Die Macht der ewigen Liebe
später unsere Haltestelle erreichte, wurde mir mulmig im Magen.
Wir stiegen die Treppe hinauf und Gabriel nahm mich wieder bei der Hand. Oben blieb er stehen und erklärte: »Spencer ist ein guter Freund, aber rücke wirklich nur mit den notwendigsten Informationen raus. Wir wollen ihn nicht mit reinziehen, und auch wenn er vielleicht keine Jagd auf Heilerinnen macht, möchte ich trotzdem, dass du dich vorsiehst. Schutzwälle hoch, okay?«
Ich merkte, dass ich meine mentale Mauer gar nicht hochgezogen hatte, was ich in Gabriels Nähe offensichtlich gern vergaß. Ich holte das nach, und wir verließen den U-Bahnhof. Wie Gabriel warf ich verstohlene Blicke um mich und schaute in schattige Ecken, ob dort jemand lauerte. Alle Menschen schienen normalen Alltagsdingen nachzugehen und kümmerten sich gar nicht um uns. Dann blieb mein Blick an der Notrufzelle hängen, die ein Stück vom Eingang des U-Bahnhofs entfernt stand. Es handelte sich um ein blaues Häuschen ähnlich einer Telefonzelle, wie sie in Dr. Who als Zeitmaschine benutzt wurde.
»Hat Lottie wirklich die TARDIS des Doktors als Treffpunkt ausgemacht?«, fragte ich und beobachtete, wie ein Tourist in einem Dr.-Who-T-Shirt vor der Kabine für ein Foto posierte.
Gabriel schenkte mir ein kurzes Lächeln und ließ den Blick dann weiterschweifen. »Ich fand die Wahl auch genial.« Plötzlich straffte er sich. »Da ist Spencer! Er ist allein.«
Als wir näherkamen, sah Spencer auf und lächelte Gabriel an, wobei sich auf beiden Wangen riesige Grübchen bildeten.Spencer, ein hochgewachsener Mann in den Dreißigern, hatte blondes Haar und haselnussbraune Augen. Weder gut aussehend noch unattraktiv, wäre er bis auf diese hammermäßigen Grübchen nicht weiter aufgefallen. Als Spencer ihn umarmte, ließ Gabriel mich nicht los, und ich trat unbehaglich von einem Fuß auf den anderen, bis sie sich wieder voneinander lösten.
»Du bist also der Auslöser für all diese Schwierigkeiten«, meinte Spencer und lächelte mich fragend an. Mit seinem Akzent klang er wie eine Figur aus Stolz und Vorurteil . Ich spürte einen Hauch von Energie, die nicht Gabriel gehörte, behielt meine ausdruckslose Miene aber bei.
»Spencer …«, warnte ihn Gabriel.
Der hielt beide Hände hoch. »Also bitte, dass ich neugierig bin, kannst du mir nicht verdenken. So geheimniskrämerisch haben sich die Blackwell-Jungs noch nie benommen!«
»Tut mir leid, dass ich Probleme bereite«, sagte ich aufrichtig. Es war nie meine Absicht gewesen, einen Keil zwischen die Blackwells und ihre Freunde zu treiben. »Sie haben erwähnt, es gäbe ein Päckchen?«
Er zog eine kleine weiße Schmuckschatulle aus seiner Manteltasche und reichte sie mir. Dazu sah er mich fragend an. »Mit dem Typen, der die hier vorbeigebracht hat, ist nicht zu spaßen. Ich weiß ja nicht, worin ihr da alle verwickelt seid, aber seid bloß vorsichtig!«
»Sind wir«, versprach Gabriel.
Spencer winkte uns. »Geht mal besser weiter. Bin zwar schrecklich neugierig, was dich angeht, Heilerin, aber hier im Freien ist es nicht sicher. Ist doch klar, dass sie dich mit dieser Schatulle rauslocken wollten.«
Als er mich »Heilerin« nannte, riss ich den Kopf hoch, aber Spencer marschierte bereits davon und stieg dann in einwartendes schwarzes Taxi. Als der Wagen an uns vorbeifuhr, entdeckte ich neben ihm auf der Rückbank eine Frau. Mit ihrem roten Haar, den hohen Wangenknochen und den vollen Lippen sah sie sensationell aus. Sie wackelte grüßend mit den Fingern, dann fuhr das Taxi davon. Gabriel fasste mich am Ellbogen und zog mich zurück in den U-Bahnhof.
»War das Miranda?«, fragte ich.
Er nickte. »Hätte ich mir denken können, dass sie mitkommt. Schließlich gehen die überall nur zu zweit hin. Bestimmt war sie als Unterstützung gedacht, falls es Probleme gegeben hätte. Sie waren schon immer sehr darauf bedacht, uns zu beschützen.«
Darüber dachte ich nach, während ich mit den Fingern über die Schachtel fuhr, die ich mir in die Tasche gesteckt hatte. Ich war froh, dass die Blackwells Spencer und Miranda hatten, die auf sie aufpassten. Und hoffte, dass meine Gegenwart ihre Beziehung nicht beeinträchtigte.
Wir nahmen nicht die U-Bahn, die uns direkt zur Chapel Street gebracht hätte. Für den Fall, dass jemand uns von dem Treffpunkt aus gefolgt war, wollte Gabriel lieber einen Umweg machen. Erleichtert darüber, ihn bei mir zu haben, während ich meinen Gedanken nachhing, folgte ich ihm schweigend.
Drei Züge
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