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Die Luna-Chroniken, Band 2: Wie Blut so rot (German Edition)

Die Luna-Chroniken, Band 2: Wie Blut so rot (German Edition)

Titel: Die Luna-Chroniken, Band 2: Wie Blut so rot (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marissa Meyer
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Türrahmen fest.
    Das Zimmer war verwüstet wie nach einem Hurrikan. Die Kommodenschubladen lagen zwischen Anziehsachen, Bürsten und Cremetuben auf dem Boden, die Bettdecken türmten sich in der Ecke, die Matratzen standen hochkant an der Wand, alle digitalen Fotorahmen waren von der Wand gerissen worden. Zurück blieben nur die dunklen Stellen, an denen der Putz nicht von der Sonne ausgebleicht war.
    Neben dem Bett kniete ein Mann und wühlte in der Truhe mit Michelles alten Armeeuniformen. Als er Scarlet sah, sprang er auf und stieß sich um Haaresbreite den Kopf an dem niedrigen Eichenbalken unter der Decke.
    Scarlet drehte sich alles vor Augen. Es war Jahre her, seit sie ihn zuletzt gesehen hatte, aber er war um Jahrzehnte gealtert. Auf seinem ehemals so sorgfältig rasierten Kinn spross ein Bart. Auf der einen Seite waren seine Haare verfilzt, auf der anderen standen sie ihm vom Kopf ab. Sein Gesicht war blass und eingefallen, als hätte er schon wochenlang nichts Richtiges mehr gegessen.
    »Papa?«
    Krampfhaft hielt er sich eine blaue Fliegerjacke vor die Brust.
    »Was tust du hier?« Sie sah sich mit klopfendem Herzen in dem chaotischen Schlafzimmer um. »Um Himmels willen, was ist hier los?«
    »Irgendwo hier«, sagte er. Seine Stimme klang rau, wie eingerostet. »Sie hat hier irgendwas versteckt.« Er sah auf die Uniformjacke hinab, dann schmiss er sie aufs Bett, kniete sich wieder vor die Truhe und kramte weiter darin herum. »Und das muss ich finden. Unbedingt.«
    »Was musst du finden? Wovon redest du überhaupt?«
    »Jetzt, wo sie weg ist«, flüsterte er, »und auch nicht mehr zurückkommt … Sie wird es ja nie erfahren und ich … ich muss es finden. Ich muss rauskriegen, warum …«
    Der abgestandene Geruch nach Cognac verbitterte Scarlet. Wie er herausgefunden hatte, dass seine Mutter verschwunden war, war ihr schleierhaft, aber dass er so schnell die Hoffnung aufgab und dann auch noch zu glauben schien, ein Anrecht auf ihre Sachen zu haben, nachdem er sie beide im Stich gelassen hatte, das war ein starkes Stück. Jahrelang hatte er sich nicht blickenlassen, hatte in all der Zeit keine einzige Tele geschrieben, nur um jetzt hier betrunken aufzutauchen und Michelles Sachen zu durchwühlen.
    Am liebsten hätte Scarlet die Polizei gerufen. Aber leider war sie auf die auch wütend.
    »Raus aus unserem Haus! Sieh zu, dass du Land gewinnst! Aber dalli!«
    Vollkommen unbeeindruckt warf er die durchwühlten Uniformen in die Truhe.
    Wutentbrannt stürzte sich Scarlet auf ihren Vater und zerrte ihn am Arm. »Hör auf damit!«
    Er stöhnte laut auf, ließ sich wieder auf die alten Dielen fallen und kroch geduckt von ihr weg, als wäre sie ein tollwütiger Hund. Dabei hielt er sich den Arm. In seinem Blick stand der schiere Wahnsinn.
    Überrascht stemmte Scarlet die Hände in die Hüften. »Was ist mit deinem Arm?«
    Er antwortete nicht, aber er hielt den Arm umklammert.
    Scarlet ging entschlossen auf ihn zu und packte ihn am Handgelenk. Er keuchte und versuchte verzweifelt, sich loszureißen, aber sie war stärker und schob seinen Ärmel hoch. Entsetzt ließ sie ihren Vater los, doch der Arm hing schlaff herab, als hätte er ihn vergessen.
    Er war mit kreisförmigen Brandwunden übersät. Sie reihten sich wie Armbänder in regelmäßigen Abständen vom Handgelenk bis zum Ellenbogen aneinander. Auf einigen hatte sich matt glänzendes Narbengewebe gebildet, andere waren schwarz oder eiterten. Am Handgelenk, wo einst sein ID -Chip gewesen war, befand sich eine glatte dünne Narbe.
    Scarlet drehte sich der Magen um.
    Ihr Vater drückte das Gesicht in die an der Wand stehende Matratze. Verbarg sich vor den Brandwunden und vor Scarlet.
    »Wer hat dir das angetan?«
    Er presste den Arm gegen seinen Bauch und antwortete nicht.
    Scarlet schoss ins Badezimmer und kam kurz darauf mit einer Tube Wundsalbe und Verbandsmull zurück. Ihr Vater hatte sich nicht von der Stelle gerührt.
    »Die haben mich dazu gezwungen«, flüsterte er. Sein hysterischer Anfall war verflogen.
    Vorsichtig sah sich Scarlet den Arm an und begann, die Wunden zu versorgen. Sie tat es, so sanft sie konnte, wenn auch mit zitternden Händen. »Wer hat dich wozu gezwungen?«
    »Ich konnte nicht fliehen«, fuhr er fort, als hätte er ihre Frage gar nicht gehört. »Die haben mir Löcher in den Bauch gefragt, aber ich konnte ihnen keine Antworten geben. Ich hab’s ja versucht, aber ich wusste doch auch nicht …«
    Scarlet warf ihrem Vater einen

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