Die Lutherverschwörung - historischer Roman
in diesem Moment mit seiner Waffe dort oben â er würde den Dämon vor den Augen seiner Gefolgschaft hinrichten!
»Christus ist der direkte Weg zu Gott, er hat sich für uns geopfert. Das Vertrauen auf die sogenannten guten Werke, mit dem die Ablasshändler ihre Geschäfte betreiben, wird uns nicht weiterhelfen. Stattdessen wollen wir mit priesterlichem Glauben alle uns bedrängende Not auf Christus legen. Nur so können wir gewiss sein, dass unsere Seele erlöst wird: Der Glaube, der auf die Zusagen Christi gegründet ist, kann nicht trügen noch fehlgehen.«
Nun hatte Wulf es mit eigenen Ohren gehört. Luther war schlimmer als sein Ruf, denn dieser Mann stellte die Leiden der Märtyrer, die Sakramente, die Messe, um es kurz zu machen, alles was heilig war, in Frage. Er war ganz gewiss der Antichrist der Endzeit, dessen Kommen schon vor Jahrtausenden verkündet worden war! Wulf sah eine groÃe, eine heilige Mission vor sich: Er würde diesen Mann töten! Sollte der Plan mit Anna scheitern, waren andere MaÃnahmen erforderlich. Das hatte nichts mehr mit Brangenberg zu tun. Hier ging es darum, dem Teufel â dem Teufel
persönlich
â Einhalt zu gebieten!
K APITEL 17
Wenn sie Marthas Leben retten wollte, musste Luther heute sterben. Heute! Morgen wäre er bereits auf dem Weg nach Worms.
Cranach hatte zu einer Feier geladen, um im familiären Kreis von Luther Abschied zu nehmen. Die Ostertage waren ruhig verlaufen. Luther hatte in der Stadtkirche gepredigt, als sei nichts geschehen. Seine Vorladung zum Reichstag hatte er nicht direkt erwähnt; nur wer genau hinhörte, entdeckte Anspielungen. Cranachs Einladung hatte er zunächst abgelehnt â man solle die Angelegenheit nicht dramatisieren, und er brauche noch Zeit, um sich vorzubereiten. Aber Cranach war hartnäckig geblieben: Luther könne sich noch während der Reise überlegen, was er dem Kaiser sagen wolle. Seine Freunde seien wichtiger, die würden ihm den Rücken stärken, unter allen Umständen. Er möge sich bitte einen Abend frei halten. Luther hatte noch eine Weile gezögert, aber schlieÃlich zugesagt.
Der Reichsherold und Luther hatten vereinbart, am 2. April die Reise anzutreten. Um Luther die Fahrt zu erleichtern, stellte der Magistrat eine offene Kutsche samt Pferdegespann zur Verfügung. Am Vorabend sollte die Abschiedsfeier im Cranachhof stattfinden, und Lucas hatte entschieden, dass kein Aufwand zu scheuen sei.
Barbara Cranach plante die Feier â bei ihr liefen alle Fäden zusammen. Etwa fünfzig Gäste wurden für den Abend erwartet. Es war Vormittag, und Anna hörte Barbaras Stimme aus der Küche, wo sie den Mägden Gudrun und Judith und der Köchin Anweisungen gab.
Sie betrat den Raum. Ãberall auf den Tischen lagen Würste, Gemüse, Kräuter, Messer und Schöpfkellen; riesige Töpfe und Krüge standen einsatzbereit daneben.
»Aber das ist zu viel für uns beide«, jammerte Gudrun gerade. »Das können wir unmöglich allein bis heute Abend bewältigen.«
Ein besseres Stichwort hätte sich Anna kaum wünschen können; manchmal brauchte man eben Glück.
»Ich kann gern mithelfen«, erklärte sie der Hausherrin.
Barbara schaute sie überrascht an. »Das kommt ja wie gerufen â¦Â«
»Ich könnte den Wein ausschenken«, schlug Anna vor.
Judith zog die Brauen zusammen. »Dafür bin ich zuständig!«
»Genau. Der Wein ist Judiths Sache«, entschied Barbara. »Aber wenn du möchtest, dann hilf doch beim Auftragen der Speisen.«
Anna willigte sofort ein. Sie ging in ihre Kammer und zog sich um. Den Beutel mit dem Pulver versteckte sie in einer Innentasche ihres Rockes. Das Gift brauche Stunden, bis es wirke, hatte Zainer gesagt, niemand würde Anna verdächtigen. Wenn alles gelang, würde man glauben, Luthers Herz habe versagt, was angesichts der bevorstehenden Reise und aller Aufregungen durchaus glaubhaft wäre. AuÃerdem klagte er schon seit längerer Zeit, er könne kaum noch atmen und etwas drücke ihm aufs Herz. Wenn man ihm eine Weile zuhörte, konnte man glauben, sein Tod stünde kurz bevor. Dabei trank er kräftig Wein und lieà es sich schmecken â¦
Wie würde es sein, wenn alles gelang? Könnte sie zusammen mit Martha ein normales Leben führen? Oder würde sie büÃen für das, was sie tat? Würde sie
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