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Die Luft, die du atmest

Die Luft, die du atmest

Titel: Die Luft, die du atmest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carla Buckley
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Kate. «Wann kriegen wir denn endlich wieder Strom?»
    Peter sagte: «Bestimmt arbeiten sie auf Hochtouren daran.»
    «Dann also morgen?»
    «Hoffentlich.» Ann zog Kate die Decken bis ans Kinn. «Die alten Siedler sind prima ohne Strom ausgekommen.»
    «Wir sind aber keine alten Siedler», sagte Kate. Sie rollte sich auf den Rücken, von Ann weg.
    «Wer ist das?», wollte Maddie wissen.
    «Das sind die Pioniere, die den Westen besiedelt haben», sagte Ann.
    «Ach so. Menschen von früher.»
    «Genau.»
    Das Feuer knisterte. Kate starrte stur an die Decke. Maddie kuschelte sich an Ann. Ann legte den Arm um sie und beugte sich hinunter, um ihre Tochter auf die weichen Pausbäckchen zu küssen. Sie würde Maddie einen eigenen Tuschkasten kaufen. Im März wurde sie neun, das war nur noch drei Monate hin. Sie konnte die Farben zum Geburtstag bekommen. Dann würde bestimmt längst wieder Normalität herrschen.
    «Also, Maddie», sagte Peter. «Was würdest du lieber machen?»
    Maddie hob den Kopf.
    «Würdest du lieber mit einem fliegenden Teppich fliegen oder einem Kobold die Hand schütteln?»
    Lächelnd wartete Ann auf die Antwort ihrer Tochter.
    «Könnte ein fliegender Teppich mich überallhin bringen, wohin ich will?», fragte Maddie.
    «Na klar», sagte Peter.
    «Auch nach Disney World oder zu Toys’R’Us?»
    «Sicher.»
    «Ich glaube, ich würde lieber einem Kobold die Hand schütteln, dann könnte ich ihn fragen, wo das Ende des Regenbogens ist.»
    Das war typisch Maddie, erst mal um die Ecke zu denken und dann eine ganz eigene Lösung zu finden. Ann lächelte.
    Maddie sagte: «Kate?»
    Kates Stimme war vom Kissen gedämpft. «Was?»
    «Würdest du lieber ein Lexikon lesen oder in Unterwäsche zur Schule gehen?»
    «Das ist beides doof. Blödes Spiel.»
    «Ach, Kate», sagte Maddie. «Mach doch mit.»
    «Lass sie ruhig.» Ann streckte die Hand über Maddie hinweg und rubbelte Kates Rücken. «Sie braucht nicht mitzumachen.»
    Kate schüttelte Anns Hand ab und rollte sich weg.
    «Aber ich will», sagte Maddie. «Dad?»
    «Ja-a?», brummte Peter mit tiefer Stimme.
    Maddie kicherte. «Würdest du lieber eine Tasse Zucker essen oder einen sechsten Zeh haben?»
    «Hmm. Schwer zu sagen. Ich glaube, ich würde den Zeh nehmen. Und du, Maddie? Wärst du lieber dreißig Zentimeter oder drei Meter groß?»
    «Öh, drei Meter.»
    «Drei Meter sind Mist», sagte Kate. «Du würdest mit dem Kopf an die Decke stoßen.»
    «Ich dachte, du spielst nicht mit», sagte Maddie. «Shazia? Würdest du lieber zu Fuß rückwärts um die Welt gehen oder durch alle Meere schwimmen?»
    «Oh. Also, ich schwimme gern. Darf ich das sagen?»
    «Es gibt keine Regeln. Du kannst sagen, was du willst.»
    «Gut.»
    «Dann bist du jetzt dran. Du musst eine Frage stellen. Frag Mom was.»
    «Mir fällt nichts ein.»
    Die Glut leuchtete rot im Dunkeln. Im Kamin krachte es leise, als ein Holzscheit mit einem Funkenregen in sich zusammenfiel. Ann stützte sich auf und blies die Kerze aus. Der warme Geruch nach verbranntem Docht zog durch das Zimmer.
    «Ich hab eine Frage», sagte Kate. «Würdest du lieber ewig leben oder ein anderes Leben retten?»
    «Wen fragst du?», wollte Maddie wissen.
    «Mom.»
    Ann ließ sich auf ihr Kissen fallen. Worauf wollte Kate hinaus? «Das ist eine schwere Frage. Da muss ich erst mal nachdenken.» Aber sie konnte nicht darüber nachdenken. Sie wollte es nicht.
    «Käme es nicht darauf an, um wessen Leben es geht?», fragte Shazia.
    «Nicht unbedingt», sagte Peter.
    Ann spürte seinen Blick über die Kinder hinweg. Wie meinte er das?
    «Das ist egal», sagte Kate. «Ich meine einfach irgendwen. Hitler.»
    «Oder den Weihnachtsmann», sagte Maddie. «Würdest du den Weihnachtsmann retten?»
    «Oder einen besoffenen Obdachlosen, wie wäre das?», fragte Kate. «Mom?»
    Maddie gähnte. «Ich wette, morgen haben wir wieder Strom.»
    «Träum weiter», sagte Kate, doch hatte ihre Stimme keinen Biss mehr. Auch sie war müde.
    Ann lag im Dunkeln und starrte an die Decke. Nach einer Weile seufzte Shazia, und Ann schloss daraus, dass nun auch sie eingeschlafen war. Das Feuer ging aus, und im Zimmer wurde es pechschwarz.
    Ihr Sohn würde nicht William genannt werden wollen, sondern Will. Er würde neben Peter sitzen und genau beobachten, wie sein Vater das Feuerholz stapelte. Schon am nächsten Tag würde er es selbst können.
So, das hätte geklappt
, würde er sagen und ein großes Stück Holz in den Kamin hieven. Sich dieHände

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