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Die Macht der Angst (German Edition)

Die Macht der Angst (German Edition)

Titel: Die Macht der Angst (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shannon McKenna
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zwei Hälften gespalten hatte. Seine Enthüllungen brachten ihre eigenen lange verschütteten Wahrheiten an die Oberfläche. Dinge, die sie so sehr verinnerlicht hatte, dass sie kaum je darüber nachdachte. Sie waren das Fundament ihrer Seele, die allem zugrunde liegende Landschaft ihres Bewusstseins.
    Im Alter von elf Jahren den verletzten, mit Brandmalen übersäten, verzweifelten Mann zu sehen, hatte etwas in Edies Herz zerbrochen. Etwas, das niemals gekittet werden konnte, solange sie seine Wunden nicht heilte und ihm die Hilfe gab, um die er gefleht hatte. Doch das lag nicht in ihrer Macht. Es gab nichts, das sie für ihn tun konnte. Wie sehr sie sich auch danach verzehrte, es wäre anders.
    Es war lächerlich. Es war pathetisch. Und es war die Wahrheit.
    Edie senkte den Blick und sah sich nervös in dem beengten Zimmer um. Sie hatte Angst davor, dumm zu wirken. Von ihm verurteilt zu werden. Sie wünschte, sie wäre kühner, gelassener, gleichgültiger. Aber das war sie nun mal nicht.
    Sie ertrug es nicht, ihn anzuschauen, gleichzeitig konnte sie auch nicht wegsehen. Die Sonnenstrahlen tanzten über die Wände, als die Brise, die durch das verzogene Fenster wehte, an den Rollos rüttelte. Die Farbkristalle, die sie aufgehängt hatte, malten im ganzen Zimmer regenbogenfarbene Flecken an die Wand. Der Raum wirkte unglaublich klein. Und Kev stand noch immer einfach da. Er zuckte mit keiner Wimper, wirkte weder nervös noch verlegen. Er war eine stille, kraftstrotzende Präsenz, die geduldig auf etwas wartete. Auf was, das wusste nur der liebe Gott. Dafür war Edie umso aufgedrehter. Sie hoffte inständig, dass sie das hier nicht verbockte, ohne auch nur sagen zu können, was »das hier« war. Welchen weiteren Verlauf diese wundersame Wende des Schicksals nehmen sollte, wenn es nach ihr ginge. Doch in einem Punkt war sie sich sicher: Sie wollte ihn auf keinen Fall vergraulen, wie sie jeden anderen Mann vergrault hatte, der ihr je nahegekommen war. Aber das lag wie immer nicht in ihrer Hand.
    Es war ihrer Kontrolle entrissen, und das machte es so beängstigend.
    Nun, du könntest den Mann auffordern, sich zu setzen,
schlug eine trockene Stimme in ihrem Kopf vor, die verdächtig nach ihrer Mutter klang.
    »Setz dich doch«, bot sie ihm an. »Möchtest du eine Tasse Tee?«
    »Gern.«
    »Ach ja.« Edie kramte in ihrem Küchenschrank und brachte eine bunte Pappschachtel zum Vorschein. Kekse in Tierform. Sie stellte sie auf den Tisch. »Ich weiß, sie sind lächerlich. Meine Mutter würde sich im Grab umdrehen, wenn sie wüsste, dass ich sie einem Gast vorsetze, aber mehr habe ich im Moment nicht. Ich kaufe sie für Jamal. Er übernachtet oft hier. Er benutzt meinen Computer, und manchmal schläft er auf der Couch, wenn seine Mutter mit ihren, ähm, Bekannten zugange ist. Ich lasse mein Fenster, das an der Feuertreppe, immer für ihn offen, damit er einen geschützten Ort hat, wo er seine Hausaufgaben erledigen kann, wenn ich nicht da bin.« Sie schloss besagtes Fenster und verriegelte es. »Aber heute nicht.«
    Kev quittierte das mit einem Lächeln, und Edie wünschte sich augenblicklich, sie hätte den Mund gehalten, anstatt wie die Einfalt in Person über Jamal zu brabbeln. »Lass das«, sagte sie.
    »Lass was?« Seine dunkle, sanfte Stimme war wie ein Streicheln.
    Sie wedelte mit der Hand in seine Richtung. »Sieh mich nicht so an.«
    »Ich kann nicht anders. Es ist süß, wie du dich um den Jungen kümmerst. Vom Sicherheitsstandpunkt aus betrachtet zwar ein Albtraum, aber trotzdem süß.«
    »Hier gibt es nichts, das sich zu stehlen lohnte«, wiegelte sie verlegen ab. »Außerdem war ich weder auf dein Lob aus, noch wollte ich dir beweisen, dass –«
    »Natürlich nicht. Das musst du auch gar nicht. Es ist offensichtlich.«
    »Was ist offensichtlich?«
    Kev zögerte. »Wer du bist«, sagte er schließlich. »Dein Charakter. Aber lass uns nicht länger davon reden. Ich wollte dich nicht in Verlegenheit bringen. Du bist kein Freund von Komplimenten.«
    »Nein, ich schätze nicht«, antwortete sie gereizt. »Würdest du dich bitte setzen? Iss ein paar von diesen Keksen.« Sie riss die Schachtel auf, entfernte das Zellophan und hielt ihm einen hin. »Hier. Setz dich und iss eine Giraffe. Du machst mich nervös.«
    »Einen Moment noch. Ich würde mir gern deine Bilder ansehen. Darf ich?«
    Sie schnaufte unwirsch. »Immer zu.«
    Edie stopfte sich die Giraffe in den Mund und kaute darauf herum, während Kev an ihren

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