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Die Lutherverschwörung - historischer Roman

Die Lutherverschwörung - historischer Roman

Titel: Die Lutherverschwörung - historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brunnen Verlag
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und gegen die leeren austauschte. Wenn das so weiterging, würde der Abend ungenutzt verstreichen. In Gedanken war alles viel leichter gewesen.
    Luther trank immer aus demselben Becher, bemerkte Anna. Ein kleiner Krug mit Wein stand in seiner Nähe. Sobald er ein paar Schluck genommen hatte, schenkte die aufmerksame Judith ihm schon nach. Jost Gessner saß am selben Tisch wie Luther, redete aber wenig.
    Schon ordnete Barbara an, alle leeren Schüsseln wegzuräumen und die Lebkuchen zu servieren. Man stürzte sich auf die Süßspeise, die es sonst nur zu Weihnachten gab. Die Köchin durfte sich zurückziehen; von nun an wurden nur noch zwei Hilfen gebraucht. Anna gab vor, überhaupt noch nicht müde zu sein, woraufhin Gudrun die Gelegenheit ergriff und sich ebenfalls davonmachte. Nun waren Anna und Judith allein.
    Veit Stemmer, ein Mitglied des Stadtrats und Anhänger Luthers, hob einen leeren Krug in die Höhe. Judith eilte los, ihn mit Nachschub zu versorgen. Zum ersten Mal an diesem Abend war Anna allein in der Küche. Auf dem Tisch standen ein halbvoller großer Weinkrug und drei kleine, die leer waren. Nun hätte sie das Gift in einen der leeren Krüge schütten können – aber würde der richtige an Luthers Tisch landen? Und wie konnte sie verhindern, dass ein anderer davon trank? Judith kam in die Küche. Sie musste die kleinen Krüge aus dem großen nachfüllen.
    Die Eingebung, was sie zu tun hatte, kam Anna blitzartig. Es war, als sei ihr der Gedanke von außen zugeflogen.
    Â»Warte, ich helfe dir!«
    Â»Nein, nein, nicht nötig, das geht schon.«
    Aber Anna achtete nicht auf Judiths Worte, griff nach dem großen Krug und zerrte ihn Judith förmlich aus der Hand – dabei stellte sie sich so ungeschickt an, dass der Wein nicht im kleinen Krug landete, sondern auf Judiths Rock und Schürze.
    Â»Um Gottes Willen! Was hast du gemacht?« Judith schaute an sich herunter: Anna hatte ihr den halben Krug übergegossen, sogar Judiths Strümpfe schwammen in der roten Flüssigkeit, auf dem Boden bildete sich eine Lache.
    Â»Das tut mir leid«, sagte Anna und gab sich Mühe, beschämt zu wirken. »Ich wollte dir nur helfen.«
    Â»Auf solche Hilfe kann ich gern verzichten!«
    Barbara Cranach kam in die Küche. »Was ist das für ein Lärm?« Sie sah, was geschehen war. »Judith, geh in deine Kammer und zieh dich um. Wasch das sofort aus.«
    Â»Aber da ruft schon wieder jemand nach Wein.«
    Â»Es war meine Schuld«, sagte Anna. »Ich wollte helfen und habe dabei den Wein verschüttet.«
    Â»Darüber werden wir morgen noch reden. Judith, du gehst jetzt! Anna – übernimm den Ausschank! Wenn noch jemand etwas essen will, musst du dich auch darum kümmern!«
    Judith ging davon.
    Â»Beeil dich, Anna, sie rufen nach Wein«, sagte Barbara und kehrte zu ihren Gästen zurück. Anna füllte den kleinen Krug und trug ihn eilig hinüber. Der Buchdrucker Hans Lufft streckte schon die Hand danach aus und füllte seinen eigenen Becher und den des Lizenziaten Nikolaus von Amsdorf, der ein Ordensfreund Luthers war.
    Kurz darauf war Anna allein in der Küche, sie tupfte sich mit dem Handrücken gegen die Stirn. Zum ersten Mal an diesem Abend hatte sie eine reelle Chance, aber die Aufgabe war noch immer schwierig. Sie konnte das Pulver nicht in den Krug schütten, von dem auch Lucas und andere tranken.
Das Gift musste in Luthers Becher!
Anna hielt sich die Hände vors Gesicht, und als sie die Augen öffnete, sah sie verschwommen, dass jemand in der Tür stand. Sie fuhr sich mit der Hand über die Augen, als sei sie müde.
    Â»Fehlt Wein?«
    Jost Gessner schüttelte den Kopf. »Ich wollte nur sehen, wie es Euch geht.«
    Â»Da habt Ihr einen schlechten Moment ausgesucht.«
    Â»Macht eine Pause. Es sind alle versorgt.«
    Am liebsten hätte sie ihn hinausgeworfen, denn ihre Nerven lagen blank, aber sie durfte jetzt keinen Fehler begehen. Er schaute ihr forschend in die Augen. Bemerkte er, dass sie geweint hatte?
    Â»Werdet Ihr Luther nach Worms begleiten?«, fragte Anna.
    Er nickte. »Wir brechen morgen auf. Ich habe kein gutes Gefühl, unterwegs kann so viel passieren!«
    Für einen Moment spielte sie mit dem Gedanken, ihm alles zu enthüllen. Aber nein, sie durfte nicht den Kopf verlieren. Sie wechselten ein paar belanglose Worte, und endlich ging er

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