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Die Lust des Bösen

Die Lust des Bösen

Titel: Die Lust des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cassandra Negra
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von einer Neonazi-Gruppe, den Black Brothers, vergewaltigt und in den Tod getrieben wurde, werden Sie mich sicher verstehen.«
    Heiko nickte knapp.
    »Auf dem Laptop«, fuhr die Profilerin fort, »befinden sich sowohl das Video als auch die E-Mail, die die Black Brothers dem Opfer geschickt haben. Ich möchte Sie bitten herauszufinden, wer der Absender war. Können Sie das?«
    »Klar, kein Problem.« Wieder nickte Heiko. »Es kann aber eine Weile dauern. Ich setze mich gleich dran, und sobald ich Ergebnisse habe, melde ich mich.«
    Lea war einverstanden. Dann würde sie jetzt nach Hause fahren, mit Arthur eine Runde durch den Park laufen und versuchen, etwas zu schlafen. Denn Schlaf hatte sie dringend nötig.
    Gerade war sie von ihrem Spaziergang zurück, als ihr Handy klingelte.
    »Hier ist Heiko.«
    »Sagen Sie nicht, Sie haben schon das, wonach ich suche?«, forschte sie überrascht nach.
    »Doch«, bestätigte der junge Mann trocken. »Ich konnte sowohl den Absender des Videos als auch den der E-Mail relativ einfach mit Hilfe der Traceroute und des MIME-Headers, dem Textkopf der Nachricht, identifizieren. Ein bisschen komisch ist es schon, dass sich der Absender nicht mehr Mühe mit der Verschlüsselung gegeben hat. Fast kommt es mir so vor, als wollte er, dass wir ihm auf die Spur kommen. Und, so viel kann ich Ihnen schon verraten: Sowohl das Video als auch die E-Mail kommen von der gleichen IP-Adresse.«
    »Dann brauchen wir ja nur noch den Beschluss vom Staatsanwalt, damit der Provider die Daten zur IP-Adresse herausrückt«, frohlockte Lea.
    »Normalerweise ist das korrekt«, meinte Heiko.
    »Was meinen Sie mit normalerweise?«, fragte die Profilerin irritiert.
    »Nun, der Provider speichert die Informationen darüber, wann und wie lange welche IP-Adresse an wen vergeben wurde. Aber da ich herausgefunden habe, wer der Provider ist, habe ich mich da mal draufgehackt.«
    »Sie haben was?«, rief Lea entgeistert.
    »Sagen wir«, ruderte der junge IT-Spezialist schließlich zurück, »ich habe mit meiner speziellen Methode recherchiert, wem die IP-Adresse gehört. Es ist ein gewisser Jack Braun. Ich habe Ihnen alles gemailt. Falls Sie noch Fragen haben, können Sie mich gerne anrufen.«
    Lea schluckte.
    »Danke für die gute Arbeit« war alles, was sie gerade noch hervorbringen konnte, bevor sie den Halt verlor, in sich zusammensackte und ihr Handy resigniert zur Seite legte.
    »Die IP-Adresse gehört einem gewissen Jack Braun«, schossen erneut die Worte des IT-Forensikers durch ihren Kopf. Jetzt hatte sie die harten Fakten, die Beweise, das Wissen, nach dem sie so lange gesucht hatte. Und doch wollte sie es nicht wahrhaben. Warum sollte Jack so etwas getan haben?
    Lea war verzweifelt. Sie wusste nicht, woran sie überhaupt noch glauben sollte, wenn sie sogar ihrem Bauchgefühl nicht mehr vertrauen konnte. Wie oft hatte ihre Intuition ihr dabei geholfen, Menschen, Situationen und Konstellationen intuitiv richtig wahrzunehmen und einzuschätzen. Und nun das!
    D ie politische Situation in Deutschland war aufgeheizt wie nie zuvor, ein Umbruch deutete sich an. Eigentlich eine gute Voraussetzung für Jack und seine Nationalpartei. Sämtliche etablierten Volksparteien hatten in den letzten Wochen und Monaten zunehmend das Vertrauen ihrer Wähler verloren. CDU/CSU rutschten mit knapp unter zwanzig Prozent auf ihren schlechtesten Wert seit ihrer Gründung, die SPD dümpelte ebenfalls um die scheinbar magische Zwanzig-Prozent-Marke vor sich hin. Glaubte man den neuesten Umfragen, würde die FDP wohl gar nicht erst in den Bundestag kommen, weil sie an der Fünf-Prozent-Hürd e scheiterte. Einzig die Grünen konnten sich einigermaßen behaupten und lagen jetzt bei etwa zehn Prozent. Die Linke würde nach dieser Umfrage ebenfalls keine große Rolle mehr spielen, weil sie weniger als fünf Prozent der Stimmen erhalten sollte. Und jetzt kam das Überraschende: Die Nationalpartei konnte in den letzten Wochen unglaublich zulegen und landete bei Wählerumfragen bei achtzehn Prozent.
    Nach diesen unvorhersehbaren Umfrageergebnissen übertrumpften sich die Parteien praktisch in ihren Erklärungen und Ursachenforschungen. Die Medien waren voll von Sonderberichterstattungen über die Frage: »Was nun, Deutschland?«
    Einige Erklärungsversuche setzten bei der hohen Arbeitslosigkeit an, die die Zehn-Prozent-Marke überschritten hatte. Andere machten die wachsende Politikmüdigkeit und den Vertrauensverlust der Menschen in die

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