Die Macht Der Könige
»O ja, danke Euch!« Und preßte verstört die Hand auf die Lippen. Wenn sie sich nur beruhigen könnte, dann würde sie nicht so wirr reden, brechender Spalke und bunde Räume! Sie wand sich innerlich.
Die Finger des Magiers legten sich auf ihre, und er zog ihre Hand von den Lippen. Dann studierte er ihren Handteller, wo der Abdruck des Wespennests noch zu sehen war.
Als er aufblickte, war seine Stirn gerunzelt. »Das hier bedeutet mehr für mich, als du jetzt verstehen könntest. Du würdest mir einen großen Gefallen erweisen, wenn du mir erzählst, was geschehen ist, und alles andere, was irgendeine Verbindung zu dem haben könnte, was du in letzter Zeit erlebt hast. Wespen und ich haben - eine besondere Beziehung zueinander.«
Mit der anderen Hand griff er an seinen Gürtel, an dem in einer kostbaren Scheide ein exotisches, kurzes Schwert mit gewellter Klinge hing.
Merricat, die Angst hatte, daß sie wieder Unsinn reden könnte, nickte nur. Wie sollte sie ihm das alles erzählen? Von der Wespe auf der ersten Ebene und der Waffe, die ihre Freundin Shawme gefunden hatte, dieses Silberröhrchen, das winzige, wespenähnliche Metallstückchen spuckte, wenn man hindurchblies. Dika - davon war Merricat überzeugt - hatte gewollt, daß Shawme diese Waffe behielt.
Wie konnte sie Randal überhaupt etwas erzählen, wenn sie kein vernünftiges Wort hervorbrachte und ihr Herz bis zum Hals schlug? Ja, wenn sie bis in tiefster Seele sicher war, daß sie Unrecht getan hatte, indem sie Shawme half und indem sie sich für die Magiergilde beworben und sich hoffnungslos in den namhaften und furchteinflößenden Magier Randal verliebt hatte?
Shawme zitterte am ganzen Leib und hatte Angst, jemand würde es bemerken, so machte sie sich ganz klein in einer Ecke zwischen den anderen Mädchen in Myrtis' Salon.
Und jemand bemerkte es. Ein Musiker, der Schlagzeuger, beobachtete sie.
Das machte es noch schlimmer für sie, genau wie jeder Mann, der durch Myrtis' Vorhang aus Perlenschnüren trat, mit einem Glas und mancher auch mit einer Zigarette in der Hand im Salon herumging und dieses oder jenes Mädchen in Augenschein nahm oder berührte, ehe er mit einer Auserwählten die Hintertreppe zum Zimmer des Mädchens hinaufstieg.
Vielleicht noch schlimmer, weil keiner auch nur einen Blick an Shawme vergeudete. Genausogut hätte sie oben bleiben können. Und schlimmer auch, weil sie sicher war, daß sie davonlaufen würde, falls tatsächlich ein Mann auf sie zukäme. Außer natürlich, wenn dieser Mann Zip wäre.
Nach einer Weile schloß sie die Augen und fühlte sich sicher in ihrer Ecke mit der festen, mit roten Fresken verzierten Wand im Rücken, sicher, weil sie überzeugt war, daß sie diese Nacht überstehen würde, ohne daß jemand sich für sie interessierte. Auch wenn das zu Problemen mit Myrtis führen würde, aber die konnte sie bewältigen, das wußte sie. Bestimmt hatten auch andere Mädchen in ihrer ersten Nacht hier unten keine Eroberungen gemacht. Die meisten, die bereits nach oben gegangen waren, kannten die Männer, die sie mitgenommen hatten, offenbar recht gut - Männer, die sie fest in starke Arme nahmen und die gepanzerte Brust ohne langes Getue auf seidenen Busen quetschten.
Aber da wandte der Blonde den Blick von ihr ab und den Mädchen auf dem Diwan zwischen Shawme und seinen Kameraden zu. Er hielt einem der Mädchen die Hand entgegen, das erfreut quietschte: »O Walegrin, du siehst heute nacht aber unternehmungslustig aus.«
Erleichtert schloß Shawme die Augen. In dieser einsamen Dunkelheit wurde Ärger aus ihrer Erleichterung. Dann folgten Verlegenheit, Niedergeschlagenheit, Scham und Verzweiflung. Sie würde von keinem Mann erwählt werden. Sie hatte kein Glück. Die Mädchen würden sie alle auslachen.
Vielleicht liegt es an der Alraune, dachte sie. Vielleicht ist sie häßlich. Vielleicht wirkt sie zu gut und hält Männer von mir fern. Und so langte sie, mit immer noch geschlossenen Augen, zum Nacken und öffnete die Schnur, an der die Wurzel hing.
Als der Knoten gelöst war, öffnete sie die Augen und zog verstohlen die Alraune zwischen den Brüsten heraus und versteckte sie hinter sich unter den Bankkissen an der Wand.
Kaum hatte sie sich wieder aufgerichtet, fiel ein Schatten auf sie. Sie blickte auf. Unmittelbar vor ihr stand der vierte Mann, der allein hereingekommen war.
Wild dachte sie: Er ist nicht wegen mir da, er wird eines der Mädchen auf dem Diwan ansprechen. Aber die waren alle schon
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