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Die Lutherverschwörung

Die Lutherverschwörung

Titel: Die Lutherverschwörung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Born
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betrifft: Er enthält etwas Wertvolles, deshalb trage ich ihn immer bei mir.«
    »Das ist verständlich, so würde ich es auch machen.«
    »Lasst mich jetzt vorbei, ich habe zu tun.«
    »Ich kann mich nicht erinnern, dass Ihr den Sack bei Euch hattet, als Ihr ankamt.« Der Alte wurde langsam lästig.
    »Ich vertraute ihn einem Freund an – wie auch mein Pferd.«
    »Das war klug von Euch. Wie heißt es im Sprichwort so treffend: Glücklich der Mann, der auf Freunde zählen kann!«
    »Und der Psalmist«, erwiderte Wulf, »spricht Folgendes: Wir bringen unsere Tage zu wie ein Geschwätz.«
    »Wie wahr! Verzeiht einem alten Mann.« Wladislaw trat zur Seite, Wulf ging an ihm vorbei, stieg die Treppe hinunter und verließ das Haus. Er war unzufrieden mit sich, hätte sich besser auf eine solche Situation vorbereiten müssen. Der Alte misstraute ihm, so viel war klar. Sie würden sich von nun an scharf im Auge behalten.
    Wulf vermied es, den Marktplatz zu überqueren, wo mittlerweile alle Stände aufgebaut waren und Gedränge herrschte. Abgeordnete strömten aus verschiedenen Richtungen zum Sitzungssaal des Reichstages im Bischofshof, geistliche und weltliche Fürsten, prächtig gekleidet, Vertreter der freien Reichsstädte, viele in Begleitung von Söldnern, darunter auch Spanier. Er wählte nicht den direkten Weg zum Rheintor, sondern folgte der fast menschenleeren Gasse, in der sich die Unterkünfte der Wollweber befanden. Eine Frau entfernte mit einer kleinen Schaufel Kothaufen, die vor ihrer Tür lagen; an einem der Häuser arbeiteten Dachdecker, und drei Mädchen spielten Seilhüpfen. Die Hauswirtin hatte ihm erzählt, dass das Textilgewerbe in der Stadt einst eine wichtige Rolle spielte. In den letzten Jahren habe sich das zwar geändert, aber durch den Reichstag erhoffe man neuen Aufschwung. Wulf sah durch ein offen stehendes Fenster, in dem sich blitzend die Sonne spiegelte, eine Frau am Webstuhl sitzen; sie trug ein blaues Kopftuch und summte ein Lied. Beim Brunnen am Fischmarkt standen Frauen mit ihren Krügen. Wulf beschloss, auch um diesen Platz einen Bogen zu machen – da entdeckte er Hanna.
    Er blieb stehen: All die Tage, seit er aus Wittenberg geflohen war, hatte er an sie denken müssen, selbst während des Sturms hatte er dieses Hirngespinst nicht aus seinem Kopf vertreiben können. Was war das Besondere an ihr? Hanna war nicht allein, sondern eine der Frauen aus dem Badehaus stand bei ihr, die Magere. Sie trugen Krüge bei sich und warteten, dass sie an die Reihe kämen. Während sie sich unterhielten, legte Hanna den Kopf in den Nacken; er hörte ihr Lachen.
    Neben dem Brunnen lagen die Eingeweide von Fischen. Der ganze Platz roch danach. Die beiden Frauen kamen an die Reihe, zogen an der Seilwinde und füllten ihre Krüge mit einem Eimer. Wulf war bei einem Haus stehen geblieben, wo drei Fischer ihre Netze zum Trocknen ausspannten; an der Hauswand standen Holzkisten mit ihrem Fang, darunter Forellen, Karpfen und Aale. Hanna und ihre Begleiterin stemmten schwere, rotbraune Krüge auf den Kopf und verschwanden in einem nahegelegenen Haus.
    Wulf rieb sich mit den Händen das Gesicht und schüttelte den Kopf, als könne ihm das helfen, denn es kam ihm vor, als hätte er gerade eine Vision gehabt. Schließlich zwang er sich zum Weitergehen, ehe die Fischer sein Verhalten verdächtig fanden. Er ging zum Stadttor und sah immer noch Hanna vor sich.
    Zum Rhein hin gab es zwei Tore mit Brücken, die zur Insel hinüberführten. Wulf wählte die schmalere der beiden. Vom Ufer aus bot sich ein Panoramablick auf die Stadt, deren Mauer aus einem älteren und einem neueren Teil bestand. Die Mauer, die den Stadtkern sicherte, war höher, wuchtiger und in kurzen Abständen von Türmen unterbrochen; rechts und links davon gab es eine niedrigere Mauer, mit nur zwei Türmen. Dahinter ragten die Dächer der Bürgerhäuser empor, vor allem aber die Türme der zahlreichen Kirchen und Klöster. Erst hier, von der anderen Rheinseite aus, sah man, wie viele es waren.
    Wulf war als Einziger von der Stadt zur Insel gelaufen, während umgekehrt drei Frauen zu Fuß sowie ein Pferde-und ein Eselskarren in Richtung Stadt unterwegs waren. Die frische Brise am Fluss belebte Wulf ein wenig. Er zog seine Mütze vom Kopf und ließ sich den Wind um die Ohren wehen. Ein tief beladenes Schiff lief auf den Hafen zu, die Wellen glitzerten silbern, und er beobachtete zwei weiße Schwäne, die auf ihn zuschwammen. Seit dem Sturm konnte er

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