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Die Lust des Bösen

Die Lust des Bösen

Titel: Die Lust des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cassandra Negra
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in gute Laune versetzen konnte. Vermutlich war sie die einzige Frau in Hitlers Leben, die er – neben seiner Mutter – wirklich geliebt hatte.
    Was Eva Braun hingegen für ihn gewesen war, blieb ein Rätsel. Nur eines schien festzustehen: Glücklich war diese Beziehung nicht gewesen – am allerwenigsten für Eva Braun, die gleich zweimal versuchte, sich das Leben zu nehmen.
    Hatte dieser Mord also vielleicht wirklich etwas mit Hitler und seinem Verhältnis zu Frauen zu tun? Und wenn ja, ging es dem Täter um Frauen, die sein Führer gemocht, oder ging es ihm vielmehr um jene, die er gehasst hätte? Ging es um Bewunderung oder Verachtung?
    Fragen über Fragen – aber für Lea waren sie wichtige Schritte, um sich ein Bild der Persönlichkeit des Täters machen zu kön nen.
    Es war schon früh am Morgen, gegen zwei Uhr, und sie wusste, dass sie das Rätsel heute nicht mehr würde lösen können. Dieser Ort aber hatte etwas sehr Spezielles. Je mehr sie sich mit ihm beschäftigte, desto besser konnte sie sich einfühlen und sich vorstellen, was der Täter empfunden und was ihn hier vielleicht inspiriert haben mochte.
    Eine ganze Weile hing sie ihren Gedanken nach, und ihren Begleiter hatte sie dabei fast vergessen.
    »Wissen Sie«, bemerkte sie zu Carlson gewandt, als ob sie sich entschuldigen wollte, »die Besichtigung eines Tatorts ist vergleichbar mit der eines altägyptischen Grabraumes. Zunächst sieht man nur die Wände, die voller Hieroglyphen sind. Und nur dann, wenn man die Sprache kennt, vermag man die Botschaften zu lesen und mehr über die Menschen zu erfahren, die das Grab erbaut haben. Wer die Schrift nicht zu lesen vermag, für den sind die Reliefs einfach nur schöne Bilder an der Wand, ohne jede Bedeutung.
    Erst durch die Lesart fangen Spuren an zu reden. Es ist die Wahrnehmung, mit der wir vorher bedeutungslose Dinge zu möglicherweise bedeutungsvollen Spuren werden lassen. Spuren, denen wir nachgehen können und die uns zu verdächtigen Personen führen. Spuren allein sind stumm, nur unsere Vorstellungskraft bringt sie zum Reden.«
    Dieser nächtliche Besuch im Bunker hatte Lea zweifelsohne neue Denkanstöße gegeben, die einiges mehr über das Frauenbild des Täters zu verraten schienen.
    »Lassen Sie uns diesen ungastlichen Ort hier verlassen, damit die Geister wieder ihre Ruhe haben«, sagte sie.
    »Ja, die Geister, die wir riefen«, ergänzte Carlson vieldeutig.
    Nach dieser Besichtigungstour konnte die junge Profilerin nur schwer einschlafen. Entsprechend gerädert erschien sie am nächsten Morgen im Büro. Dem routinierten Kommissar Max Hofmann reichte ein kurzer Blick, dann ging er rüber zur Kaffeemaschine und brachte Lea einen Latte Macchiato mit viel Schaum und doppeltem Espresso.
    »Ich denke, den hast du jetzt nötig, oder?«
    Dankbar blickte sie ihn an und begann über ihren Besuch im Bunker zu berichten.
    Sie war schon etwas verrückt, diese junge Kollegin, fand Max. Aber eines musste man ihr lassen: Wenn sie sich einmal in etwas verbissen hatte, dann ließ sie nicht locker. Auch dann nicht, wenn es mitten in der Nacht war. Das gefiel ihm. Viel von ihr erinnerte ihn an seine Anfangszeit. Wie enthusiastisch er da noch gewesen war – und was war davon heute noch übrig? Hoffentlich würde sie nicht so enden wie er selbst – so abgestumpft, gleichgültig und resigniert.
    »Hast du eine neue Spur?« fragte er und versuchte, seine wehmütigen Gedanken zu verdrängen.
    Die Fallanalytikerin berichtete von dem Bild, dessen Anblick sie geradezu elektrisiert hatte: Die Darstellung einer blonden Frau, die nach den Ausführungen des pensionierten Richters Carlson die Germania sein sollte. Sie musste eine zentrale Bedeutung für den Täter haben. Wahrscheinlich sah er in ihr all das, was für ihn Weiblichkeit darstellte: das blonde Haar, die Schönheit, eine Frau, die untertänig und willfährig war und all seine Wünsche erfüllte – eben allzeit bereit. Aber das war nur die eine Seite der Medaille.
    »Denn wir wissen ja inzwischen, dass Hannah Hausmann aus einer angesehenen jüdischen Familie kam«, ergänzte ihr Kollege, der sich lässig auf der Schreibtischkante setzte.
    »Richtig«, bestätigte die Kommissarin und nickte, aber blond, jüdisch und eine Germania? Das passte nicht zusammen. Wieder war sie bei der Frage angelangt, ob es nun Bewunderung oder Verachtung war, die den Mörder umtrieb.
    Und je mehr sie die beiden Möglichkeiten gegeneinander abwog, umso überzeugter war sie, dass es

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