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Die Lüge

Die Lüge

Titel: Die Lüge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Hammesfahr
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und was immer er las, es schien ihn zu packen. «Ja», meinte er schließlich, wirkte dabei wieder so verlegen wie zu Beginn. «Ich glaube nicht, dass der Brief nach dem Tod Ihres Vaters geschrieben wurde. Sie sollten es vielleicht besser mit Ihrer Mutter besprechen.»
    Sie setzte eine Trauermiene auf, senkte den Kopf und flüsterte: «Das ist leider nicht mehr möglich, Herr Reincke.»
    «Ja, also», begann er zögernd. «Perfekt ist mein Französisch auch nicht, und bei einem so bruchstückhaften Text. Wenn ich das richtig verstehe, bittet Ihre Mutter um eine Versöhnung. Sie bedauert zutiefst, was sie getan hat, und erinnert an viele schöne, gemeinsame Stunden aus der Jugendzeit. Sie weiß, dass es zu einer Trennung von Alina gekommen ist, und hält das für eine Chance, wieder zueinander zu finden. Sie sei in ihrer Ehe sehr unglücklich, schreibt sie. Ihr Mann habe absolut kein Verständnis für ihre Bedürfnisse. Sie würde ihn verlassen, wenn er – Jacques, nehme ich an – ihr verzeihen könnte. Reicht Ihnen das?»
    «Ja, vielen Dank.» Sie nahm ihm die Seite aus der Hand. «Sie haben mir sehr geholfen.»
    Er errötete wie ein Schuljunge beim ersten Rendezvous. «Keine Ursache», wehrte er ab. «Und Sie möchten wirklich nicht mit Herrn Behringer sprechen? Ich könnte Ihnen für morgen   …»
    «Nein, wirklich nicht», unterbrach sie ihn rasch.
    «Dann werde ich das für Sie tun. Man darf das nicht auf sich beruhen lassen. Ich kann mir das nur so erklären, dass die neue Schreibkraft es versäumt hat   …»
    «Um Gottes willen», unterbrach sie ihn erneut. «Machen Sie der Ärmsten doch keine Schwierigkeiten. Es war vermutlich nur ein Versehen. So etwas kann vorkommen in den ersten Wochen.»
    «Es darf nicht vorkommen», erklärte Reincke bestimmt. «Und deutlicher hätte Herr Behringer seine Absicht kaum zum Ausdruck bringen können. Es freut mich, dass er inzwischen eingesehen hat   …» Er brach ab und setzte neu an. «Ich war mit seiner Entscheidung nicht einverstanden. Wir waren uns zuvor einig gewesen, was Ihre Einstellung betraf. Und plötzlich entschloss sich Herr Behringer, einer Berufsanfängerin mit ausgezeichneten Fremdsprachenkenntnissen eineChance zu geben. Aber letztlich bin ich es, der den Ärger hat, wenn es solche Pannen gibt.»
    «Ich bitte Sie», versuchte sie, ihn von seinem Vorhaben abzubringen. «So gravierend ist es doch nicht. Ich sagte ja, ich habe inzwischen   …» Weiter kam sie nicht.
    Reincke hob die Hand und schüttelte energisch den Kopf. «Es ehrt Sie, dass Sie die junge Dame in Schutz nehmen, Frau Lasko. Aber da muss etwas geschehen. Das Schreiben an Sie ist nicht die erste und einzige Panne der letzten Wochen.»
    «Ja dann», sagte sie und streckte ihm die Hand zum Abschied entgegen. Behringers Reaktion stellte sie sich lieber nicht vor. Viel wichtiger als der mögliche Griff des Zweimetermannes zum Telefon und seine Worte an Philipp Hardenberg – «Stell dir vor, da taucht diese Lasko bei uns auf» – war momentan auch Michaels Reaktion auf den Brief seiner Frau an Jacques, mon chéri.
    Reincke ergriff ihre Hand und schüttelte sie. Sie ging zur Tür. Ehe er sichs versah, war sie draußen, bedachte Frau Luici mit einem Kopfnicken und stürmte aus dem Empfangsraum. Im Geist setzte sie ein Häkchen hinter Punkt eins. Punkt zwei war das Telefon in Jasmin Topplers Wohnung, Punkt drei eine Verabredung mit Michael. Sie war sicher, dass sie ihn dazu überreden konnte.
    Für den Heimweg ließ sie sich Zeit. Weder der Nieselregen noch der unangenehm kalte Wind störten sie noch. Mit Reinckes Übersetzung sah sie ihre Chancen gestiegen. «Ich kann ihn davon überzeugen, dass es seine Frau auch in einer treuen Version gibt.» Und vor Mittwoch musste Michael nicht ins Labor. Ein denkbar günstiger Zeitpunkt. Nadia war jetzt vermutlich unterwegs zu ihrem verschobenen Termin. In Erinnerung an den Vorschlag des Anrufers ging sie davon aus, dass Nadia den Mann um die Mittagszeit traf.
    Zu Hause angekommen, holte sie nur rasch Jasmin TopplersSchlüssel aus ihrer Wohnung. Nachdem sie sich vergewissert hatte, dass von Heller nichts zu sehen war, schlich sie hinüber. «Guten Tag, Herr Trenkler. Mein Name wird Ihnen nichts sagen, mein Gesicht dafür umso mehr. Ich weiß, dass Sie heute Zeit haben, und bitte Sie um ein Treffen. Lehnen Sie nicht ab, es ist sehr wichtig. Es geht um Ihre Frau.» Entweder so oder: «Hallo, Schatz. Mein Termin ist geplatzt. Ich bin im Café an der Oper.

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