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Die Lüge

Die Lüge

Titel: Die Lüge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Hammesfahr
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Branchenverzeichnis die Nummer eines Schlüsseldienstes. Erst als sie nebenan die Türklingel hörte und sich mit einem Blick aus dem offenen Fenster überzeugt hatte, dass direkt vor dem Haus ein Kombiwagen mit der Aufschrift der Firma stand, die sie angerufen hatte, ging sie hinüber. Ihre Wohnungstür stand offen. Gewaltsam geöffnet worden war sie nicht, wie der Monteur rasch feststellte.
    Es kostete sie ein kleines Vermögen, das Türschloss auswechseln und zusätzlich eine Sperrkette anbringen zu lassen. Sie kontrollierte jeden Winkel, nachdem der Monteur sich verabschiedet hatte, der neue Schlüssel zweimal im Schloss umgedreht und die Sperrkette vorgelegt war. Es gab keine Anzeichen, dass Philipp Hardenberg etwas anderes getan hatte, als nach ihr zu suchen.
    Erst gegen Mittag bemerkte sie, dass die drei Briefe von Nadia nicht mehr im Schrank lagen. Der Umschlag mit den Alfo-Investment-Schnipseln und den Aufzeichnungen, die sie zu ihrer Sicherheit gemacht hatte, war ebenso verschwunden wie der Stapel Fotos von Nadias Haus und der Nachbarschaft. Aber dem zweiten, dicken Umschlag mit all den Ausdrucken, dem Absendervermerk Dieter Lasko und dem Hinweis «Gebühr zahlt Empfänger» hatte Nadias treuer Vasall keine Aufmerksamkeit geschenkt. Vermutlich hatte er angenommen, das seien Scheidungsunterlagen. Das Fragment des Briefs an Jacques, mon chéri, der Zettel mit seiner Handynummer unddie Kopie vom Band aus dem Diktiergerät steckten auch noch darin.
    Den Nachmittag, Donnerstag, Freitag und Samstag saß sie hinter verschlossener Tür mit vorgelegter Sperrkette. Sonntags ging sie erst hinunter, als Johannes Herzog mit seinem BMW mitten auf der Straße hielt und ein Hupkonzert erklingen ließ.
    Sie verbrachte einen geistesabwesenden Nachmittag mit ihrer Mutter, hörte wohl zwanzigmal die besorgte Frage: «Stimmt etwas nicht, Susanne? Du hast doch irgendwas.» Ebenso häufig antwortete sie: «Nur Kopfschmerzen.» Und jedes Mal, wenn sie das Wort aussprach, schnürte es ihr die Kehle zu, und sie glaubte, Michaels Hand im Nacken zu spüren.
    Auf der Rückfahrt bat sie Johannes um seinen BMW für den Montag, Dienstag, Mittwoch, Donnerstag oder Freitag. Sie behauptete, einen Freund besuchen zu wollen. Die besorgte Stimme ihrer Mutter hatte sie zu der Einsicht gebracht, dass sie etwas unternehmen müsste. Die Flucht nach vorne antreten, Michael im Labor aufsuchen, mit ihm zusammen zu Nadia fahren. Wenn sie Nadia an seiner Seite gegenübertrat, war das der beste Beweis für das, was sie ihm zu sagen hatte. Und Nadia konnte es kaum noch wagen, etwas gegen sie zu unternehmen, wenn Michael informiert war. Dann war es ja auch überflüssig.
    Johannes war nicht begeistert von ihrer Bitte. «Welchen Freund denn?», fragte er. «Einen wie Heller?»
    Er hatte Heller oft genug erlebt. «Es geht mich ja nichts an, was Sie Ihrer Mutter erzählen», sagte er. «Aber die erzählt es meiner Oma, und die erzählt es mir. Und ich dachte, ich höre nicht richtig, als meine Oma sagte, Sie wollen von Heller ein Klavier kaufen. Der weiß doch nicht mal, wie man Klavier buchstabiert.»
    «Was soll ich meiner Mutter denn sonst erzählen? Der Kerl säuft, pöbelt mich ständig an, ist vorbestraft und hat keine Arbeit.»
    «Haben Sie doch auch nicht», stellte Johannes fest. «Jedenfalls keine, die sauber ist. Das gibt es nicht, dass eine Firma die Sekretärin losschickt, um Kurierfahrten zu übernehmen. Wir kennen uns ja nun schon eine Weile, Frau Lasko, und plötzlich sehen Sie aus wie ein neuer Mensch. Da macht man sich schon Gedanken.»
    «Ich will wirklich nur einen Freund besuchen», sagte sie.
    Johannes nickte. «Dann sagen Sie mir, wann, ich fahre Sie. Aber ich gebe nicht mein Auto für etwas her, was vielleicht nicht in Ordnung ist.»
    «Vergiss es», sagte sie und hoffte, Nadia täte das auch.
     
    Die folgenden Tage verliefen ohne besondere Vorkommnisse. Momente des Aufbegehrens wechselten sich mit langen Phasen von Lethargie ab. Manchmal las sie in den Berichten, in denen Nadia sich lang und breit und immer sehr positiv über die Entwicklung ausländischer Firmen ausließ, manchmal spielte sie mit dem Gedanken an einen Bus, damit hätte sie auch zu dem Pharmakonzern fahren können. Aber meist saß sie nur da, starrte die Wände an und sah sich im Geist neben Michael auf dem Fußboden im Fernsehzimmer liegen, hörte aus dem Arbeitszimmer das Handy klingeln und sich sagen: «Das ist Nadia. Sie wollte anrufen, wenn sie vom Ausflug mit

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