Die Luft, die du atmest
rauszufahren ist sinnlos», fuhr der Mann fort. «Da verjagen die Bauern die Leute mit Waffen.»
Peter war entsetzt. «Und haben Sie was darüber gehört, wann es wieder Strom gibt?»
«Gerade ist ein Mann von den E-Werken vorbeigekommen. Der meinte, in Teilen der Innenstadt ist er wieder da.»
Seine Wohnung war in der Innenstadt. Wenn es dort wieder Strom gab, konnten sie ihre Schlafsäcke einpacken und ein paar Lebensmittel mitnehmen und sich dort einrichten. Es würde eng werden, aber wenigstens hätten sie es warm. Und sie hätten Internet. «Wissen Sie, in welchen Stadtteilen?»
«Nee.» Der Größere nahm den Ast, schleppte ihn zumMinivan und schob ihn in den Kofferraum. «Der Typ hatte keine Zeit.»
«Was ist mit der Uni? Hat er davon was gesagt?» Sie konnten in seinem Büro übernachten. Er konnte seinen Schreibtisch in den Flur rücken, damit sie Platz hatten. Dort gab es eine Küche mit Kühlschrank, Mikrowelle und Kaffeemaschine. Das wäre noch besser.
Der Mann zuckte die Achseln. «Sie können ihn selbst fragen. Er arbeitet an der Umspannstation unten an der Summit Street.»
«Südlich der Brant Street?»
«Genau.»
Als Peter den Gang einlegte, machte der Kleinere einen Schritt auf ihn zu. «Darf ich Ihnen einen Rat geben?» Er nickte in Richtung von Peters Pick-up. «Passen Sie gut auf Ihren Wagen auf. Bei so großen Pick-ups wie Ihrem zapfen die Leute jetzt die Tanks an, um das Benzin für ihre Autos zu nehmen.»
Ein paar Meilen weiter an der dunkel werdenden Straße erspähte Peter das eingezäunte Geviert mit dem hohen Mast. Am Tor stand ein weißer Lieferwagen. Ein Mann schaufelte Schnee. Peter ließ seinen Pick-up ausrollen und stieg aus. Der Mann blickte über die Schulter und hielt die Schaufel fest umklammert. «Kommen Sie nicht näher.»
«In Ordnung.» Peter blieb gute drei Meter entfernt stehen.
Der Mann trug einen Helm und eine leuchtfarbene Sicherheitsweste über einem dicken grauen Overall. «Brauchen Sie was?»
«Ich habe gehört, in der Stadt läuft der Strom wieder?»
«Richtig. Da, wo das Krankenhaus ist.»
Das war doch mal eine gute Nachricht. Peters Büro war nurein paar Straßen davon entfernt. Es musste im selben Bezirk liegen. «Es überrascht mich, dass Sie nicht schon längst die ganze Stadt wieder am Netz haben.»
«Das ist ein echter Volltreffer diesmal. Der Sturm hat einen Fernleitungsmast umgerissen, und dadurch ist auf der ganzen Strecke alles ausgefallen.» Er lehnte seine Schaufel an den Zaun. «Bei uns ist ein Feuer ausgebrochen. Wir haben ein paar Männer verloren.»
«Das ist ja furchtbar.»
«Mein Team ist völlig fertig. Die Hälfte ist heute nicht zur Arbeit erschienen. Ein paar haben sich krankgemeldet, aber wenn Sie mich fragen, haben die nicht H5N1. Sie haben Angst, ihre Familien allein zu lassen. Mein Chef macht sich Sorgen um seine Katze. Wer soll sie füttern, wenn er vor lauter Arbeit nicht nach Hause kommt?» Der Mann lachte verächtlich auf. «In Zeiten wie diesen kann man den Leuten nicht genug bezahlen. Wir haben versucht, aus anderen Gegenden Hilfe zu kriegen, aber da hat der Sturm auch einiges angerichtet.»
Dann hatte der Nachrichtensprecher also gelogen. Es war keine Hilfe im Anzug.
Es knisterte. Der Mann griff nach dem Funkgerät, das an seiner Schulter klemmte. «Ich höre.» Er beugte den Kopf und lauschte. «Sind Sie sicher?»
Von dieser Station wurde sein Haus versorgt. Vielleicht konnte er den Abend noch abwarten. Wenn der Strom bis zum Morgen nicht wieder floss, würde er alle einpacken und losfahren. Jetzt war es zu spät. Ann würde im Dunkeln nicht mehr fahren wollen.
Der Mann hakte sein Funkgerät wieder ein. «Würden Sie bitte Ihren Pick-up wegfahren?»
«Klar.» Peter wandte sich zum Gehen. «Dann sind Sie hier fertig?»
Der Mann holte seine Schaufel. «Wir haben noch nicht mal angefangen. Die Leitung ist wieder tot.»
«Dann ist die Innenstadt auch wieder ohne Strom?»
«So sieht’s aus.» Er stellte sich mit der Schaufel ans Tor und wartete, bis Peter weit genug weg war. Peter legte den Rückwärtsgang ein, und der Arbeiter fummelte am Schloss für das Tor. «Das wird noch hart, wieder in die Stadt zu kommen», sagte er.
«Ich hab gehört, die I-71 ist gesperrt.»
Der Mann blickte auf. «Sind Sie da gewesen?»
«Nein. Ist es schlimm?»
Der Mann schüttelte den Kopf. «Es ist das Schlimmste, was ich je gesehen habe. Lauter ausgebrannte Fahrzeuge, hoffnungslos ineinander verkeilt.» Er schlug das Tor zu.
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