Die Lutherverschwörung - historischer Roman
Luther und seine Theologie.«
Friedrich stimmte ihm zu, meinte aber, dass der Kaiser Rücksicht nehmen müsse. Entscheidungen könnten nur im Konsens getroffen werden mit den Mächtigen im Reich ⦠und ein kleines Wörtchen habe auch er mitzureden. »Allerdings mache ich mir keine Illusionen«, fuhr er fort, »wir können bestenfalls erreichen, dass man Luther nicht hinrichtet. Dass seine Lehren gebilligt werden â das ist undenkbar!«
Da sei noch etwas, sagte Jost, der Kurfürst sei ein viel beschäftigter Mann, und er habe bisher keine Gelegenheit gehabt, mit ihm darüber zu sprechen. Aber es gebe einen Mann, der bereits in Wittenberg und jetzt wieder in Worms versucht habe, Luther zu töten. Er befürchte, dass dieser Mann die heutige Verhandlung benutzen werde, sein Ziel zu erreichen. Es sei deshalb wichtig, möglichst wenig Zuschauer zur Sitzung zuzulassen â ideal wären gar keine. AuÃerdem würde er sich wünschen, dass man die Fenster geschlossen halte.
Spalatin schüttelte den Kopf. »Der Wormser Stadtrat hat vom Kaiser die ausdrückliche Genehmigung, Zuschauer zu den Verhandlungen zuzulassen.«
»Gut«, sagte Jost, »aber die Abmachung ist wahrscheinlich zu einem Zeitpunkt getroffen worden, als niemand ahnte, was für einen Ansturm Luthers Kommen auslösen würde. Gestern sind die Zuschauer nicht einmal kontrolliert worden, bevor sie den Saal betraten.«
»Spalatin hat recht«, stimmte der Kurfürst zu. »Darauf habe ich leider überhaupt keinen Einfluss. Wer ist denn dieser Mann, der Luther töten will?«
Jost erzählte dem Kurfürsten in Kürze alles, was er über Wulf wusste. Er könne keinen greifbaren Beweis liefern, aber er sei davon überzeugt, dass eine hochgestellte Persönlichkeit Wulf mit dem Mord beauftragt habe.
»Von wem redet Ihr?«
»Von Bischof Brangenberg.«
»Brangenberg? Der ist mir schon immer suspekt gewesen. Begründet Euren Verdacht näher.«
Nun musste Jost etwas weiter ausholen und im Detail über das Geschehene berichten.
»Bisher bin ich etwas unentschieden gewesen«, sagte Friedrich daraufhin, »aber nun werde ich alles tun, um Luther zu schützen.«
»Haltet Ihr es in diesem Fall nicht für sinnvoll«, fragte Jost, »dass man Luther verschwinden lässt â vorausgesetzt, er landet nicht auf dem Scheiterhaufen.«
»Verschwinden lässt?«
»Nun, ich meine damit, ihn irgendwo zu verstecken«, sagte Jost, »wo er in Sicherheit ist, damit ihn niemand finden kann.«
»Darüber habe ich, ehrlich gesagt, auch schon nachgedacht«, erwiderte Friedrich. »Denn Luther ist ein Stein des AnstoÃes und gibt fortwährend eine Zielscheibe ab für Angriffe. Aber wohin mit ihm?«
Jost zuckte mit den Achseln: »Vielleicht eignet sich eine einsam gelegene Burg?«
Friedrich vergrub das bärtige Kinn in seiner linken Hand. »Die Wartburg vielleicht«, meinte er nach einer Weile.
»Am besten wäre es«, fügte Jost hinzu, »wenn man ihn verkleidet ⦠zum Beispiel als Junker ⦠um die Tarnung perfekt zu machen.«
»Ich werde darüber nachdenken«, entschied der Fürst. »Aber erst einmal muss ich abwarten, was der heutige Tag bringt.«
Und damit war Jost entlassen.
Vier Uhr nachmittags
Als der Kaiser mit seinem Gefolge den Saal betrat, erhoben sich alle von ihren Sitzen. Karl nahm Platz und bedeutete dem Rest der Versammlung, seinem Beispiel zu folgen. Jost musste sich â wie bei der ersten Verhandlung â mit einem Stehplatz begnügen, aber das war ihm ohnehin lieber. Er hatte den Eindruck, als seien noch mehr Zuschauer anwesend als am Tag zuvor. Die Luft war stickig und schwer wie immer, wenn zu viele Menschen in einem Raum versammelt waren. Noch war der Saal erfüllt von Stimmen, die durcheinander redeten, doch allmählich wurde es ruhiger.
Durch die offen stehenden Fenster fiel die Frühlingssonne auf die rechten, aufsteigenden Bankreihen, während die gegenüberliegende Seite vollständig im Schatten blieb. Das Licht blendete so stark, dass sich manche die Hand vor die Augen hielten. Jost stand im Schatten. Sein Blick ging über die Reihen der Fürsten und Adligen hoch zu den offenen Fenstern, die ihm ein Dorn im Auge waren.
Zunächst wurden Reichsangelegenheiten verhandelt, die nichts mit Luther zu tun hatten. SchlieÃlich
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