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Die Lust des Bösen

Die Lust des Bösen

Titel: Die Lust des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cassandra Negra
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persönlich sein, so wie Sie ihn beschreiben«, konterte Mayer in seiner brummigen Art und lachte dabei.
    Er erntete einen missbilligenden Blick von Lea, die keine Zeit mehr verlieren wollte und zum Aufbruch drängte. Sie wollte gleich zu Hausmann nach Frankfurt fliegen. Gewiss würde sie eine kurzfristige Ausnahmegenehmigung für diese Reise bekommen – dieser Fall hier war schließlich alles andere als gewöhnlich.

    R obert Hausmann war keiner, der zur Masse gehörte. Seine Wortgewandtheit war weithin bekannt.
    »Natürlich haben wir Macht, meine Damen und Herren. Aber es ist nicht die Frage, ob wir diese Macht haben oder nicht, sondern die Frage, wie wir mit ihr umgehen und ob wir sie verantwortungsbewusst einsetzen oder nicht.«
    Der Banker war in seinem Element, ein Redner, der mitreißen und begeistern konnte. So auch heute. Man hätte in dem Saal eine Stecknadel fallen hören können, so still war es. Gespannt blickte das Auditorium zu Hausmann auf, der mit jedem Wort, das er sagte, so authentisch wirkte.
    Vielleicht war auch das ein Teil der Faszination, die von ihm ausging. Bei einigen seiner Gesprächspartner weckte er zuweilen den Eindruck, machtgierig, kalt und arrogant zu sein. Aber das war er ganz und gar nicht. Tief in seinem Innersten war er trotz seines Erfolgs verletzbar geblieben. Er hatte Erfolg, aber er war keiner der ehrgeizigen und kühlen Erfolgsmenschen.
    Dass er dennoch auf seine Mitmenschen manchmal so wirkte, mochte wohl an der Reserviertheit liegen, mit der er ihnen zunächst begegnete. Zwar war er dabei durchaus charmant, doch wartete er erst einmal ab und taxierte seinen Gesprächspartner, um herauszufinden, was für ein Mensch ihm gegenübersaß. Denn wenn Hausmann eines nicht mochte, dann waren es Schwätzer und Besserwisser. Man könnte es auch mit einer englischen Redensart ausdrücken: »He couldn’t easily stand fools.« Nicht zuletzt waren es aber seine kompromisslose Offenheit und sein Interesse an Menschen, die ihn auszeichneten.
    »Eine aktive Wirtschaftspolitik, meine Damen und Herren«, sprach er weiter, »ist immer untrennbar mit einem verantwortlichen und wirksamen Management verbunden. Und da sind wir alle gefordert. Jeden Tag aufs Neue.«
    Hier machte er eine lange Pause, um den appellativen Charak ter seiner Worte zu unterstreichen und sie auf die anwesenden Manager und Politiker wirken zu lassen. Sein Blick schweifte durch den Saal und blieb an einer attraktiven jungen Frau hängen, die in der ersten Reihe saß. Ein Lächeln huschte über seine Lippen und verlieh seinem markanten Gesicht für einen Moment einen fast schon femininen Ausdruck, bevor er fortfuhr: »Denn nur, wenn wir uns dieser Verantwortung auch stellen, werden wir etwas bewegen und etwas verändern können.«
    Der promovierte Kaufmann wirkte jetzt äußerst engagiert, er gestikulierte mit den Händen, um die Ernsthaftigkeit seines Anliegens noch zu unterstreichen. Inzwischen hatte er sich einige Schritte vom Rednerpult entfernt. Wenn er eines noch nie gekonnt hatte, dann war es Stillstehen. Er ging ein Stück weit auf das Publikum zu, während er redete: »Ein hochindustrialisiertes Land wie Deutschland, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, braucht ständige Erneuerung, auch wenn dies die Überwindung erheblicher Widerstände erfordern sollte. Ich fordere Sie deshalb auf, gemeinsam mit mir dafür zu kämpfen, dass wir mit einer kreativen Unruhe und einem innovativen Chaos unsere Unternehmen ständig verbessern.«
    Sein Blick wanderte hinüber zur Bildungsministerin, als er sagte: »Jede Gesellschaft kann auf Dauer nur so intelligent, leistungsfähig und erfolgreich sein wie die Menschen, aus denen sie besteht. Es kommt deshalb darauf an, immer wieder Bedingungen zu schaffen, die es jedem Einzelnen erlauben, seine vorhandenen Fähigkeiten und Talente voll zu entfalten und auszuschöpfen. Dazu gehört zweierlei: dass jeder die Möglichkeit bekommt, sich zu bilden – die Chancen also gleich sind – und dass die besonders Begabten und Fähigen besser sein dürfen, ja, besser sein sollen. Dazu ist es nötig, Leistung zu fördern und sie anzuerkennen. Es ist kein Luxus, große Begabungen zu fördern, sondern es ist Luxus, und zwar ein sträflicher Luxus, dies nicht zu tun.«
    Hausmann machte eine Pause und blickte in die Runde.
    »Meine Damen und Herren, ich danke Ihnen, dass Sie mir so aufmerksam und engagiert zugehört haben, und freue mich auf eine spannende Diskussion nach der

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