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Die Lust des Bösen

Die Lust des Bösen

Titel: Die Lust des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cassandra Negra
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wohl purer Hass sein musste. Wenn es dem Täter aber allein darum ging zu bestrafen, dann war die Frage, wofür? Warum? Hier fehlte ihr eine plausible Erklärung. Sie mussten mit den Menschen sprechen, die Hannah Hausmann in der letzten Zeit am nächsten gestanden hatten – mit ihren beiden Mitbewohnern.

    E s klingelte.
    »Benni, kannst du mal zur Tür gehen? Ich bin am Kochen«, rief Kurt aus der Küche.
    »Wer ist denn da?«, fragte Benni über die Gegensprechanlage und drückte den Knopf, als Max Hofmann vom LKA Berlin sich meldete.
    Die Haustür öffnete sich summend, und der Kommissar nahm die Treppenstufen spielend und voller Energie. Trotz seiner fünfundfünfzig Jahre war er noch sehr sportlich und gut durchtrainiert.
    Benni begrüßte den Beamten, wenn auch etwas skeptisch. Es wurde schließlich Zeit, dass endlich einmal jemand von der Kripo hier bei ihnen vorbeischaute. Er hatte schon befürchtet, dass sich niemand wirklich um den Fall kümmerte – so wie vor ein paar Tagen, als sie bei diesem lahmen Beamten saßen, der die ganze Zeit auf seine dämliche Schreibmaschine eingehämmert hatte. Immer schön eins nach dem anderen. Und dann hatte er ihnen nur erklärt, dass er doch nichts für sie tun könnte.
    Benni musterte den Kommissar argwöhnisch. Viel versprach er sich nicht von diesem abgehalfterten, nach Alkohol riechenden Mann, der ihn unvermittelt an den Draufgänger-Kommissar Schimanski erinnerte. Vermutlich ein Einzelgänger, der in einer verdreckten Bude hauste, zu viel trank und sich einer expliziten, vulgären Ausdrucksweise bediente. Hatte das LKA nichts Besseres zu bieten?
    Wenig später saßen die drei im Wohnzimmer.
    »Also, wenn wir dir irgendwie helfen können?«
    Hofmann war irritiert, dass die beiden ihn duzten. Aber das war wohl ihre Art. Er versuchte sich vorzustellen, was Hannah wohl für ein Mensch gewesen sein mochte, dass sie mit den beiden so eng befreundet gewesen war. Besonders intelligent kamen die zwei Burschen ihm jedenfalls nicht vor, sondern eher etwas einfältig.
    Aber vielleicht war das ja so etwas wie die kleine Familie, die Hannah immer gesucht und hier gefunden hatte. Möglichweise hatten die beiden ihr Halt gegeben? Sie wirkten besorgt. Ja, sie waren »Kümmerer«, wie es sie in der heutigen Zeit nur noch wenige gab. Freunde im besten Sinne des Wortes, zwei, auf die sie sich wohl auch in schweren Zeiten hatte verlassen können.
    »Das mit Hannah geht uns ziemlich nahe«, versuchte Benni eine Erklärung und kämpfte mit den Tränen.
    Ah, zwei Sensibelchen, überlegte der Kommissar.
    So hatte er sich Schwule immer vorgestellt: dieses weiblich anmutende Gehabe, die femininen Bewegungsmuster, die farben frohe Kleidung, die geschmackvolle Einrichtung und die blonden Strähnchen im Haar. Er mochte sie nicht, ihre Art zu leben war ihm fremd. Ihr Wesen mit all dem verweichlichten Getue, dieser Gefühlsduselei, das alles war ihm zutiefst suspekt. Dennoch waren die beiden ihm nicht unsympathisch.
    »Du musst wissen, sie war nicht einfach eine Mitbewohnerin, sondern eine gute Freundin«, meinte Benni verzweifelt. »Das alles ist so schrecklich. Wer macht so etwas? Und dann ausgerechnet Hannah, ein so herzensguter Mensch. Sie hatte ihr ganzes Leben noch vor sich. Ich begreife das nicht!«
    Max sah die beiden eine Weile an. Auch ihm fiele es schwer, all das zu begreifen, obwohl er schon lange beim LKA sei, versuchte er sie zu trösten.
    »Könnt ihr mir sagen, ob Hannah einen Freund hatte?«
    Also, soweit er wisse, mischte sich jetzt auch Kurt in die Unterhaltung ein, habe Hannah keinen Freund gehabt.
    »Vielleicht jemanden, mit dem sie gut befreundet war?«, hakte der Kommissar nach.
    »Nein, außer uns beiden gab es da niemanden.«
    Max stand auf und sah sich in der Wohnung um.
    »Wo ist eigentlich ihr Zimmer?«, fragte er schließlich interessiert.
    »Hier.« Benni war herbeigeeilt und begleitete ihn.
    Hannahs Zimmer war das größte und hellste der kleinen WG. Die Decken waren mit schönen Stuckmustern der Gründerzeit reich verziert, die Wände weiß. Merkwürdigerweise hatte Hannah keine Bilder aufgehängt, und es gab wenig Persönliches – nicht einmal Fotos der Familie.
    Max war ein guter Beobachter, und ihm entging nichts. Jedes Detail konnte ein Hinweis sein, auch wenn es zunächst nicht danach aussah. Schnell war ihm klar, dass er hier nichts finden würde, was ihm weiterhelfen würde.
    Er ging hinüber ins Esszimmer, und plötzlich blieb sein Blick an dem großen

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