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Die Luft, die du atmest

Die Luft, die du atmest

Titel: Die Luft, die du atmest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carla Buckley
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aufgebraucht sein. Bald würden die Ärzte keinen Nachschub mehr bekommen. Die meisten Dinge wurden aus China importiert, und China war sozusagen komplett lahmgelegt. Auch die Antibiotikavorrätewaren beschränkt. «Ich werde mal ein bisschen durch die Gegend fahren», sagte er. «Vielleicht erfahre ich irgendwas.»
    Sie runzelte die Stirn. «Das ist zu gefährlich. Die Straßen sind nicht geräumt.»
    «Die Sonne hat schon einiges geschafft. Singh kommt auch überall durch.»
    «Und was ist mit dem Benzin?»
    «Ich fahre nicht weit.»
    «Na gut. Aber sieh dich vor.»
    Er fuhr rückwärts aus der Einfahrt und holperte in die Rillen, die Singhs Geländewagen ausgefahren hatte. Sie trugen ihn zur Hauptstraße. Dort hatten sich zwei parallele Spuren gebildet. Rechts und links an den Seiten türmten sich hohe Schneebänke.
    Der Himmel war grau, eine betonschwere Masse, ohne eine einzige Wolke oder den leisesten Lichtschein. Es war nicht auszumachen, ob es noch mehr Schnee geben würde oder nicht. Alles lag unter einer weißen Decke, die mit der Zeit allmählich eindreckte. Nirgendwo regte sich Leben, aber aus den Schornsteinen stiegen Rauchfahnen auf. Am Himmel flogen keine Falken, nirgends hüpften aufgeplusterte Meisen von Zweig zu Zweig. Das Virus hatte sie erwischt. Anders war das nicht zu erklären. Er umfasste das Lenkrad fester und konzentrierte sich auf die Straße.
    Die Spuren führten um einen gestürzten Baum herum, schwenkten wieder zurück, verschwanden unter verwehtem Schnee. Er fuhr im Kriechtempo weiter, und sie wurden wieder sichtbar.
    In den Seitenstraßen sah er Leute, die mit Schaufeln die Schneeverwehungen bearbeiteten. Als er vorüberfuhr, hielten sie inne, und er grüßte, was einige mit einem Nicken oder Winken erwiderten. In der Ferne fuhren Kinder Schlitten. AmTag zuvor hatte er die Mädchen überredet, Schlitten fahren zu gehen. Shazia war zu Hause geblieben, und so war er mit seinen Töchtern allein gewesen. Anfangs war ihr Ausflug schön. Kate und Maddie stapften lachend und mit roten Wangen mit ihm durch den tiefen Schnee. Aber als sie im Park die Kinder mit ihren Masken sahen, und die Eltern, die am oberen Ende der Piste Wache hielten, kippte ihre Stimmung. Die Mädchen wollten zurück und weigerten sich seitdem, das Haus zu verlassen.
    Zum ersten Mal seit Tagen wurde ihm warm. Er zog Mütze und Handschuhe aus und ließ das Fenster herunter. Es wäre vielleicht eine gute Idee gewesen, die Mädchen mitzunehmen, damit sie sich aufwärmten, aber das hätte Ann niemals erlaubt.
    Aus der Ferne kam ihm ein goldfarbenes Auto entgegen. Peter fuhr langsamer und fragte sich, wie sie aneinander vorbeikommen sollten. Einer von ihnen würde in den tiefen Schnee ausweichen müssen, wahrscheinlich Peter, weil er im größeren Fahrzeug saß. Doch dann bog der Wagen in eine Nebenstraße. Als Peter an die Kreuzung kam, war er schon verschwunden.
    Irgendwo dröhnte ein Motor. Er nahm den Fuß vom Gas und lauschte. Das Geräusch wurde lauter, und ein schrilles Aufheulen machte deutlich, dass es sich um eine Motorsäge handelte. Ein paar Straßen weiter standen zwei Männer neben einem roten Minivan knietief im Schnee. Einer würgte mit der Säge an einem dicken Ast. Der andere zog und zerrte an der schon hängenden Spitze. Schneelawinen stürzten auf ihn nieder. Als er Peters Pick-up sah, stieß er seinen Kumpel an, der sich ebenfalls umdrehte und ihn anstarrte. Die Motorsäge stotterte und verstummte.
    Peter legte seinen Arm auf den Fensterrand. «Hey.»
    «Hey.»
    Beide Männer trugen Mützen, dicke Stiefel und Handschuhe. Peter musste an den Vater und seinen Sohn denken, die er vor Wochen am Sparrow Lake getroffen hatte. Diese beiden blickten ähnlich argwöhnisch drein, aber aus einem anderen Grund. Sie waren dabei, illegal einen Straßenbaum zu fällen. «Kalt heute», sagte Peter.
    Mit anderen Worten:
Ich bin nicht hier, um Sie anzuzeigen.
    Die Männer wechselten einen Blick.
    «Wenigstens schneit es nicht mehr», sagte der Kleinere. «Sie kommen mir bekannt vor. Haben Sie ein Kind, das Fußball spielt?»
    Peter nickte. «Meine Achtjährige.»
    «Ach ja. Dann kenn ich Sie wohl von den Spielen.»
    «Haben Sie eine Ahnung, ob irgendwo ein Supermarkt auf ist?»
    «Draußen in Galway soll einer auf sein, hab ich gehört», sagte der Kleinere.
    Galway war eine halbe Stunde entfernt. Lohnte es das Benzin, die ganze Strecke zu fahren? Ihre Lebensmittel würden noch eine Weile reichen.
    «Nach Lancaster

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