Die MacGregors 05 - Stunde des Schicksals
Wart’s nur ab. Eine Schokoladenmousse«, sagte sie dann zum Kellner gewandt. »Und sparen Sie nicht mit der Schlagsahne.«
In seinem neu eingerichteten Büro saß Daniel an dem riesigen Eichenholzschreibtisch und steckte sich eine Zigarre an. Gerade hatte er die Anteilsmehrheit einer Firma gekauft, die Fernsehgeräte herstellte. Er rechnete sich aus, dass das, was momentan noch eine Neuheit war, in wenigen Jahren als fester Bestandteil in jedem amerikanischen Haushalt vorhanden sein würde. Außerdem machte es ihm selbst Spaß, in den kleinen Flimmerkasten zu schauen. Er kaufte gern Dinge, die ihm selbst Vergnügen bereiteten.
Sein größtes Projekt jedoch war im Moment die »Old Line Savings and Loan«. Er hatte vor, die kränkelnde Bank zum größten Kreditinstitut von Boston zu machen. Er hatte bereits zwei große Kredite verlängert und mehrere kleine refinanziert. Geld konnte sich nur vermehren, wenn es in Umlauf blieb. Der Bankmanager war entsetzt, aber Daniel ging davon aus, dass er sich entweder damit abfinden oder sich einen neuen Job suchen würde. In der Zwischenzeit hatte Daniel ein paar Nachforschungen anzustellen.
Anna Whitfield. Er kannte ihre Familie, denn ihr Vater gehörte zu den angesehensten Anwälten im Staat. Daniel hätte ihn fast engagiert, sich dann aber doch für den jüngeren und flexibleren Herbert Ditmeyer entschieden. Jetzt, da Herbert zum Bezirksstaatsanwalt gewählt worden war, brauchte er allerdings einen Nachfolger. Vielleicht war Anna Whitfields Vater die Antwort. Und auch Anna selbst könnte durchaus eine Lösung sein.
Die Familienvilla auf Beacon Hill war im achtzehnten Jahrhundert gebaut worden. Ihre Vorfahren waren echte Patrioten gewesen, die in der Neuen Welt eine neues Leben angefangen und es zu Wohlstand gebracht hatten. Seit Generationen gehörten die Whitfields als solide Stützen zur Bostoner Gesellschaft.
Nichts imponierte Daniel mehr als eine solide Ahnenreihe. Ob sie arm oder reich waren, interessierte ihn nicht. Für ihn zählten allein Kraft und Beharrlichkeit. Anna Whitfield stammte aus einer guten Familie, und das war Grundbedingung für die Frau, die Daniel einmal heiraten würde.
Sie stand mit beiden Beinen auf der Erde. Und sie war intelligent. Zwar studierte sie Medizin, was für eine Frau sehr ungewöhnlich war, aber er hatte schnell in Erfahrung gebracht, dass sie zu den Besten ihres Jahrgangs gehörte. Seine Kinder sollten schließlich keine Schwachköpfe sein. Sie war hübsch. Ein Mann, der eine Ehefrau und Mutter für seine Kinder suchte, musste auf Schönheit achten. Vor allem, wenn es sich dabei um eine solch sanfte, zarte Schönheit handelte.
Und sie hatte ihre eigene Meinung. Daniel wollte keine Frau, die stets nachgab und blind gehorchte. Allerdings erwartete er, dass sie sich letztendlich seinen Entscheidungen beugte.
Es gab ein Dutzend Frauen, die er umwerben und erobern konnte, aber keine von ihnen besaß dieses gewisse Etwas. Keine war eine Herausforderung. Nach nur einer Begegnung mit Anna Whitfield war Daniel überzeugt, dass sie ihm genau die bieten würde. Von einer Frau begehrt zu werden schmeichelte dem Selbstwertgefühl, aber eine Herausforderung weckte den Kampfgeist und heizte das Blut an. In ihm steckte genug von einem Krieger, dass er sich auf einen anständigen Kampf freute.
Und wenn es etwas gab, womit er sich auskannte, dann damit, wie man eine Übernahme vorbereitete. Zuerst fand er die Schwächen und Stärken des Gegners heraus, dann nutzte er beides für seine Zwecke. Daniel griff nach dem Telefon, lehnte sich zurück und machte sich ans Werk.
Wenige Stunden später kämpfte er mit dem Knoten seiner schwarzen Seidenkrawatte. Wie er das sah, lag das einzige Problem beim Reichtum darin, dass man sich entsprechend kleiden musste. Dass er im Smoking eine imposante Erscheinung abgab, war keine Frage, dennoch fühlte er sich darin einfach nicht wohl. Aber wenn es darum ging, eine Frau zu erobern, scheute er kein Opfer.
Laut seinen Informationen würde Anna Whitfield den Abend mit Freunden im Ballett verbringen. Zum Glück hatte er sich von seinem Steuerberater dazu überreden lassen, eine Loge zu mieten. Bisher hatte er sie kaum genutzt, aber allein der heutige Besuch lohnte die Investition.
Pfeifend ging er nach unten. Manche fanden eine Villa mit zwanzig Zimmern für einen alleinstehenden Mann übertrieben, aber für Daniel bedeutete das Haus mit den hohen Fenstern und den schimmernden Böden mehr als Luxus. Solange er
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