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Die Lüge

Die Lüge

Titel: Die Lüge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Hammesfahr
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Augen: «Entschuldigen Sie mich. Mir ist übel geworden.»
    Glücklicherweise war neben der Garderobe ein dezenter Hinweis auf die Toiletten angebracht, so gab es keine verräterische Suche. Sie blieb fast eine Viertelstunde gegen die kühle Kachelwand gelehnt stehen und versuchte, des Aufruhrs in ihrem Innern Herr zu werden. Verdammt nochmal, sie war schwanger von ihm. Und auch wenn er das nicht wusste und nie davon erfahren durfte, wollte sie sich dieses Verhalten nicht länger von ihm bieten lassen. Nadia hätte das bestimmtauch nicht hingenommen. Und was Nadia konnte, konnte sie auch.
    Sie kontrollierte im Spiegel ihr Make-up, zog den Lippenstift nach und überprüfte noch einmal Nadias Lächeln. Als sie zurückkam, waren die Teller abgeräumt, und der Professor war gegangen. Michael hatte die Rechnung schon beglichen und stand wieder neben Beatrice Palewi am runden Tisch. So aufrecht wie möglich ging sie auf die Gruppe zu. Man blickte ihr teils verlegen, teils sensationslüstern entgegen. Ohne Zweifel kannte jeder an diesem Tisch Nadia. Und ohne Zweifel wartete jeder auf einen Eklat. Den konnten sie haben!
    Sie legte Michael eine Hand auf den Arm, schenkte Beatrice Palewi Nadias überheblich-geringschätziges Lächeln und sagte: «Komm, Schätzchen. Du hast dich doch gerade erst zwei Tage im Proletariat gesuhlt. Mit der Fortsetzung wirst du dich gedulden können, bis ich auf den Bahamas bin.»
    Er folgte ihr tatsächlich ins Freie – ohne ein Wort – mit einer Miene wie aus Stein gemeißelt. Erst als sie die Straße erreichten, fauchte er: «Was fällt dir ein!»
    «Mir?», erkundigte sie sich gedehnt. «Was fällt dir ein? Das war wirklich ein starkes Stück. Du scheinst völlig vergessen zu haben, wer dein Studium   …»
    «Sprich es nicht aus», unterbrach er sie sehr ruhig und betont. «Du bekommst alles zurück.»
    «Steck es deiner MTA lieber in den Ausschnitt», fauchte sie ihn an. «Dann hast du da wenigstens etwas, wofür sich das Hingreifen lohnt. Und du hältst mir einen Vortrag, weil du dir einbildest, ich wollte dich verlassen! Du bist ein Idiot. Du ahnst gar nicht, wie blind du bist.»
    Er stampfte mit verschlossener Miene neben ihr her. Als sie den Jaguar erreichten, drückte er ihr den Wagenschlüssel in die Hand mit der Begründung, er sei zu müde, um zurückzufahren. Dass sie in der Situation nicht wusste, wie sie denSitz auf ihre Größe einstellen sollte, machte ihn nicht misstrauisch. Er tat es für sie, erinnerte sie auch an die Spiegel und zeigte ihr, welche Knöpfe sie drücken musste. Als sie die Stadtgrenze hinter sich ließen, erkundigte er sich, auf wie viele Promille sie ihren Blutalkohol derzeit schätze.
    Sie begriff, warum er sie fahren ließ, und lachte. «Keine Ahnung, aber wenn es reicht, mir den Führerschein wegzunehmen, bist du deinen auch los. Es ist dein Auto, und du hast mich aufgefordert zu fahren.»
    Diesen Aspekt schien er nicht berücksichtigt zu haben in seiner Wut. «Fahr rechts ran», verlangte er.
    «Nein! Jetzt fahre ich weiter. Ich kann noch, siehst du?» Die Landstraße lag frei vor ihr. Und sie war in der richtigen Stimmung, die von Johannes Herzog vermittelten Kenntnisse aufzufrischen, begann mit ein paar hundert Meter Slalom über die Mittellinie.
    «Hör auf mit dem Quatsch, Nadia», verlangte er.
    Sie lenkte zurück in die rechte Spur und beschleunigte. Der Jaguar wurde erheblich schneller als Johannes Herzogs alter BMW. Bis zweihundertzwanzig brachte sie die Tachonadel, hörte Michael neben sich gepresst atmen und trat das Bremspedal durch. Sie rechnete damit, dass das Heck ausbrach, beim BMW war das regelmäßig passiert. Der Jaguar blieb in der Spur, es hämmerte nur fürchterlich unter ihrer Schuhsohle. Doch davon ließ sie sich nicht beirren. Als der Wagen zum Stehen kam, zog Michael den Schlüssel ab. Er war blass geworden. «Du hast ja nicht mehr alle Tassen im Schrank», stieß er hervor. «Willst du uns umbringen?»
    «Warum nicht? Ehe ich dich dieser flachbrüstigen Ziege überlasse. Irgendwie wäre es doch niedlich. Familie Trenkler im Doppelgrab.»
    Er stieg aus und verlangte: «Rutsch rüber.» Dann fuhr er weiter.
     
    Als sie ins Haus kamen, ging er gleich nach oben. Sie ließ eine gute Stunde verstreichen, ehe sie ihm folgte. Die Tür zum Schlafzimmer stand offen. Er lag im Bett, ob er tatsächlich schlief, war nicht festzustellen. Aber es interessierte sie auch nicht wirklich. Sie schloss die Tür, zog auch die Tür des

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