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Die Lüge

Die Lüge

Titel: Die Lüge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Hammesfahr
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liebenswerter Nachbarschaft. Ein vorbestrafter Alkoholiker wäre ganz nett, würde ja auch gut zu mir passen.»
    Er betrachtete sie nachdenklich. «Leg dich wieder hin und versuch zu schlafen.»
    Sie folgte ihm zurück ins Schlafzimmer, lag eine Weile wach und fiel noch einmal in einen leichten Schlaf, aus dem sie zuerst das Zirpen seines Weckers riss. Michael stand auf und ging ins Bad. Minutenlang hörte sie ihn rumoren, danndämpfte die Erschöpfung jedes Geräusch. Sie schlief erneut ein und wusste nicht, wie viel Zeit vergangen war, als sie das nächste Mal Geräusche hörte. Das metallische Schnappen der Zentralverriegelung. Die Tür zum Flur stand offen.
    Im Halbschlaf wartete sie auf das Klappen der Garagentür und das Motorgeräusch des Jaguars. Aber entweder hörte man es im ersten Stock nicht, wenn das Fenster geschlossen war, oder – Sie brauchte einige Minuten, um so weit zu erwachen, dass der Gedanke sein Ende fand – Michael hatte das Haus noch gar nicht verlassen. Sie blinzelte ins diffuse Tageslicht, hob den Arm mit Nadias Uhr. Die winzigen Zeiger verschwammen ihr vor den Augen. Erst nach mehrfachem Blinzeln klärte sich ihr Blick. Zehn Minuten nach neun. Er musste längst im Labor sein.
    Der nächste Gedanke richtete sie steil auf. Nadia! Von einer Sekunde zur anderen waren alle Nöte des Wochenendes und die ganze Wut vergessen. Die Erleichterung ließ Hände und Knie zittern. Sie schwang die Beine aus dem Bett, kämpfte gegen die aufsteigende Übelkeit und den Schwindel an, holte sich einen Morgenmantel aus dem Ankleidezimmer und ging zur Treppe.
    Es war still im Haus. Nur ein paar schwache Laute gab es. Sie kamen aus dem Keller. Auf halber Höhe der Treppe blieb sie stehen, lauschte und meinte, eine Stimme zu hören. Und Nadia war nicht der Typ, der Selbstgespräche führte. Es musste jemand bei ihr sein. Ihr Herzschlag machte sich unangenehm bemerkbar.
    Sie wagte es nicht, nach Nadia zu rufen, schlich auf Zehenspitzen zur Diele hinunter. Flüchtig erwog sie, sich mit einem Küchenmesser zu bewaffnen. Nur war ihr das nicht sicher genug. Für sie bestand eine Bedrohung grundsätzlich aus einer Schusswaffe, dagegen richtete kein Messer etwas aus. Man konnte nur auf eine Ladehemmung hoffen. SchnellerRückzug, sobald sie etwas Verdächtiges sah. Hinauf ins Arbeitszimmer, sich einschließen und die Polizei rufen schien ihr die bessere Lösung.
    Als sie die Kellertreppe etwa zur Hälfte bewältigt hatte, hörte sie eine gepresste Stimme: «Hör auf damit.»
    Dann war sie unten, sah die offene Tür zum Hauswirtschaftsraum und zuerst nur die klobige schwarze Pistole.

4.   Teil
    E s war ein merkwürdiger Anblick. Eine Frau Ende zwanzig in buntem Kittel und Jeans rang zwischen dem Bügelbrett und einem Korb voller Wäschestücke mit einem etwa zweijährigen Kind um die Pistole. Das Kind wand sich wie ein kleiner Aal neben dem gefüllten Korb, kicherte und hatte seinen Spaß daran, die Wäsche und die Frau nass zu spritzen.
    Während sie wie angenagelt stehen blieb, gewann die Frau endlich die Oberhand, gab dem Kind einen Klaps auf die Finger und zuckte im Aufrichten zusammen. «Huch, jetzt haben Sie mich aber erschreckt. Ich wusste nicht, dass Sie da sind. Sie haben gesagt, heute könnte ich kommen.»
    Die Frau warf einen raschen Blick auf das Kind, das nach dem Klaps zu jammern begonnen hatte, schaute schuldbewusst in ihre Richtung und sagte: «Tut mir Leid, ich musste ihn mitbringen. Die Oma hatte es heut früh fürchterlich in den Knochen.»
    Das Kind drehte ihr das Gesicht zu und steckte sich schluchzend einen Daumen in den Mund. «Ja», sagte die Frau gedehnt und unsicher, steckte die Wasserpistole in eine Kitteltasche und betrachtete das Bügeleisen. «Soll ich lieber aufhören für heute?»
    Sie schüttelte den Kopf. Es war nicht als Antwort auf die Frage gedacht, es war pure Ablehnung der Situation. Die Frau fasste es natürlich anders auf und wurde eifrig. «Dann mach ich heute auch oben die Fenster. Das hätte ich eigentlich am Freitag tun müssen. Ich pass auf, dass er keinen Blödsinn macht.»
    Sie nickte nur und ging zurück zur Treppe. Eine Haushaltshilfe! Das hätte sie viel früher einkalkulieren müssen. Lilo hatte eine, Ilona hatte eine, Niedenhoff ließ seinen Rasen durch eine Gärtnerei pflegen. Wieso sollte da ausgerechnet Nadia selbst einen Wischlappen durch ihren Palast schwingen? Wie mochte die Frau heißen? Das war nicht die einzige Frage, mit der sie sich auf dem Weg in die

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