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Die Lutherverschwörung - historischer Roman

Die Lutherverschwörung - historischer Roman

Titel: Die Lutherverschwörung - historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brunnen Verlag
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lockerte sich. Oder ließ nun endlich seine Kraft nach? Mit einem Ruck konnte sich Wulf lösen und landete auf dem Boden. Neben ihm lag der Stock des Alten. Er griff danach, und als er sich wieder aufrichtete, sah er, dass Wladislaw nach dem Messer fasste. Doch noch ehe er es erreichte, schlug Wulf zu. Er zielte auf den Kopf, traf aber die Schulter. Wladislaw bäumte sich auf. Der zweite Schlag traf ihn am Kopf. Trotzdem fiel er nicht, sondern ging auf Wulf los und umklammerte ihn mit beiden Armen. Die Todesangst kehrte zurück, Wulf schloss mit seinem Leben ab. Dann plötzlich löste sich der Griff.
    Â»Mein Kleiner!«, sagte Wladislaw und sank auf einen Kornhaufen, ganz ruhig und sachte, ähnlich vielleicht wie ein Bauer, der einen langen Tag auf dem Feld verbracht hat, sich zur Erholung ins kühle Gras legt.
    In diesem Moment begannen die Glocken des Doms zu läuten. Der Glockenschall drang durch die dicken Wände des Speichers und füllte den Raum wie ein Totengeläut. Wulf betrachtete die leblose Gestalt neben dem Kornhaufen mit Respekt, Scheu und Abscheu. Noch immer rechnete er damit, dass Wladislaw wieder aufspringen und ihn angreifen könnte.
    Â»Hättest du nicht Katz und Maus gespielt«, sagte Wulf laut, »würde ich hier liegen. Aber das ist euer Fehler, dass ihr mich alle unterschätzt!«
    Er packte den Leichnam und zog ihn hinter einen Kornhaufen. Dann ging er zum Laden, öffnete diesen einen Spalt breit und schaute hinüber zum Dom. Genau in diesem Moment hielt der Kaiser Einzug, in Begleitung der Kurfürsten und seiner Ratgeber. Durch die offenen Fenster konnte Wulf beobachten, wie er durch die Aula Major schritt und auf seinem Thron Platz nahm. Der Saal konnte die Menge der Zuschauer kaum fassen, bald würde die Hauptverhandlung beginnen.
    Noch hatte der Ketzer den Saal nicht betreten, aber Wulf konnte die Stelle, wo er stehen würde, bestens einsehen. Er ging zu seiner Armbrust, holte die Kurbel hervor, stemmte seinen Fuß in den Bügel und spannte den Bogen. Auf der Mittelsäule ruhte der Bolzen mit Widerhaken.
Ich werde nur einen Versuch haben
. Wulf berührte mit Daumen und Zeigefinger die Spitze des Bolzens.
Mehr verlange ich nicht. Dein Wille, Jungfrau, geschehe
. Und er trat mit der schussfertigen Waffe ans Fenster.

K APITEL 40
    Bald würde die Verhandlung gegen Luther beginnen. Anna war überzeugt, dass sich Wulf irgendwo in der Stadt herumtrieb. Wie sie von Jost erfahren hatte, hielt sich Wulf, bevor er den Mord in der Kathedrale beging, in einem Kornspeicher gegenüber vom Dom auf. Jost sagte, Wulf hätte geplant, Luther von dort aus mit der Armbrust zu töten – durch eines der Fenster, die immer offen standen, weil die Luft im Saal sonst unerträglich war.
    Also hatte Wulf seine Taktik gewechselt. In Wittenberg hatte er Luther unauffällig töten wollen – und dazu sie und Martha als seine Werkzeuge missbraucht. Wie ließ sich der Sinneswandel erklären? Sie kam zu dem Ergebnis, dass jeder Versuch, einen Menschen wie Wulf nach logischen Maßstäben erfassen zu wollen, zum Scheitern verurteilt war. Dieser Mann stellte einen Widerspruch in sich selbst dar. Einerseits war er intelligent und plante seine Aktionen sorgfältig, dann aber handelte er spontan und impulsiv und warf alles über Bord, was vorher noch galt. Die einzige Konstante war sein Plan, Luther zu töten.
    Er wird es wieder versuchen, dachte Anna, heute, während der Verhandlung. Allerdings standen seine Chancen schlecht, denn Jost hatte dafür gesorgt, dass der gesamte Platz vor dem Dom scharf überwacht wurde. Seine Leute patrouillierten dort, unterstützt von der Stadtwache und von anderen Söldnern. Man achtete vor allem auf die dem Dom gegenüberliegenden Häuser; und außerdem wollte Jost sich darum bemühen, dass diesmal die Fenster während der Verhandlung geschlossen blieben.
    Anna stand mitten auf dem Platz, den Dom im Rücken und die Häuserzeile vor sich. Der Markt war wie immer gut besucht. Überall zwischen den Ständen patrouillierten Josts Söldner. Hier war für Wulf kein Durchkommen. Nein, dachte sie, er wird etwas anderes versuchen – vielleicht will er in den Saal kommen. Aber das schien noch unwahrscheinlicher zu sein. War Wulf vielleicht doch aus der Stadt geflüchtet, um nicht zurückzukehren? Nur ein Wahnsinniger würde wiederkommen, dachte sie … und im gleichen

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