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Die Macht der Disziplin

Die Macht der Disziplin

Titel: Die Macht der Disziplin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roy Baumeister
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zweite auf einer Therapie zur Motivationssteigerung). Einige der Teilnehmer wurden nach dem Zufallsprinzip verteilt, andere wurden dem Programm zugewiesen, das nach Ansicht der Therapeuten in ihrem speziellen Fall am besten geeignet war. Einige Jahre und Millionen Dollar später stellte sich heraus, dass die drei Behandlungsmethoden ungefähr gleich effektiv waren und dass es einen unwesentlichen Vorteil brachte, die Behandlungsform an den Patienten auszurichten. (Das Projekt erwies nicht einmal, ob eine der Behandlungsmethoden besser war als nichts, da es keine Kontrollgruppe gab, weshalb nicht klar wurde, ob die Alkoholiker mit ihrem Problem genauso gut oder schlecht allein fertig wurden.)
    Unterm Strich sind die Anonymen Alkoholiker also mindestens genauso gut wie die sehr viel teureren professionellen Behandlungsmethoden, wenn nicht besser. Obwohl Wissenschaftler noch immer nicht verstehen, wie die AA-Treffen genau wirken, lassen sich generell ein paar vertraute Dinge beobachten. Wir wissen, dass Selbstdisziplin damit anfängt, sich Maßstäbe und Ziele vorzugeben. Die Anonymen Alkoholiker helfen den Teilnehmern, sich ein klares und realistisches Ziel zu setzen: Trink heute keinen Alkohol. (Ihr Mantra lautet »Ein Tag nach dem anderen«.) Selbstdisziplin hat auch mit Ergebniskontrollezu tun, und auch hier hilft die Gruppe. Die Mitglieder bekommen Chips, wenn sie eine bestimmte Zahl von Tagen in Folge nüchtern bleiben, und wenn sie sich zu Wort melden, dann sagen sie oft als erstes, wie lange sie schon keinen Tropfen Alkohol angerührt haben. Die Mitglieder wählen außerdem einen »Sponsoren«, mit dem sie regelmäßig, oft täglich, in Kontakt stehen – auch das stellt eine starke Form der Kontrolle dar.
    Es gibt auch andere Erklärungen, warum Teilnehmer an den Treffen weniger trinken. Eine etwas ernüchternde Erklärung ist die »Verwahrung«: An den Abenden, an denen Alkoholiker an den Treffen teilnehmen – an denen sie sozusagen »verwahrt« werden –, werden sie allein dadurch vom Trinken abgehalten. Es ist jedoch sehr unwahrscheinlich, dass sich der Effekt der Anonymen Alkoholiker allein auf diese Verwahrung beschränken soll.
    Eine andere, etwas erhebendere Erklärung weist darauf hin, dass die Gruppen soziale Unterstützung bieten. Wie alle anderen Menschen sind auch Alkoholiker und Drogenabhängige zu erstaunlicher Selbstdisziplin in der Lage, wenn sie dafür soziale Anerkennung erhalten. Umgekehrt ist die Wurzel des Problems ja oft genau dieser Wunsch nach Anerkennung. Die meisten Menschen finden den Geschmack von Alkohol oder Nikotin beim ersten Mal widerlich und haben Angst, ihren Körper mit unbekannten Drogen vollzupumpen. Aber Jugendliche sind oft bereit, alles – ihre eigenen Ängste, die Warnungen der Eltern, den körperlichen Schmerz und die Möglichkeit, im Gefängnis zu landen oder sogar zu sterben – zu vergessen, weil sie glauben, gewisse Risiken eingehen zu müssen, um von der Gruppe anerkannt zu werden, und dass sie dabei obendrein noch möglichst cool bleiben müssen. Sie üben Selbstdisziplin aus, um ihre Hemmungen zu überwinden und ihre negativen Gefühle zu unterdrücken. Als der junge Eric Clapton mit seinen Freunden ein Jazz-Festival auf dem Land besuchte, trank er sich vorher in einem Pub warm, bis er auf dem Tisch tanzte. Danach erinnerte er sich an nichts mehr, bis er am nächsten Morgen im Nirgendwo aufwachte.
    »Ich hatte kein Geld, hatte mich vollgeschissen, vollgepisst und vollgekotzt und hatte keine Ahnung, wo ich war«, erinnert er sich. »Aber das Irre war, ich konnte es gar nicht abwarten, es wieder zu tun. In meinen Augen hatte diese Trinkkultur etwas Überirdisches, und wenn ich mich betrank, gehörte ich einem geheimnisvollen Club an.«
    Das ist die negative Seite des Gruppenzwangs. 126 Die positive ist der Wunsch nach Anerkennung und Unterstützung von Menschen mit anderen Vorstellungen, zum Beispiel den Mitglieder der Anonymen Alkoholiker, die Clapton und Karr halfen, trocken zu bleiben. Die Menschen in diesen Treffen sind vermutlich wichtiger als die Zwölf Schritte oder der Glaube an eine höhere Macht. Vielleicht sind sie sogar diese höhere Macht.
    Die Macht der anderen
    In einer neuen und ambitionierten Alkoholismusstudie 127 wurden Männer aus der amerikanischen Stadt Baltimore untersucht, die sich wegen Alkoholmissbrauchs in Behandlung befanden. Viele waren von einem Gericht vor die Wahl gestellt worden, sich in professionelle Behandlung zu begeben oder

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