, als sie aus ihrer Ohnmacht erwachte. Direkt über ihr an der Wand hing ein Gewimmel von sich überlagernden Fratzen. In den ersten Sekunden hatte sie Schwierigkeiten, ihre Sinne zu sortieren. Ihre Augen glitten über das Farbspektakel an der Wand, waren gleichzeitig in der Schlange am Bankschalter, bei der schwarzen Limousine am Straßenrand und am Flughafen, wo Nadia davonhuschte. Die Ohren teilten sich zwischen Röhrler, Zurkeulen, Michael und Wolfgang Blasting. Und das Hirn war völlig zerschlagen von diesem Hämmerchen. Abgesetzt!
    Eine Frau beugte sich über sie. Sie hatte das Gesicht vorher in der Menge gesehen. Die Frau trug ein indisches Gewand und hielt ihr ein Fläschchen unter die Nase, aus dem es penetrant stank. Als sie hustete und die Hand mit dem Fläschchenbeiseite schlug, drehte die Frau sich zur Tür um und teilte mit: «Sie weilt wieder unter den Lebenden.»
    Lilo eilte herbei, überschlug sich in Besorgnis und dezenten Vorwürfen, weil ihr Zusammenbruch dem schönen Abend ein jähes Ende bereitet hatte. Es war noch nicht einmal zwölf, und der größte Teil der Gesellschaft hatte sich bereits verabschiedet. Stimmen und andere Geräusche aus der Diele zeugten vom Aufbruch einer weiteren Gruppe. Die Frau im indischen Gewand legte ihr eine Hand in den Nacken, hob ihren Kopf an und flößte ihr einen aromatisch duftenden Tee mit ekelhaftem Nachgeschmack ein. Ilona Blasting erschien bei der Tür und erklärte: «Ich habe ihn bei seinem Bruder erreicht, er ist schon auf dem Weg.»
    Und unvermittelt wurde die Stimme von Joachim Kogler laut. «Was hast du dir dabei gedacht, sie abzufüllen?»
    «Nun mal langsam», erwiderte Wolfgang Blasting. «Ich habe ihr ein Glas Champagner angeboten. Sie ist erwachsen und hätte nein sagen können. Davon abgesehen hat sie nur daran genippt.»
    «Und da musstest du die alten Geschichten aufwärmen,

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