Die Macht der Drei
unbekannte geheimnisvolle Macht, die den Krieg nicht wollte. Die Macht, deren erste Warnung man unbeachtet gelassen hatte, und die nun ihre Gewalt zeigte.
Die Katastrophe betraf die große amerikanische Schlachtflotte. Die Ehre des Sternenbanners stand dabei auf dem Spiele. Aber trotzdem konnte sich keiner der Staatsmänner der Wirkung des titanischen Humors entziehen, der in diesem Verfahren lag. Eine Macht, die Geschütze verschweißte und Schlachtkreuzer elektromagnetisch zusammenklebte, eine Macht, die eine ganze Flotte willenlos durch den Ozean zog, wäre auch imstande gewesen, die Schlachtschiffe zu versenken. Sie tat es nicht. Sie lähmte die Waffen und zog die feindlichen Flotten in nächster Nähe aneinander vorüber, die amerikanische Flotte nach England und die englische Flotte nach Amerika.
Denn so ging die Reise ganz offenbar. Wenn noch irgendein Zweifel darüber bestand, wurde er durch das Telefon beseitigt, das sich auf dem Tisch des Präsidenten meldete. Die drahtlose Verbindung der Atlantikflotte.
Der Verteidigungsminister eilte an den Apparat und erkannte die Stimme des Admirals Nichelson, der sich bei der Atlantikflotte befand. »Habe ich die Ehre, mit Seiner Exzellenz dem Herrn Präsidenten zu sprechen?«
»Nein! Hier ist der Verteidigungsminister. Der Herr Präsident hat sich für kurze Zeit zur Ruhe begeben. Berichten Sie an mich. Ich habe Ihre Meldung über die Katastrophe vor mir liegen.«
»Sie wissen?«
»Ich weiß, daß Ihre Flotte kampfunfähig mit 60 Seemeilen nach Osten treibt.«
»Es sind inzwischen hundert geworden. Unsere Schiffe rasen, halb aus dem Wasser gehoben, ostwärts. Wir besitzen keine Möglichkeit, etwas dagegen zu unternehmen. Wir müssen abwarten, was das Schicksal mit uns vorhat.«
»Wie sieht es auf der Flotte aus? Sind noch weitere Beschädigungen auf den Schiffen eingetreten? Wie ist der Zustand der Besatzung?«
»Beschädigungen?… Keine weiter. Jedes Geschütz am Verschluß verschweißt… Der Zustand der Mannschaften?… Fragen Sie lieber nicht… Keine Disziplin mehr. Ein Teil der Leute vom religiösen Wahnsinn befallen. Liegen auf den Knien, singen Psalmen, erwarten das Jüngste Gericht. Einige über Bord gesprungen. Geht die Fahrt so weiter, landen wir morgen in England.«
Der Verteidigungsminister legte den Hörer auf den Apparat. Er trat an den großen Globus, steckte einen Kurs ab und rechnete. Dann wandte er sich zu seinen Kollegen.
»Meine Herren! Ich glaube, wir dürfen die englische Flotte morgen etwa um die neunte Stunde an der mexikanischen Küste erwarten.«
*
Dr. Glossin saß in seiner New-Yorker Wohnung und überschlug die Ergebnisse seiner politischen Tätigkeit. Seit acht Tagen war er in Amerika und hatte keine Stunde seiner Zeit verloren. Mit den Führern der Sozialisten und mit denen der Plutokraten hatte er verhandelt. Arbeiter und Milliardäre waren der Herrschaft des Diktators gleichmäßig müde. Leise Schwankungen des sonst so festen und zuverlässigen Bodens deuteten auf kommende gewaltsame Ausbrüche. Noch jetzt wunderte sich Dr. Glossin über die Vertrauensseligkeit, mit der die Parteiführer der Sozialisten und Plutokraten ihm entgegengekommen waren. Wer gab ihnen denn den Beweis, daß er wirklich von Cyrus Stonard abgefallen sei? Was wußten die Tölpel von der unbekannten Macht der Drei? Von allem, was noch zu erwarten war?
Dr. Glossin kannte die Pläne der beiden großen Parteien und hatte ihre Aussichten genau erwogen. Beiden Parteien würde die Revolution zweifellos glücken. Aber in beiden Fällen würde der Erfolg kein vollständiger sein, es würde im weiteren Verlauf unbedingt zum Bürgerkriege kommen.
In den Vereinigten Staaten gab es aber noch eine dritte Partei, deren Mitglieder sich einfach als ›Patrioten‹ bezeichneten. Eine Partei, für die Dr. Glossin bis vor kurzem nur ein Achselzucken übrig hatte. Die Patrioten waren so unzeitgemäß, die Politik nur des Vaterlandes und der alten amerikanischen Ideale halber zu treiben. Freiheit des einzelnen und des ganzen Staatswesens. Abschaffung aller Korruption. Innehaltung von Treu und Glauben bei allen, auch bei politischen Abmachungen. Das Programm der Patriotenpartei bestand aus idealen Forderungen. Darum hatte sie Cyrus Stonard auch gewähren lassen, hatte sie ebenso wie Glossin für ungefährliche Schwärmer gehalten.
Erst vor fünf Tagen war der Doktor mit William Baker, dem Führer der Partei, in Verhandlung getreten, weil er mit Gewißheit annahm, daß
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