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Die Macht der Angst (German Edition)

Die Macht der Angst (German Edition)

Titel: Die Macht der Angst (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shannon McKenna
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Wänden entlangschlenderte. Sie hatte sie mit Ausschnitten und Fotos aus Zeitschriften sowie mit auf Restaurantrechnungen, Servietten, Papierhandtüchern und Papptellern gekritzelten Zeichnungen dekoriert. Es war eine chaotische, im Wind flatternde Collage, die vom Boden bis zur Decke reichte.
    Edie versuchte, sich abzulenken, indem sie den Wasserkessel aufsetzte und Tassen mit Teebeuteln bereitstellte. Die einzige Sorte, die sie hatte, war gewürzter grüner Chai. Da sie keine Alternative anbieten konnte, erübrigte es sich, Kev zu fragen, ob er den mochte.
    Und dann gab es nichts mehr zu tun, als zu warten, bis das Wasser kochte.
    Edie zwang sich, sich zu ihm umzudrehen. Er studierte gerade die weinfleckige Skizze ihres Vaters, die sie in dem Restaurant entworfen hatte. Sie war versucht gewesen, die unglückselige Zeichnung zu vernichten, denn es tat weh, sie anzusehen.
    Doch am Ende hatte sie sie wieder aus dem Papierkorb gefischt und aufgehängt. Edie musste lernen, die Informationen zu nutzen, die ihr auf diese elliptische Weise zugingen. Um Menschen zu retten, Dinge zu verändern. Anstatt einfach nur ein hilfloser Zaungast katastrophaler Verhängnisse zu sein. Indem sie die Skizze wegwarf, würde sie ihre Kapitulation eingestehen. Und dazu war sie noch nicht bereit.
    »Das ist dein Vater«, bemerkte Kev leise, während er das Bild mit der Fingerspitze berührte. »Ich erkenne ihn wieder. Ist dies die Zeichnung, von der du mir erzählt hast? Diese prophetische Skizze, die du in dem Restaurant von ihm angefertigt hast?«
    Seine Kombinationsgabe verblüffte sie. »Ich würde nicht so weit gehen, sie prophetisch zu nennen«, presste sie hervor. »Woher wusstest du, dass es diese ist?«
    »Weil sie mir im Gegensatz zu den anderen Skizzen von ihm ein Frösteln verursacht.«
    Nie zuvor hatte jemand außer ihr eine körperliche Reaktion auf ihre »prophetischen« Zeichnungen gezeigt. Es fühlte sich seltsam an. Und nicht wirklich gut.
    Kev setzte seinen Streifzug durch ihre Wohnung fort, inspizierte ihre Habseligkeiten und zog seine eigenen unkalkulierbaren Schlüsse über sie. Wenn er sich doch nur endlich setzen würde. Edie wollte, dass diese Energie eines angriffsbereiten Leoparden, die er verströmte, endlich abebbte, damit sie wieder atmen konnte.
    »Ich weiß nicht, was ich mit dir machen soll«, entfuhr es ihr.
    Er schüttelte den Kopf. »Du musst gar nichts mit mir machen.«
    Sie haspelte weiter. »Es tut mir leid, dass ich nicht mehr über deine Vergangenheit weiß. Das Einzige, was ich möglicherweise tun könnte, wäre, mit meinem Vater zu sprechen, aber ich muss dich vorwarnen, dass das nicht so einfach ist, wie es klingt. Er ist sauer auf mich und bestimmt nicht bereit, über diesen Zwischenfall mit dir zu reden. Abgesehen davon habe ich keine Ahnung, was er sonst noch potenziell darüber wissen könnte. Jedenfalls könntest du mehr Glück haben, wenn du ihn unabhängig von mir danach fragst. Er hasst … das hier. Diese Sache.« Sie gestikulierte zu der mit Wein bespritzten Skizze. »Die Zeichnungen. Die Dinge, die ich sehe und sage. Es macht ihm Angst, und das kann ich ihm nicht verübeln.« Sie ging zu der Wand und betrachtete die Skizze. »Ich habe gesehen, dass ihm Gefahr droht, aber ich weiß nicht, durch wen oder was, und ich kann ihn nicht warnen. Es würde ihn nur noch zorniger machen. Ich bin nutzlos für ihn, genau wie ich es für meine Mutter war. Und für dich.« Tränen sammelten sich in ihren Augen. »Bei unserer ersten Begegnung.«
    »Du warst nicht nutzlos.«
    Edie schaute ihn zweifelnd an, aber die Glut in seinem Blick erstickte jede sarkastische Antwort, die sie womöglich gegeben hätte.
    »Du geisterst seit achtzehn Jahren durch meine Träume«, sagte er. »Du warst mein Engel. Hast mich geleitet, mich versteckt und beschützt. Du hattest sogar einen Glorienschein. Was trugst du an jenem Tag auf dem Kopf?«
    »Einen weißen Blütenkranz. Mit Flitter und Schleierkraut. Und weißen Bändern.«
    Sein Adamsapfel hüpfte. »Ich erinnere mich an einen Glorienschein. Wie bei einer mittelalterlichen Heiligen.«
    »Hm.« Edie schluckte. »Ich … ich bin keine Heilige.«
    Er räusperte sich. Das Schweigen wurde plötzlich schwer, beinahe erdrückend. »Tja, Gott sei Dank.«
    Der Teekessel begann zu pfeifen. Edie war zutiefst dankbar für die Unterbrechung. Nun hatte sie eine Rechtfertigung, ihr heißes Gesicht abzuwenden. Ihre Hand zitterte beim Einschenken, während sie sich ausmalte, als

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