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Die Macht der Angst (German Edition)

Die Macht der Angst (German Edition)

Titel: Die Macht der Angst (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shannon McKenna
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an.«
    Er hatte recht. Zumindest war sein Argument unwiderlegbar. Edie hatte ihm nichts entgegenzusetzen – außer Furcht. Und Pflichtgefühl.
    Sie versuchte, es so zu verpacken, dass er sie verstand. »Wenn ich einfach verschwinde, werden sie annehmen, dass du mich entführt hast«, sagte sie. »So wird es sich für sie darstellen. Sie sehen in mir nichts weiter als eine verwöhnte, mental instabile reiche Erbin, die sich weigert, ihre Medikamente zu nehmen. Sie haben mich schon mehr als ein Mal in die Psychiatrie eingeliefert, darum wird man ihnen Glauben schenken. Sie werden mit ärztlichen Unterlagen wedeln, denen zufolge ich unfähig bin, für mich selbst Verantwortung zu übernehmen. Man wird dir unterstellen, mich zu benutzen, um meinen Vater zu bestrafen. Sie werden dich mit allen ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln jagen. Und das sind eine Menge. Glaube mir.«
    »Sollen sie nur kommen.« Die Aussicht schien Kev nicht zu beunruhigen. »Ich würde die Gelegenheit, ihnen zu sagen, was ich von ihnen halte, durchaus begrüßen.«
    »Hm.« Edie räusperte sich. »Du bist sehr mutig, aber ich fürchte, du realisierst nicht ganz –«
    »Ich realisiere es absolut. Allerdings bin nicht ich derjenige, der der Realität ins Auge blicken sollte, sondern deine verdammte Familie.«
    Das Gespräch glitt in eine Richtung ab, die sie zu Tode erschreckte. »Du wirst großen Ärger bekommen«, prophezeite sie mit zitternder Stimme. »Du könntest verletzt werden.«
    Er zuckte im Dunkeln mit den Schultern. »Ich habe schon früher Ärger bekommen. Ich bin schon früher verletzt worden. Das geht vorbei.«
    »Du begreifst nicht.« Sie boxte ihn gegen die Brust. »Es würde mir wehtun. Indem sie dir wehtun, tun sie mir weh, und ich habe schon genug Schmerz erlitten!«
    Kev schwieg für einen Moment, während er sie fester in die Arme schloss. »Bitte entschuldige. Ich war mir nicht bewusst, dass du … dir so viel aus mir machst.«
    »Dann schreib es dir hinter die Ohren«, schimpfte sie und barg das Gesicht an seiner Brust, nachdem sein weißes Hemd sowieso nicht mehr zu retten war.
    Er streichelte ihr Haar, zeichnete mit den Fingern zärtliche Muster auf ihren Rücken. »Ruf im Krankenhaus an«, wiederholte er. »Danach wirst du dich besser fühlen.«
    »Mein Vater hat mir mein Handy weggenommen, als er mich dabei erwischte, wie ich dir eine SMS schrieb.«
    Kev ließ ein vielsagendes Schnauben hören und kramte in seiner Manteltasche. »Deshalb hast du mir also von einem anderen Handy eine Nachricht geschickt.«
    »Ja. Von Desmonds. Davon muss ich dir nachher auch noch erzählen.« Sie wählte die Nummer der Telefonauskunft und ließ sich zur Intensivstation der Klinik weiterverbinden. Angespannte fünfzehn Minuten vergingen, in denen Edie immer wieder gebeten wurde zu warten, beziehungsweise in denen sie einer langen Abfolge von Ärzten und Schwestern zu erklären versuchte, warum man Charles Parrish auf eine mögliche Vergiftung hin untersuchen müsse. Die Dialoge hinterließen bei ihr das unerträgliche Gefühl, nicht ernst genommen, sondern als hysterisches Familienmitglied abgestempelt zu werden, das das medizinische Fachpersonal für unfähig hielt, seine Arbeit richtig zu machen. Aber sie hatte ihr Bestes gegeben.
    Edie gab Kev sein Handy zurück, dann kuschelte sie sich wieder an sein Hemd. Es fühlte sich warm und ungewohnt an. Flirrend vor Hitze.
    »Tja«, meinte sie. »Das war vermutlich ein Schuss in den Ofen.«
    »Du strengst dich so sehr an, das Richtige zu tun. Und sie behandeln dich so mies.«
    »Trotzdem ist er mein Vater«, sagte sie. »Irgendwie. Er und Ronnie sind die Einzigen, die mir nach dem Tod meiner Mutter geblieben sind. Und ich kann nachvollziehen, wie diese ganze Sache von seiner Warte aussehen muss. Er glaubt wirklich, im Recht zu sein.«
    Kev antwortete nicht, aber sie spürte, wie seine Gedanken gegen ihr Bewusstsein anbrandeten. »Was ist?«, fragte sie leicht gereizt. »Sag schon.«
    »Es wird dir peinlich sein.«
    »Tatsächlich? Und wieso?«
    »Weil du mit Komplimenten nicht gut umgehen kannst. Mir ging gerade durch den Sinn, wie tapfer und selbstlos und verständnisvoll du bist.«
    »Ach, sei still. Mach dich nicht lustig über mich«, schnaubte sie verächtlich.
    »Das tue ich nicht«, versicherte er ihr. »Ich dachte nur, wie erregend das ist.«
    Edie krallte die Finger so fest in den fleckenübersäten Stoff seines Hemds, dass sie schmerzten. Sie wollte nichts sehnlicher, als sich für

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