Die Macht der Angst (German Edition)
Kopf.
»Allerdings kann ich nachvollziehen, wieso er die Entführung für eine Inszenierung hält«, fuhr Kev fort. »Ich steige da nämlich selbst nicht durch.«
»Tja, und ich bin einfach nur dankbar«, brauste sie auf. »Also hör auf, darüber zu faseln, wie viel Kopfzerbrechen es dir bereitet, dass sie dir nicht einfach den Schädel weggepustet haben, weil ich es nämlich nicht mehr hören kann! Freu dich einfach, okay?«
»Okay.« Sein Lächeln wirkte zögerlich und skeptisch. »Natürlich freue ich mich. Ich glaube nicht, dass ich es je zuvor so sehr geschätzt habe, am Leben zu sein.« Kev drehte ihre Hand um und küsste die Innenseite. »Ich möchte, dass es ewig währt.«
Sie schnüffelte die Tränen zurück und schaute hinaus auf den Fluss, während sie das Ganze zu verdauen versuchte. Ihr Vater glaubte, dass sie ihn hatte ermorden wollen.
»Witzig«, murmelte er. »Dass ich die Entführung inszeniert haben soll.
»Witzig?« Edie schnaubte abfällig. »Ja. Selten so gelacht.«
»Nein, ich meinte, dass ich dich in meine hinterhältige Falle gelockt haben soll. Ich kam ganz gut klar, auch ohne einen Riesenaufwand zu betreiben, indem ich einen Entführungsversuch vortäusche.« Kev klang verdrossen. »Denkt dein Vater wirklich, dass ich anders kein Date bekomme?«
Sein beleidigter Tonfall entlockte ihr ein Lachen, doch dann flossen die Tränen. Sie nahm sich eine Serviette. »Er wird mich Ronnie nie wiedersehen lassen.«
»Das tut mir so leid, Baby«, sagte er. »Ich weiß nicht, wie ich das in Ordnung bringen soll.«
Edie schüttelte den Kopf, dankbar darüber, dass er sie nicht mit falschen Ermutigungen zu trösten versuchte. Manche Dinge ließen sich nicht in Ordnung bringen. Sie mussten einfach akzeptiert und erduldet werden. Es tat ihr weh, dass Kev hatte leiden müssen, gleichzeitig war es gut, mit jemandem zusammen zu sein, der verstand, was es hieß zu leiden. So vieles musste nicht erst gesagt werden.
Sie legte den Kopf zurück und hob ihre Brille an, um sich die Tränen aus den Augen zu tupfen. »Wir brauchen einen Aktionsplan.«
»Wir haben mehrere Optionen. Ich bin noch immer dafür unterzutauchen. Es wäre kompliziert, aber es könnte gelingen –«
»Zu den Rentieren oder den Emus? Oder den Ziegen auf Kreta?« Sie lächelte ihn zittrig an. »Ich kann die Hoffnung, Ronnie irgendwann wiederzusehen, nicht aufgeben. Ich bringe das einfach nicht fertig. Es kommt mir schon jetzt so vor, als würde ich sie verraten. Und wenn wir davonliefen, würde ich mich schuldig fühlen. Auch wenn wir nichts Falsches getan haben.«
Kev betrachtete sie einen Moment. »In Ordnung. Damit bleibt noch Plan B.«
»Der da wäre?«
Er starrte in seinen Kaffee; offenbar widerstrebte es ihm weiterzusprechen.
»Sag es mir einfach, okay?«, flehte sie ihn an. »Zermürbe mich nicht mit diesem bedeutungsschwangeren Schweigen. Ich ertrage das nicht. Ich bin mit den Nerven am Ende.«
Kev nickte. »Gestern Abend ist deinem Vater eine seltsame Sache passiert«, sagte er. »Das Gleiche gilt für dich und für mich. Lass uns also genauer untersuchen, was uns drei verbindet.«
Es schien eigenartig unausweichlich, dass ihr der Name entfleuchte, so als hätte er nur darauf gewartet, freigelassen zu werden. »Osterman.«
»Ja«, bestätigte er.
»Aber … er ist tot«, argumentierte Edie hilflos. »Schon seit drei Jahren. Er verbrannte zu Asche, als ein Feuer in seinem Labor ausbrach. Es ist eine Sackgasse.«
Kev schüttelte den Kopf. »Osterman hat über Jahrzehnte Menschen gefoltert und ermordet. Ich glaube die Geschichte mit dem Feuer im Labor nicht. An der Sache ist mehr dran.«
»Also wirst du Des’ Angebot annehmen und die Akten durchsehen?«
Ein Ausdruck des Unwillens flackerte über Kevs Gesicht. »Ich bin nicht gerade erpicht darauf, mit ihm zu tun zu haben, aber es wäre ein Anfang. Allerdings besteht die Gefahr, dass er mit deinem Vater unter einer Decke steckt.« Er zog eine Grimasse. »Ich schätze, ich werde ihn anrufen.«
»Ja, tu das«, ermunterte sie ihn. »Jetzt gleich. Lass uns in die Puschen kommen.«
Kev schüttelte bedächtig den Kopf. »Ich werde in die Puschen kommen, Edie. Nicht du. Du wirst unter Bewachung an einem sicheren, geheimen Ort auf mich warten.«
Sie starrte ihn an. »Was meinst du damit?«
»Exakt das, was ich sagte. Nicht mehr und nicht weniger.« Sein Blick war hart wie Granit.
Sie streckte die Wirbelsäule. »Nein«, widersprach sie. »Wir machen das
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